Wohnbauförderungs- und Baubewilligungsstatistik 2022 : "Impulse für Stabilisierung des Wohnbaus dringend nötig"

Dunkle Wolken über Baustelle

Über dem Wohnbau ziehen schon länger dunkle Wolken auf. Die Zahlen für das Jahr 2022 zeigen einen beunruhigenden Trend.

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Wohnbauförderung auf niedrigstem Stand seit 30 Jahren

Robert Schmid, Obmann des Fachverbands der Stein- und keramischen Industrie und Chef der Wopfinger-Gruppe (BauMit etc.), ist alarmiert: „Wackelt die Bauwirtschaft, bebt der gesamte Standort. Die Ergebnisse unserer diesjährigen Wohnbauförderungsstatistik sind in mehrfacher Hinsicht besorgniserregend und alarmierend“, sagte er bei der Präsentation der Wohnbauförderungsstatistik 2022, die alljährlich mit dem
Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen
(IIBW) erstellt wird.

Lagen die Spitzenwerte der bewilligten Wohneinheiten vor wenigen Jahren (2019) noch bei über 85.000, so waren es 2022 nur noch 63.000.

Die Förderausgaben lagen 2022 mit EUR 1,9 Mrd. auf dem niedrigsten Stand seit 30 Jahren.

Insgesamt wurden im gesamten Jahr österreichweit 18.500 Wohneinheiten gefördert. Die Förderungsquote - das Verhältnis von Baubewilligungen zu geförderten Bauten - liegt bei Eigenheimen bei 20%.

Robert Schmid
Robert Schmid fordert Erleichterungen für den Wohnbau - © www.thomastopf.com

Neubau praktisch zum Erliegen gekommen, Folgeschäden drohen

„Die Bau- und Immobilienwirtschaft befindet sich in einer Abwärtsspirale, wie wir sie schon lange nicht mehr erlebt haben. Die verschärften Kreditvergaberichtlinien, das gestiegene Zinsniveau und die hohe Inflation haben dafür gesorgt, dass der Neubau praktisch zum Erliegen gekommen ist. Gleichzeitig steigt durch die wachsende Bevölkerung die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum“, betont Schmid.

„Wenn die Politik hier nicht aktiv gegensteuert, drohen Kollateralschäden auf mehreren Ebenen, sowohl wirtschafts- als auch gesellschaftspolitisch“, so Schmid. Eine Abschaffung des Schuldendienstes oder die Rückerstattung der Mehrwertsteuer auf Neubau oder Sanierung wären Möglichkeiten, die Bauproduktion und damit Arbeitsplätze und das Angebot an leistbarem Wohnraum zu stabilisieren.

Die Studienergebnisse im Detail

  • Baubewilligungen brechen weiter ein: Die Zahl der Baubewilligungen ist auf 63.000 gesunken, eine Bodenbildung ist nicht in Sicht. Für 2023 werden nur noch 51.000 Baubewilligungen prognostiziert. Das sind 40% weniger als im Zehnjahresdurchschnitt. Die ungünstigen Rahmenbedingungen lassen befürchten, dass viele baubewilligte Projekte nicht realisiert werden.
  • Wohnbauquote im Bevölkerungsdurchschnitt und Bundesländervergleich: Die Wohnbauquote (Wohnbaubewilligungen pro 1.000 Einwohner) wird 2022 bei 5,2 liegen, im Vorjahr lag sie noch bei 6,3. 2023 wird sie laut IIBW nur mehr 3,9 betragen. Von den österreichischen Bundesländern verzeichnete im vergangenen Jahr nur Wien ein überdurchschnittliches Neubauvolumen (6,8). In Salzburg (4,0) und Oberösterreich (4,4) waren sie unterdurchschnittlich.
  • Einbruch der Förderungszusicherungen verfestigt sich: Der Einbruch der Förderungszusicherungen im Jahr 2021 hat sich im Jahr 2022 verfestigt. Im vergangenen Jahr wurden 18.500 Wohneinheiten gefördert (davon 14.700 großvolumige und 3.800 Eigenheime). Das sind minus 30% gegenüber dem 10-Jahres-Durchschnitt.
  • Förderungsvolumen stagniert auf niedrigem Niveau: Entsprechend stagniert auch das Förderungsvolumen. Bei den Eigenheimen liegt sie nur noch in Tirol und Oberösterreich über 30%. Im Burgenland, Kärnten und Salzburg liegt er unter 12%, in der Steiermark und in Wien im einstelligen Bereich. Im großvolumigen Bereich weisen Niederösterreich, die Steiermark und Oberösterreich vergleichsweise geringe Rückgänge gegenüber dem langjährigen Durchschnitt auf. Die größten Rückgänge im Jahresvergleich sind in Wien, Kärnten und im Burgenland zu verzeichnen.
  • Entwicklung der Sanierungsförderung: Die Ausgaben für die Sanierungsförderung aus Mitteln der Wohnbauförderung sind im vergangenen Jahr um 4% auf EUR 530 Mio. gestiegen. Besonders hoch waren die Zuwächse gegenüber dem Vorjahr in Salzburg, Tirol und Kärnten. Rückläufig war die Entwicklung in Wien, der Steiermark und Oberösterreich.

Gegensteuern bei Kreditvergaberichtlinien und Mehrwertsteuer

Es brauche jetzt dringend Impulse, um der dramatischen Entwicklung entgegenzuwirken, so Robert Schmid. „Aus unserer Sicht gibt es zwei wesentliche Hebel. Erstens eine praxisnähere Ausgestaltung der Vergaberichtlinien für Wohnbaudarlehen. Die Obergrenze von 40 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens ist sehr realitätsfern und trifft gerade junge Familien. Hier bedarf es einer Anpassung bzw. Aufhebung. Zweitens braucht es unmittelbar wirksame Anreize zur Deckung des Wohnbedarfs. Zum Beispiel eine Rückerstattung der Mehrwertsteuer auf Neubau und Sanierung durch Vorsteuerabzug oder nicht rückzahlbare Zuschüsse.“

Die Broschüre „Wohnbauförderung in Österreich 2022“ ist HIER abrufbar.