Baufirmen | Bauzulieferer | Baugewerbe : Signa: Stadt Wien erhofft Fertigstellung von Lamarr-Projekt

Leinergebäude Wien Signa Lamarr

Die Baustelle des Lamarr-Hotels in Wien steht sinnbildlich für die Signa-Probleme: vieles steckt am Weg und jetzt ist die Frage, wie es weiter geht. Die Stadt Wien rechnet mit einer Fertigstellung.

- © Stefan Seelig

Hoffnung auf thailändischen Signa-Partner

Die Stadt Wien hofft auf den thailändischen Signa-Partner Central Group für das von der angeschlagenen Signa-Gruppe geplante Kaufhaus Lamarr auf der Mariahilfer Straße. Diese ist erst zur Hälfte fertiggestellt. "Aufgrund des weit fortgeschrittenen Bauzustandes kann - rein aus wirtschaftlichen Interessen des thailändischen Partners bzw. eines Rechtsnachfolgers - von einer hohen Wahrscheinlichkeit der Fertigstellung ausgegangen werden", zitiert die "Kronen Zeitung" (14.1.) Angaben der Stadt Wien.

Der Bezirk Neubau, in dem die Mariahilfer Straße liegt, und auch der Bezirk Döbling, wo in der Muthgasse ebenfalls ein unfertiges Signa-Projekt steht, wollen dem Zeitungsbericht zufolge aber Wirtschaftskammer-Standortanwalt Alexander Biach einschalten. Demnach geht es darum, selbst jemanden zu finden, der sich der Projekte annimmt.

Derzet nur Aufräum- und Absicherungsarbeiten bei Lamarr, erste Gläubigerversammlung

Der Fortgang der Signa-Großbaustelle Lamarr auf dem ehemaligen Leiner-Areal in der Mariahilfer Straße ist nicht geklärt. Signa betonte immer wieder, dass die Bauarbeiten weitergehen, während bei Prestigeprojekten in Deutschland die Arbeiten eingestellt wurden.

In der ORF-Sendung "Wien heute" wurde ein Lokalaugenschein in der "MaHü" gezeigt, der verdeutlichte, dass beim Projekt Lamarr lediglich Aufräum- und Sicherungsarbeiten, aber keine Bauarbeiten im Gange waren.

Eigentlich, so hieß es, sollte derzeit die Fassade errichtet werden. "Wir verfolgen, was sich hier tut oder nicht tut, in der ersten Reihe fußfrei. Seit einiger Zeit tut sich hier nichts mehr", sagt ein Nachbar. "Da wird nur Werkzeug weggeräumt", sagte ein anderer Anwohner, "unfertig, leer, kalt, einsam, hässlich." Ein anderer sprach von "Sicherungsarbeiten", die im Gegensatz zu Bauarbeiten zu beobachten seien.

Lamarr soll nach ursprünglichen Planungen 2025 eröffnet werden
. Bislang steht nur das Stahlbetongerippe. Ein weiterer Anrainer, der auch Architekt ist und vom ORF interviewt wurde, schloss aus, dass dieser Zeitplan auch bei voller Auslastung noch zu halten sei. Das sei "utopisch".

Signa-Partner bei dem Projekt ist die thailändische Central Group. In der Schweiz soll dieser Partner die Signa-Anteile an der dortigen Warenhauskette Globus übernehmen. Ob es in Österreich beim Kaufhaus Lamarr zu einem ähnlichen Schritt kommt, ist offen.

Rund drei Wochen nach der Eröffnung des Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung der Signa Holding findet am 19.12. am Handelsgericht in Wien die erste Gläubigerversammlung statt. Das Unternehmen bietet seinen Gläubigern eine Sanierungsquote von 30 Prozent zahlbar binnen zwei Jahren an - das wären rund 1,5 Mrd. Euro der insgesamt 5 Mrd. Euro, die die Signa Holding an Passiva aufweist. Ob sich die Gläubiger mit dieser Quote zufrieden geben, ist laut Kreditschützern unklar.

Auf der Jagd nach Informationen

Wenn der Vizegouverneur der Österreichischen Nationalbank Gottfried Haber darauf hinweisen muss, dass er nach der Insolvenz der Signa Holding „keine wesentliche Gefährdung der Finanzmarktstabilität insgesamt“ erwartet, ist nicht ausgeschlossen, dass etwas im Busch ist. Zumindest aber weiß man, dass das Thema groß und im wesentlichen noch unberechenbar ist, da sich vieles noch im Bereich der Unabsehbarkeit befindet.

Ganz aus dem Schneider sind die Banken mit ihren Krediten und damit im schlimmsten Fall auch die Allgemeinheit noch nicht – doch dieses Thema ist wie die persönlichen Netzwerke und Vermögensverhältnisse des René Benko eher die Angelegenheit der General Interest-Medien und da gibt es jeden Tag ohnedies unzählige Wasserstandsmeldungen, ohne dass man weiß, was da noch nachkommt.

„Das ist ein bisschen das Problem, dass man wenig sagen kann“, sagt Karl-Heinz Götze, als KSV1870 Insolvenzleiter quasi der Obervertreter der Gläubiger in diesem Land, im SOLID-Gespräch. „Deswegen schreien wir ja, dass wir mehr Informationen brauchen. Es ist ja nicht nur, dass der Insolvenzverwalter (Christof Stapf, Anm.) sich ein Bild machen muss, sondern auch wir als Gläubigervertreter müssen uns ja unser Bild machen, damit wir den Gläubigern dann in ca. zweieinhalb Monaten (da endet die gesetzliche Frist für Insolvenzfälle mit Eigenverwaltung, Anm.) sagen können: dem könnten sie zustimmen oder nicht zustimmen.“

Die erste Gläubigerversammlung und Berichtstagsatzung wurde für 19. Dezember 2023 angesetzt, die Prüfungstagsatzung für den 29. Jänner 2024 und die Sanierungsplantagsatzung ist für den 12. Februar 2024 anberaumt.

www.annarauchenberger.com / Anna Rauchenberger - Wien, Austria - 25.05.2020 - Portrait Karl-Heinz Götze, KSV1870
KSV1870-Insolvenzleiter Karl-Heinz Götze: "Müssen die Gläubiger mit Informationen versorgen." - © www.annarauchenberger.com / Anna Rauchenberger
Sehen Sie hier die SOLID BAU TV-Sendung mit einem Interview mit EHL Investment-Geschäftsführer Franz Pöltl zur Lage der Branche.

Holding, Development, Prime – was trifft den Bau?

Bis dato ist zwar „nur“ die Signa Holding in Insolvenz, allerdings ist alles andere als ausgeschlossen, dass die für die Baubranche relevanten Konzernteile Signa Development und Signa Prime ebenfalls in Insolvenz gehen oder zumindest davon betroffen sind – die Prime eher als Cash-Cow für Verkäufe (zu weit niedrigeren als den in Bilanzen stehenden Preisen), die Development über geplante oder im Bau befindliche Projekte – und damit die Baufirmen und das Gewerbe.

Hier bekommt man zwar theoretisch am ehesten Informationen, da man zumindest weiß, wen man fragen kann, aber deren Knappheit und Dürftigkeit spricht für sich.

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Reaktionen von Strabag, Porr, Habau & Co.

Am meisten sagt noch Karl-Heinz Strauss, dessen Porr Group ja vom Baustopp an der Alten Akademie in München betroffen ist. Signa hatte über das Projekt schon vor der Insolvenz einen Baustopp verhängt. „Hier werden nur mehr Sicherungsarbeiten durchgeführt“, heißt es von der Porr und: „Die Porr ist nicht bzw. nicht mehr an weiteren Baustellen der Signa tätig, da alle Arbeiten schon seit längerem abgeschlossen wurden.“ Und Porr-Chef Strauss persönlich in einem Interview mit der TTZ (zwei Tage nach der Holding-Insolvenz): „Für uns war das in Ordnung, weil bis dahin alles bezahlt worden ist. Wir sind auch mit Garantien abgedeckt. Entweder wird die Signa das weiterbauen, wenn es eine vernünftige Lösung gibt. Oder es wird einen neuen Investor geben, der wohl auch nicht mittendrin die Pferde wechseln wird.“

Dann wird es nur noch dürr.

Die Habau (ausführende Firma beim Signa-Prestige-Projekt Lamarr, dem ehemaligen Leiner-Flagship auf der Wiener Mariahilfer Straße) beantwortete unsere Anfrage mit: „Seitens Habau Group sind die Bauarbeiten zu 99 Prozent abgeschlossen. Weitere Schritte werden aktuell evaluiert.“

Porr-CEO Karl-Heinz Strauss
Porr-Chef Strauss: "Sind mit Garantien abgedeckt." - © Thomas Topf
Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht äußern.
VÖPE (Vereinigung Österreichischer Projektentwickler)

Österreichs größter Baukonzern Strabag wird zwar über ihren Gründer und Kernaktionär Hans-Peter Haselsteiner mit der Signa in Verbindung gebracht, ist aber „lediglich bei einigen wenigen Bauprojekten in Form eines Auftragnehmers mit Signa verbunden.“ Haselsteiner, dessen Sohn und aktueller Strabag-CEO Klemens bei der Vorstellung des RCC2-Betons am 14.11. auf eine Frage zu Signa mit „kein Kommentar“ antwortete, ist bekanntermaßen mit 15 Prozent bei der Signa investiert und hat vor wenigen Tagen seinen Westbahn-Partner und Freund Erhard Grossnigg in die Sanierung der Signa involviert.

Von der ARE (Signa-Partner beim Projekt Vienna 22) war bislang keine Stellungnahme zu erhalten (UPDATE siehe ganz unten im Artikel), und die Vereinigung der Österreichischen Projektentwickler bittet „um Verständnis, dass sich die VÖPE zum gegenwärtigen Zeitpunkt dazu nicht äußert.“

So soll das Kooperationsprojekt von Signa und ARE Vienna Twentytwo am Ende aussehen.

Folgeinsolvenzen eher bei Zulieferern und Gewerbe?

„Die können auch wahrscheinlich noch nicht viel sagen“, erklärt Karl-Heinz Götze dazu, sieht die Signa-Troubles aber als weiteren Puzzlestein bei den allgemeinen Problemen der Immobilien- und Baubranche. „Die Baubranche ist ja im Moment schwer unter Druck. Wir haben die Entwickler, die damit kämpfen müssen, die zu teuer eingekauft haben, wo jetzt die Errichtungskosten viel höher sind als geplant, die Finanzierung wird teurer und die Nachfrage hat abgenommen oder ist zum Teil zum Erliegen gekommen. Wir haben bei den Baubewilligungen gerade ungefähr die Hälfte von 2019. Je nachdem, wie sich die finanzierenden Institute verhalten, wird es, glaube ich, schon Folgeinsolvenzen geben in der Branche. Dabei wird es wohl eher um die Zulieferer und die handwerklichen Betriebe gehen.“ Dort ergäbe sich dann noch die zusätzliche Problematik, wie man die Arbeitskräfte halten werde können.

Nachwehen an Orten, wo es niemand erwartet hat

In eine ähnliche Kerbe schlägt im Gespräch mit uns auch Wolfgang Amann, Leiter und Inhaber des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen. „Der Imageverlust ist natürlich für die ganze Branche sehr schädlich – und der geht es durch die Zinsentwicklung und die KIM-Verordnung ohnedies nicht gut. Und es ist ja nicht ausgeschlossen, dass es noch ein oder zwei andere Immobilienentwickler erwischt.“

Er mache sich große Sorgen, sagt Amann, dass dann der Stacheldraht um die Geldbörsen noch enger gezogen wird, und ergänzt: „In Situationen wie jetzt können Dinge an Orten aufpoppen, wo es niemand erwartet hat.“

Austria, Luke Greaves, Portriat, Vienna, business portrait
Wolfgang Amann, Leiter des IIBW: "Für die Bauwirtschaft insgesamt problematisch."

Update ARE 7. 12.: "Es wird nach Plan gebaut"

Die ARE hat mittlerweile auf unsere Anfrage wie folgt geantwortet:

"Das Insolvenzverfahren der Signa Holding hat aktuell keine Auswirkungen auf das Bauprojekt Vienna Twentytwo, das nach wie vor auf Schiene ist und plangemäß läuft. Es wird nach Plan gebaut. Wir sind gerade im 19. von insgesamt 45 Obergeschoßen", hieß es von Seiten der ARE-Kommunikationsabteilung