Gastkommentar : Österreich kann beim Baustoffrecycling gewinnen

Recycling von Baustoffen

Ein bundeseinheitliches Abfallende ist der selbstlaufende Motor der Kreislaufwirtschaft. Was in Österreich seit sieben Jahren für mineralische Recycling-Baustoffe aus Baurestmassen gilt und damit die Alternative von Primärbaustoffen attraktiv für Bauherrn macht, wird auch den Bodenaushub pushen.

- © Martina Draper

Änderung beim Anteil der Baurestmassen

Sind unsere nördlichen Nachbarn besser beim Recycling? Deutschland hat über 10 Jahre an einer Mantelverordnung gearbeitet, bei der auch „Ersatzbaustoffe“ abgehandelt werden – und erntet herbe Kritik durch die Bauwirtschaft, die die neuen Anforderungen kritisiert. Österreich hat schon 2016 eine Recycling-Baustoffverordnung in Kraft gesetzt; auch diese musste binnen zehn Monate novelliert werden, so harsch fiel die Kritik der Länder und der Wirtschaft aus.

Seither funktioniert das Baustoff-Recycling in Österreich gut – aber diese Verordnung regelt nur ein Viertel der am Bau anfallenden Restmassen. Das wird sich nun ändern.

>> Lesen Sie dazu auch: Bauschutt zu 90 Prozent recyclebar

Neue Ressource Aushub

Die Österreichische Kreislaufwirtschaftsstrategie verlangt bis 2030 (nur mehr 6 Jahre!) eine Reduktion der Primärressourcen um 25% - also ein Viertel weniger! Ein Wenig kann das Rezyklieren von Baurestmassen noch forciert werden – insbesondere bei Hochbaurestmassen ist noch Luft nach oben – vielleicht können wir hier in der vorgegebenen Frist noch 5 oder 7 Prozent holen. Durch Sanierung und Instandhaltung lassen sich auch noch zusätzliche Prozente lukrieren – aber etwa 15% können nur durch einen Baustopp, den wir möglichst vermeiden wollen, oder durch Verwendung von bisher verschwendeten Ressourcen holen. Und das wäre Aushub.

Bodenaushub
macht fast ¾ aller am Bau anfallenden Abfälle aus – und wird fast ausschließlich deponiert. Dabei können, nach Aussage erfahrener Bauleitungen, bis zu 80% einer technisch hochwertigen Verwertung zugeführt werden; nicht nur als Bodenausgleich, sondern auch als Recycling-Baustoff. Das Potenzial ist so groß, dass es mengenmäßig die bestehende Recyclingwirtschaft übertreffen könnte: Wenn wir nur die Hälfte des Potentials bis 2030 nutzen, können wir die Forderung der Kreislaufwirtschaftsstrategie erfüllen – die noch offenen 15% der Primärrohstoffeinsparung können mit diesen neuen Recycling-Baustoffen kompensiert werden. Eine große Chance für die Mineralrohstoffindustrie und die Bauindustrie, die damit neue Wirtschaftsbereiche schaffen können und das ohne große Investitionen. Die Geräte und Maschinen stehen in den Kies- und Schotterwerken und auf den Baustellen und Recyclingbetrieben schon heute bereit.

Martin Car ist seit über 30 Jahren Geschäftsführer des Österreichischen Baustoff-Recycling Verbandes (BRV) und nun auch der European Quality Association for Recycling (EQAR).
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Technische Grundlage vorhanden

Die technische Grundlage dafür ist schon vorhanden: Die Richtlinie für Recycling-Baustoffe aus Bodenaushub des Baustoff-Recycling Verbandes auf Basis des Bundesabfallwirtschaftsplanes 2023 ist als Stand der Technik anzusehen und wird kommendes Jahr durch eine ÖNORM noch spezifiziert werden.

Das zuständige Ministerium BMK sagte zu, diese Norm als Basis für eine Abfallendeverordnung für Bodenaushubmaterial zu verwenden. Das ist Voraussetzung für einen Erfolg: Erst wenn Kreislaufwirtschaftsprodukte – die Betonung liegt auf Produkte – aus Bodenaushub am Markt sind, werden die Auftraggeber voll aufspringen und damit ihren eigenen Aushub nicht mehr der Deponierung zuführen, sondern als Rohstoffquelle nutzen. So soll es auch sein.

Österreich liegt besser als Deutschland

Damit haben wir vielleicht erneut unseren Nachbarn etwas voraus: Ein bundeseinheitliches Abfallende ist der selbstlaufende Motor der Kreislaufwirtschaft. Was in Österreich seit sieben Jahren für mineralische Recycling-Baustoffe aus Baurestmassen gilt und damit die Alternative von Primärbaustoffen attraktiv für Bauherrn macht, wird auch den Bodenaushub pushen – wenn die Verordnung dafür rasch kommt. Sonst werden wir die vom gleichen Ministerium vorgegebenen Kreislaufwirtschaftsziele bis 2030 am Bau nicht erreichen.

In Deutschland wird eine bundeseinheitliche Regelung für ein vorzeitiges Abfallende (und damit mit Produktstatus für Recycling-Baustoffe) frühestens 2024 erwartet – Österreich kann hier durchaus nicht nur Vorbild sein, sondern das Rennen auch bei Bodenaushub als Recycling-Baustoff noch gewinnen.