Infrastruktur : U2xU5-Ausbau dauert länger und kostet mehr
Trotz umfangreicher Bodenerkundungen im Vorfeld habe es eine Reihe von Unwägbarkeiten gegeben, sagte Gudrun Senk, Geschäftsführerin der Wiener Linien für den Bereich Technik. Vor allem bei der künftigen U2-Station Reinprechtsdorfer Straße habe es enorme Herausforderungen gegeben. Das umliegende Erdreich verhielt sich anders als erwartet, zusätzliche Sicherungsmaßnahmen waren notwendig.
Im Bereich des Rathauses stieß man trotz vorbeugender Maßnahmen beim Tunnelvortrieb auf Wasserschichten und es kam zu Wassereintritten in Schächte und Tunnelröhren. "Das alles ist technisch beherrschbar, kostet aber Zeit", so Senk. Wenn es zu keinen weiteren Behinderungen kommt, soll die erste Baustufe der U2, eine 4,4 Kilometer lange Strecke mit fünf Stationen zwischen Schottentor und Matzleinsdorfer Platz, im Jahr 2030 eröffnet werden.
Die durch die geopolitische Lage bedingte Inflation habe auch vor dem Infrastrukturprojekt keinen Halt gemacht, erklärte Petra Hums, Geschäftsführerin der Wiener Linien für den kaufmännischen Bereich. Zwischen Bund und Stadt Wien waren 2020 rund zwei Milliarden Euro für die erste Baustufe festgelegt - damals mit einer geschätzten Inflation von 2,5 Prozent pro Jahr. "Wir rechnen nun mit einer kumulierten Kostensteigerung von rund 15 Prozent, was Mehrkosten von etwa 300 Millionen Euro entspricht", berichtete Hums.
Wie ein Puzzle: Tunnelvortriebsmaschine aus 26.751 Einzelteilen
Der Ausbau des Wiener U-Bahn-Netzes schreitet voran. Für die anstehende Errichtung der neuen U2-Tunnel zwischen Matzleinsdorfer Platz und Augustinplatz wird eine speziell konzipierte Tunnelvortriebsmaschine in den nächsten Monaten von Süddeutschland nach Wien transportiert. Zusammengebaut hat die Baumaschine eine Länge von 120 Metern und wiegt rund 1.200 Tonnen.
Sind die Stationsschächte und Notausstiege der einzelnen U-Bahn-Stationen einmal hergestellt, ist sie an der Reihe: die Tunnelvortriebsmaschine (TVM). Ab Herbst 2024 wird sie sich auf einer Strecke von rund vier Kilometern durch den Wiener Untergrund arbeiten und so die neuen U2-Tunnel zwischen Matzleinsdorfer Platz und Augustinplatz erschließen.
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Mit der nun erfolgten Werksabnahme der Tunnelvortriebsmaschine durch die Wiener Linien sowie Porr und Strabag konnte ein weiterer Meilenstein beim Öffi-Ausbau U2xU5 erreicht werden.
Speziell für Wien konzipierte U2 Tunnelvortriebsmaschine
Hergestellt wurde die speziell für Wien konzipierte Maschine in Schwanau am deutschen Standort der Firma Herrenknecht. Mitarbeitende der Arge U2 17-21, der Arbeitsgemeinschaft von Porr und Strabag, haben die TVM in den vergangenen Monaten gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen des Herstellers montiert. Mit einer Gesamtlänge von 120 Metern bringt sie nun stattliche 1.200 Tonnen auf die Waage.
In 26.751 Einzelteile zerlegt, wird sie von Süddeutschland nach Wien transportiert, wo sie am Matzleinsdorfer Platz wieder aufgebaut wird. Der größte Teil ist dabei das Schneidrad im Zentrum mit einem Gewicht von 44 Tonnen und einer Abmessungen von 6,9 m x 5,7 m x 1,6 m.
Der Start für den Vollbetrieb der TVM ist für den kommenden Herbst geplant. "Die Tunnelvortriebsmaschine wird zwei Jahre im Einsatz sein. Es gab bereits Vorabmaßnahmen, die sich aus der Lage des Tunnels direkt unterhalb der Stadt ergeben haben: etwa eine Vereisung unter dem Hauptbahnhof, um die Startröhre für die Tunnelvortriebsmaschine herstellen zu können und Kompensationsinjektionen unter Gebäuden, um Setzungen im Zuge des Vortriebs zu minimieren. Wir erwarten nun im Zuge des TVM-Vortriebs keine besonderen Hindernisse", so Karl-Heinz Strauss, CEO der Porr.
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Abtransport des Erdmaterials über zentralen Schacht am Matzleinsdorfer Platz
Ähnlich einer operativen „Knopflochmethode“ finden die Arbeiten mit der TVM unterirdisch statt. Das gesamte Erdmaterial, das die Tunnelbohrmaschine aushebt, wird über den zentralen Schacht am Matzleinsdorfer Platz abtransportiert. Das erspart 20.000 LKW-Fahrten durch die Stadt und 75 Tonnen CO2.
Die Erde wird zum Teil deponiert, zum Teil an Erdbaufirmen übergeben und im Sinne der Kreislaufwirtschaft auf anderen Baustellen wiederverwertet. "Im Bodenaushub steckt ein großes und in Österreich noch zu wenig genutztes Recyclingpotenzial – wir sind daher bestrebt, Erde möglichst wieder einer Nutzung zuzuführen", so Strauss.
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Die TVM wird sich mit einer Antriebsleistung von 1,92 Megawatt durch Wien graben, von der Station Matzleinsdorfer Platz bis zum Augustinplatz im siebten Bezirk, und dabei erstmals alle vier neuen Stationen (U2xS Matzleinsdorfer Platz, U2 Reinprechtsdorfer Straße, U2xU4 Pilgramgasse, U2xU3 Neubaugasse) und deren Stationsschächte miteinander verbinden. Nach getaner Arbeit wird sie zwei U2-Streckenröhren mit einem Ausbruchsdurchmesser von 6,84 Metern hinterlassen.