In der Folge lenkte Christoph Weber (Horvath) die Aufmerksamkeit wieder auf das große Bild und auf den immer massiver im Raum stehenden Zug zur Sanierung. Peter Krammer griff den Ball auf und meinte, die Sanierung des Gebäudebestandes sei mit Sicherheit bei all den großen Zielen eine Dimension, in der man relativ schnell am meisten bewirken könne. „Da haben wir in Österreich einen Schwachpunkt. Wir sind bei einer Sanierungsquote von nur einem Prozent pro Jahr.“ Zum Vergleich schaffe es Italien durch diverse Maßnahmen mit Zuschüssen und steuerlicher Begünstigung auf eine Quote von drei Prozent pro Jahr. „Dort müssen wir hin – und das ist die Steilvorlage für das Gewerbe.“
Solcherart direkt angesprochen, nahm KMU-Vertreter Anton Rieder den Ball auf. „Zwei Drittel der Einfamilienhäuser sind in einem sehr schlechten Zustand, im Gegensatz zum gemeinnützigen Wohnbau, wo das besser aussieht.“ Die technischen Möglichkeiten, Sanierungen niederschwelliger und auch günstiger anbieten zu können, wären in Entwicklung und würden kommen, sagte er, aber „das nützt uns nur dann etwas, wenn wir auch den Rechtsrahmen anpassen. Wir haben daher in der Innung im Dezember beschlossen, ein neues Forschungsprojekt mit dem Titel „Bauen außerhalb der Norm“ anzugehen.“ Vorbild dafür sei die Schweiz, wo es die Möglichkeit gebe, in einer eigenen Nutzervereinbarung festzuhalten, wo man sich im Einvernehmen von überkommenen und überzogenen Normen entferne. Auch in Deutschland sei diesbezüglich einiges auf dem Weg mit einer Erklärung von lediglich zehn Prozent der Normen als verbindlich. Für das Gewerbe bleibe da – selbst wenn auch immer mehr industrielle Sanierungstechnologien in Entwicklung seien – mit Sicherheit einiges zu tun. „Ich glaube nicht, dass die Politik irgend etwas zurück nehmen wird – aber wenn dieser Rechtsrahmen gelingt, glaube ich an die Kreativität unserer Unternehmen. Und wir müssen uns auch vom absoluten Individualbau weg zu einer systematisierten Bauweise entwickeln.“
Bei der Sanierung und deren Unterstützung dürfe man, so Rieder weiter, nicht zu punktuell agieren. Eine Befristung auf drei Jahre hätte etwa vor einigen Jahren in Tirol zu Engpässen und Verteuerung bei Material und Arbeit geführt, die die Förderung aufgefressen hätte. „Das nützt uns auch nichts. Das muss schon auf zwanzig Jahre angelegt sein.“
Im Endeffekt, meinte Peter Krammer, müsse man mit Systematisierung, Vorfertigung und Vereinfachung in jeder Richtung vorgehen, weil sonst das Ziel leistbaren Wohnraums und nachhaltigen Bauens „einfach nicht zu erreichen“ sei. Dazu gehöre, so Josef Pein (Porr) auch modellbasiertes Bauen mit KI und weniger Architektenleistung. „Wir brauchen Gebäude, in denen sich die Menschen wohlfühlen und die trotzdem Qualität haben – und das ist kein Widerspruch,“ schloss Peter Krammer.
Am Ende überraschte noch ÖBB-Infra-Vorständin Judith Engel mit einer Beobachtung, die so gar nicht zu üblichen futuristischen Gedanken passt: „Wir sehen mittlerweile zumindest im Infrastrukturbereich bei manchen Dingen einen Gegentrend zu Smart. Einfachere Dinge, zwei Hände, Manpower, einfach, dafür rasch. Wir streben nach längerer Nutzungsdauer und einfacherer Reparierbarkeit – ein gutes Beispiel dafür sind Weichen. Und das heißt automatisch: weniger digitales Zeug und weniger Kabel.“ Wie das mit der angestrebten Frequenzsteigerung vereinbar sei, fragte Josef Pein? Das sei eben genau der Punkt, entgegnete Engel. „Gerade wenn wir die Frequenz so steigern wollen, müssen die Dinge weniger störanfällig und im Störfall schneller reparierbar sein. – Wenn Digitalisierung, dann in Richtung vorausschauender Wartung – also Sensorik, die uns sagt, bevor etwas kaputt wird. Ansonsten aber gilt: weniger Komponenten und das heißt automatisch weniger Störung.“
Infrastruktursanierung werde aber, so waren sich alle einig, eines der großen mitteleuropäischen Thema der kommenden Jahrzehnte werden und man müsse vor allem mit Spannung und auch etwas Bangen auf Deutschland blicken, wie dort die prekäre Situation mit bereits mangelnden Kapazitäten und gleichzeitig viel durch vernachlässigte Investitionen kaputt gewordener Verkehrsinfrastruktur rein logistisch zu bewältigen sei.