Brenner Basistunnel-Report : 1. Durchschlag bei Haupttunnel in Österreich
Inhalt
- September 2024: Erste Verbindung
- März 2024: Wilma und Olga am Weg zum größten Baulos
- Dezember 2023: Baulos H52 Hochstegen abgeschlossen
- Anfang Dezember 2023: Eisige Verhältnisse im Tunnelbau
- Die weiblichen Helferinnen beim Tunnelbau
- Erhöhte Baukosten durch Inflation
- Vielfältige Herausforderungen
- Baulos aufgeteilt und neu vergeben
- Jahrzehntelange Tunnelbau-Erfahrung
- Sicherheit unter Tag
September 2024: Erste Verbindung
Mit diesem Durchschlag nähere man sich "der Fertigstellung des Brennerbasistunnels", die derzeit für das Jahr 2032 vorgesehen ist, und mache in naher Zukunft endlich einen wichtigen Schritt in Richtung "Entlastung der Bevölkerung", betonte der Vorstand der Brennerbasistunnelgesellschaft BBT SE bei den Feierlichkeiten im rund 130 Meter langen Haupttunnel Ost im Viller Berg. "Der Brennerbasistunnel ist nicht zuletzt eine wirksame Maßnahme für mehr Klimaschutz", fasste Gradnitzer die künftigen Vorteile des Brennerbasistunnels zusammen.
Die Arbeiten in der Innsbrucker Sillschlucht (H21), die im Herbst 2024 endgültig abgeschlossen sein sollen, haben im August 2020 begonnen und sind mit 59,5 Millionen Euro veranschlagt. Der Baubeginn für die Haupttunnelröhre H41 ist für März 2023 geplant, diese Arbeiten sollen bis Sommer 2028 dauern und rund 651 Millionen Euro kosten. Derzeit sind von den insgesamt 22,5 Kilometern erst 2,4 Kilometer fertiggestellt. Dies führte schließlich zum jetzt erfolgten Durchstich.
März 2024: Wilma und Olga am Weg zum größten Baulos
Die erste der beiden Tunnelbohrmaschinen bestand nun die Werksabnahme in Schwanau. Lesen Sie hier alles dazu und verschaffen Sie sich einen Gesamtblick auf dieses riesige Infrastrukturunterfangen. Meist hunderte Meter unter der Erdoberfläche ganz ohne Sonnenlicht arbeiten am Brenner täglich bis zu 1000 Menschen am längsten Eisenbahntunnel der Welt.
Mit einem Gesamtgewicht von jeweils 2.680 Tonnen und einer Länge von 180 Metern sind die beiden Tunnelbohrmaschinen „Wilma“ und „Olga“ Schwergewichte im Tunnelbau. Kürzlich erfolgte die Werksabnahme der ersten der beiden Maschinen beim Hersteller Herrenknecht in Schwanau durch die BBT SE sowie Porr und Marti (ARGE H53). Ab Mitte März macht sich Wilma auf den Weg zum größten Baulos des Brenner Basistunnels in Österreich.
„Der Brenner Basistunnel ist ein Jahrhundertprojekt und auch technisch extrem anspruchsvoll. H53 Pfons-Brenner ist das größte Baulos in Österreich. Die beiden Tunnelbohrmaschinen müssen hier jeweils eine Strecke von rund 7.500 m durch Hartgestein zurücklegen“, sagt PORR-Generaldirektor Karl-Heinz Strauss. Doppelschild-Tunnelbohrmaschinen gelten als leistungsstark und technisch besonders anspruchsvoll.
Mit einer Antriebsleistung von 4.550 kW werden sich die beiden Maschinen Richtung Innsbruck vorarbeiten: Während Wilma den Westtunnel bohrt, wird Olga den Osttunnel herstellen. Sie werden jeweils eine Tunnelröhre von 10,37 m Breite (Ausbruchdurchmesser) und mehr als 600.000 m3 Ausbruchvolumen herstellen - eine echte Meisterleistung.
Der Transport der ersten Maschine Wilma zum Baulos erfolgt in Einzelteilen von Mitte März bis Anfang Mai, die ersten Schwertransporte starten nach Ostern. Im April erfolgt die Werksabnahme der zweiten Tunnelbohrmaschine. Im Herbst beginnen die Vortriebsarbeiten.
Die Namen der beiden „Tunnelgiganten“ sind übrigens das Ergebnis einer Kooperation zwischen BBT und den RegionalMedien Tirol, die ihre Leserinnen und Leser zu Namensvorschlägen aufgerufen hatten. Rund 400 Personen reichten ihre Vorschläge ein. Neben Wilma und Olga sind auch Flavia, Ida und Lilia in den Baulosen des Brenner Basistunnels unterwegs.
Der so genannte Brenner-Nordzulauf als Zubringer zum Brenner-Basistunnel, der in Tirol und Südtirol bzw. Italien gebaut wird, erstreckt sich über rund 60 Kilometer von Grafing bis Kiefersfelden. Auch verschiedene Kommunalpolitiker hatten sich gegen die Neubaustrecke ausgesprochen. Die Bahn hat ihre Pläne für den Trassenverlauf weitgehend festgelegt. 2025 soll der Bundestag über das Milliardenprojekt entscheiden.
Der Brenner-Nordzulauf in Bayern als Zubringer zum Brenner Basistunnel sorgt seit Jahren für Streit. Die bayerische CSU kritisierte die deutsche Bundesregierung in Berlin wegen aus ihrer Sicht unzureichender Antworten zu dem Thema in einer parlamentarischen Anfrage im Bundestag. Die Anfrage bezog sich vor allem auf mögliche Alternativen zu einer oberirdischen Verknüpfung der alten mit der geplanten Neubaustrecke bei der Gemeinde Oberaudorf und auf einen Tunnel zur Querung des Inns, jeweils auch auf Vorschläge von Bürgerinitiativen.
Die Bundesregierung könne zum Beispiel nicht schlüssig erklären, wie drei Milliarden Euro Mehrkosten für die Untertunnelung berechnet worden seien, kritisierte Ludwig laut dpa. Eine Ablehnung der unterirdischen Variante aus wirtschaftlichen Gründen wolle sie aber nicht akzeptieren. Diese Lösung würde nach Einschätzung der DB-Tochter InfraGO AG die Bauzeit um etwa zwei bis drei Jahre verlängern. "Die Innunterquerung nördlich von Rosenheim wäre daher mit hohen Kosten und Risiken verbunden", heißt es in der Antwort.
Einen Verzicht auf die Anschlussstelle bei Oberaudorf hält die deutsche Bundesregierung in ihrer Antwort ebenso wie eine mögliche Erdverkabelung für nicht realisierbar.
Dezember 2023: Baulos H52 Hochstegen abgeschlossen
Wie das bereits fertiggestellte Baulos „Eisackunterquerung“ in Südtirol war auch das Baulos „Hochstegen“ ein sehr komplexes und anspruchsvolles Baulos. Der Grund dafür liegt darin, dass sich dieser Abschnitt in wasserführenden Karbonatgesteinsschichten der sogenannten Hochstegenzone befindet.
Deshalb mussten während der 23-monatigen Bauzeit neben den Tunnelvortriebsarbeiten in der Hochstegenzone auch umfangreiche Injektions- und Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden, um einen sicheren Vortrieb überhaupt zu ermöglichen.
„Das Baulos war mit insgesamt fünf Kilometern Tunnelvortrieb eigentlich sehr überschaubar. Ein Dank gilt hier der zuständigen Baufirma und vor allen den Mineuren, die unter diesen schwierigen Tunnelbaubedingungen großartige Arbeit geleistet haben. Das stimmt uns zuversichtlich für das nun folgende Baulos H53 Pfons-Brenner“, erklärt der zuständige Projektleiter Michael Knapp. Sehr anspruchsvoll sei jedoch die Durchörterung der wasserführenden Karbonatgesteinsschichten gewesen. Dazu mussten rund 900 Meter Erkundungsstollen in Richtung Brenner aufgefahren werden.
Auch die Projektgesellschaft BBT SE als Bauherrin und deren Vorstände Martin Gradnitzer und Gilberto Cardola freuen sich über die Fertigstellung eines weiteren Tunnelabschnitts nach der Unterquerung des Eisacks in diesem Jahr: "In diesem Bereich ist der Erkundungsstollen nur noch knapp zwei Kilometer von der Staatsgrenze am Brenner entfernt. Mit dem Durchschlag wird der Tunnel dann erstmals die beiden Staaten Italien und Österreich unterirdisch verbinden."
Anfang Dezember 2023: Eisige Verhältnisse im Tunnelbau
Der BBT SE feierte Anfang Dezember den Abschluss seines "komplexesten Bauloses". Acht Jahre lang wurde auf der Baustelle H71 Eisackunterquerung in Südtirol gearbeitet, insgesamt wurden mehr als sechs Kilometer Tunnelröhren und Innenschalen hergestellt. Das Besondere waren jedoch die technisch aufwendigen Vereisungsarbeiten, um den Eisack in seinem ursprünglichen Flussbett belassen zu können. Dazu wurden auf beiden Seiten des Flusses zwei jeweils 25 Meter tiefe Schächte gebohrt, um den Vortrieb zu ermöglichen. Anschließend wurden die Schächte wieder vollständig mit Ausbruchmaterial verfüllt.
Der Boden unter dem Wasser wurde mit flüssigem Stickstoff auf eine Temperatur von minus 196 Grad künstlich vereist. Durch dieses hochkomplexe Vereisungsverfahren im Tiefbau wird der Boden durch künstliches Gefrieren verfestig und wasserundurchlässig gemacht wird. Dadurch war auch der Bau unter dem Fluss möglich. Ausgehend von einem der vier Schächte auf der Baustelle Eisackunterquerung wurden das Grundwasser und das Schwemmmaterial unter dem Flussbett vereist.
Hierfür wurde zunächst Flüssig-Stickstoff in einen geschlossenen Kreislauf aus „Gefrierrohren“ unterhalb des Flusses injiziert. Der -196°C kalte Stickstoff in den Gefrierrohren entzog dem umgebenden Boden seine Wärme. Dadurch fror das Wasser im Boden unterhalb des Flusses und die Bodentemperatur sank auf -35°C. Um diese für den Vortrieb nötigen Bodentemperaturen zu halten, brauchte es zirkulierende Salzlake in einem Kühlkreislauf. Und somit war auch der Vortrieb in diesem hoch sensiblem Gebiet möglich.
Für die beiden Vorstände der BBT SE, Gilberto Cardola und Martin Gradnitzer, stellt der Abschluss der Arbeiten einen Wendepunkt im Projekt BBT dar: „Mit der Fertigstellung des südlichsten Bauloses des Brenner Basistunnels haben wir ein weiteres wichtiges Ziel erreicht, das uns noch zuversichtlicher in die Zukunft blicken lässt“.
Die weiblichen Helferinnen beim Tunnelbau
Sie heißen Ida und Lilia und sie leisten menschlich Unmögliches. Kein Wunder, denn die beiden Zwillingsschwestern sind keine Damen in luftigen Sommerkleidern, sondern tonnenschwere Tunnelbohrmaschinen, die beim Bau des Brenner Basistunnels (BBT) zum Einsatz kommen. Nachdem Ida in 80.000 Einzelteilen auf die Baustelle unter Tag gebracht und von Monteuren wochenlang zusammengesetzt wurde (Gesamtgewicht 2.420 Tonnen, Länge 160 Meter), feierte sie Ende Juni ihren ersten Arbeitstag beim Baulos „Sillschlucht-Pfons“ mit einer Andrehfeier. Ihr Einsatz dauert vermutlich bis Sommer 2025, auf österreichischem Gebiet des Tunnels muss sie in dieser Zeit 8,4 Kilometer zurücklegen. Lilia ist schon seit Anfang Mai in der östlichen Hauptröhre in Richtung Brenner aktiv.
Lesen Sie hier alles zur Anlieferung der gigantischen Baumaschinen in den Tunnel.
„Genau ein Jahr nach dem offiziellen Baubeginn der Tunnelbauarbeiten auf diesem Baulos nimmt nun auch der maschinelle Vortrieb Fahrt auf. Beim Tunnelbau helfen nur Beharrlichkeit und vor allem Durchhaltevermögen, denn der tiefste Punkt der Tunnel beim BBT beträgt rund 1.800 Meter“, informieren die beiden BBT-Vorstände Martin Gradnitzer und Gilberto Cardola.
Erhöhte Baukosten durch Inflation
Von beiden Eigenschaften braucht es viel, wenn man sich Bauzeiten, Kosten und Verfahren des, nach Fertigstellung, längsten Eisenbahntunnels der Welt ansieht. Denn während sich die Eröffnung nach hinten verschiebt (voraussichtlich 2032), klettern die Kosten in die Höhe. Heuer im Mai wurde erneut eine Kostensteigerung von 9,6 auf rund 10,5 Milliarden Euro Gesamtprojektkosten bekannt gegeben. Diese setzen sich aus den Baukosten (8,54 Mrd. Euro), prognostizierten Kosten für Risiken ( 1,092 Mrd. Euro) und 903 Mio. Euro für die wahrscheinliche zukünftige Inflation der noch anfallenden Kosten zusammen. Die Erhöhung der Kostenschätzung bzw. die „Anpassung“, wie es die BBT SE formulierte, sei im Wesentlichen auf die eingetretene Inflationsentwicklung, z. B. Preissteigerungen im Energiesektor und die Verteuerung von Baustoffen, zurückzuführen.
Italien und Österreich erhalten von der EU eine Kofinanzierung in Höhe von 50 Prozent für die Planungs- und Erkundungsarbeiten und in Höhe von 40 Prozent für die Baumaßnahmen. Pat Cox, EU-Koordinator für den Scan-Med-Korridor, dazu: „Der BBT und seine Zufahrtswege haben bis heute mehr als zwei Milliarden Euro an EU-Fördermitteln erhalten. Das ist mehr als jedes andere Verkehrsprojekt zuvor.“
Das ist insofern nachvollziehbar, als der Brenner Basistunnel wichtig für den europäischen Raum ist. Historisch bedingt sind in Europa verschiedene, nationale Bahnsysteme vorhanden. Bereits seit Jahrzehnten wird versucht, den Schienenverkehr zu harmonisieren und durchgängig zu machen. Der Brenner Basistunnel ist innerhalb des skandinavisch-mediterranen TEN-Korridors (insgesamt 9.400 km) der zentrale Baustein zur Überwindung der Alpen. Der nahezu flach verlaufende Eisenbahntunnel erstreckt sich mit einer Länge von 55 km, von Innsbruck bis zur italienischen Gemeinde Franzensfeste. In Verbindung mit dem bereits bestehenden Inntaltunnel wird er die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt sein.
Aber auch in Tirol erhofft man sich wesentliche Verbesserungen, wie Landeshauptmann Anton Mattle festhält: „Für die Bürgerinnen und Bürger in unseren Tälern ist er die Hoffnung auf eine nachhaltige Verlagerung des Güterschwerverkehrs von der Straße auf die Schiene.“
Vielfältige Herausforderungen
Neben der Inflation und oben genannten Gründen gibt es noch weit mehr, das die Beteiligten beim BBT-Bau vor Herausforderungen stellt. So zum Beispiel die unterschiedliche Verkehrsführung in Österreich und Italien. Wie technisch aufwändig sich der Bau gestaltet, um die nationalen Unterschiede in den europäischen Bahnsystemen auszugleichen, ist an der Überwerfung bzw. Überkreuzung der Haupttunnelröhren zu erkennen. Im Bereich Innsbruck werden die beiden Tunnelröhren übereinander gekreuzt. In Italien fährt man auf der Schiene nämlich links, in Österreich allerdings rechts. Durch die gekreuzten Röhren kommen die Züge in den jeweiligen Bahnhöfen auf der richtigen Seite an. Der Abstand zwischen den Röhren beträgt rund vier bis sechs Meter – eine Meisterleistung der Ingenieurskunst wie es die BBT SE nennt.
Doch auch die Unterquerung des Flusses Eisack war eine technische Höchstleistung. Und dann gibt es da noch die Geologie, die dank des Erkundungsstollens erforscht wird. Der BBT gräbt sich durch unzählige Schichten und Formationen, die vor dem Projektbeginn unbekannt waren. Um dem alten Bergmanns-Sprichwort, „vor der Hacke ist es immer dunkel“ begegnen zu können, musste viel Wissen vorab zusammengetragen werden, um so aufgeklärt wie möglich zu sein.
Eine Ungewissheit war bekannt. Die größte Störungszone ist die so genannte Periadriatische Naht, welche die Süd- von den Ostalpen trennt. Die BBT-Trasse führt durch den zentralen Teil der Ostalpen, die wiederum durch die Kollision der europäischen und der adriatischen Platte entstanden sind. Und mit ihr viele kraftvoll durcheinander gewirbelte Schichten. Erfreulich: Die Arbeiten an 3,7 Kilometern Haupttunnelröhren und 1,5 Kilometern Erkundungsstollen von Oktober 2011 bis Sommer 2015 verliefen problemlos.
Die geologischen Verhältnisse können jedoch wie beim Baulos H33 Umplanungen und Mehrarbeiten mit sich bringen. In diesem Fall führte es dazu, dass die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) im Juni 2023 Ermittlungen gegen ehemalige und amtierende Vorstände der Errichtergesellschaft des Brenner Basistunnels (BBT SE) aufgenommen. Gegenstand der Ermittlungen sind laut „Tiroler Tageszeitung“ Leistungen und Zusatzaufträge für das bereits fertiggestellte Baulos H33 Tulfes-Pfons, bei dem es zu Kostensteigerungen von 380 auf 600 Millionen Euro und Unstimmigkeiten zwischen den österreichischen und italienischen Vorständen gekommen war. Die Staatsanwaltschaft Bozen hatte in der Causa bereits vor vier Jahren Ermittlungen aufgenommen, die sie laut „TT“ nun offenbar an die EPPO in Venedig abgetreten hat.
Mit jedem Meter Vortrieb sind wir an einem Ort, den zuvor noch niemand betreten hat.Porr CEO Karl-Heinz Strauss
Baulos aufgeteilt und neu vergeben
Die Herausforderungen beim Bau unter Tag und die Bedingungen im Tunnel kennt man bei der Porr, die als ARGE mit Marti GmbH Österreich und der Marti Tunnel AG Schweiz im April 2023 den Zuschlag für das letzte und größte Baulos auf österreichischem Gebiet, das Baulos H53 Pfons-Brenner, für die Summe von 959 Millionen Euro erhielt: „Die Arbeit im Tunnelbau geschieht immer unter besonderen Rahmenbedingungen, die aber aus unserer Sicht gut zu managen sind. Mit jedem Meter Vortrieb sind wir an einem Ort, den zuvor noch niemand betreten hat“, lautet die Porr CEO Karl-Heinz Strauss Auslegung des Sprichwortes von oben. Hilfreich sei dabei der zeitlich und örtlich vorlaufende Erkundungsstollen, der weitere sehr detaillierte Erkenntnisse liefert.
Der Bau der Teilstrecke Pfons-Brenner (Baulos H53) wird rund sechs Jahre dauern. Der Auftragsumfang umfasst zwei eingleisige Haupttunnelröhren mit einer Gesamtlänge von insgesamt 25,2 km. Zusätzlich zu den Hauptröhren sind weitere rund 3,6 km an Erkundungsstollen bzw. Querschläge zu realisieren. „Zu den logistischen Herausforderungen gehört, dass alle diese Bauvorgänge nur über den Zugangstunnel Wolf erreicht werden. Zudem beginnen im Frühjahr 2024 die Vortriebsarbeiten zyklisch und kontinuierlich zugleich mit den Innenschalenarbeiten in den Hauptröhren“, so Strauss.Keinen Kommentar seitens der Porr gab es auf SOLID-Anfrage zur vorangegangen Vertragsauflösung für das größte Baulos, Pfons-Brenner (H51), mit einem Volumen von 966 Millionen Euro wegen unüberbrückbarer inhaltlicher und technischer Differenzen Ende Oktober 2020 von der Brennerbasistunnelgesellschaft. Wie die APA berichtete, drohte die Porr als Teil des Konsortiums daraufhin mit einer Millionenklage. BBT-Sprecher Andreas Ambrosi wird heuer laut APA zitiert: „Man sei weiter bestrebt, die Vertragsauflösung einvernehmlich und außergerichtlich zu klären.“
Das Ex-Baulos H51 wurde in einen kleineren und einen größeren Teil aufgeteilt. Den größeren beinhaltet das nunmehrige H53-Baulos. Lesen Sie hier alles zur Vorgeschichte.
Jahrzehntelange Tunnelbau-Erfahrung
Während die Porr also noch aktiv unter Tag ist, sind die Arbeiten der Strabag bereits abgeschlossen: Im Rahmen des Gesamtprojekts BBT arbeitete der Konzern an insgesamt fünf Baulosen mit: Los Tulfes-Pfons, Los Eisackquerung, Erkundungsstollen Brenner Nord, Fensterstollen Ampass, Schacht und Lüftungskaverne Patsch. „Unser Unternehmen hat jahrzehntelange, weltweite Tunnelbau-Expertise. Wir haben bislang an allen alpenquerenden Basistunneln (Lötschberg, Gotthart, Koralm) erfolgreich gearbeitet“, gibt Konzernsprecherin Marianne Jakl Einblicke.
Befragt zur Auftragsvergabe verweist Jakl auf das Vergabegesetz und die ÖNORM: „Im Einheitspreisvertragsschema heißt das, dass die Auftraggeberseite etwa geologische Risiken tragen muss. Die ÖNORM beinhaltet auch Preisgleitklauseln. Von der Auftragnehmerseite werden dafür alle Personal-, Geräte- und Leistungsrisiken getragen.“
Sicherheit unter Tag
Bauen ohne Tageslicht und am Weg zum Mittelpunkt der Erde ist noch einmal etwas anderes als klassischer Tiefbau oder Hochbau. Dementsprechend hoch ist das Sicherheitskonzept für die rund 1000 Arbeiter, die auf allen Baulosen tätig sind. Noch bevor mit dem Bau begonnen wurde, überlegte man sich Konzepte für die Sicherheit. Laut Gesetz bedarf es eines sogenannten Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan, in dem alle sicherheitsrelevanten Themen abgearbeitet werden. Das beginnt bei der Kommunikation und umfasst auch die ganzen Planungen mit den Einsatzkräften und die Einsatztaktik. Da sich der Tunnel laufend verändert und immer weiter gebaut wird, muss ständig nachgebessert werden.
Seitens der Kommunikation ist man auf unter Tag nicht von der Welt abgeschnitten. Über Digitalfunk (auch mit den Behörden) im Tunnel, Handys und ebenso ein kabelgebundenes Tunneltelefon lässt es sich miteinander sprechen. Wer in den Tunnel einfährt, muss Zutrittskontrollen passieren und wird mit einer Selbstretter-Ausrüstung ausgestattet.
Die Sicherheitsvorkehrungen für die Mitarbeiter umfassen nicht nur Erste-Hilfe Ausbildung, sondern auch die Schulung in erweiterter Lösch-Hilfe. Der große Bereich des Arbeitnehmerschutzes betrifft auch die Baufirmen, von der persönlichen Schutzausrüstung angefangen bis zu Arbeiten in gefährlichen Bereichen.
Über Alarme wird informiert, wenn etwas passiert. Bei einem roten Alarm wird eine sofortige Evakuierung angeordnet. Ist dies nicht möglich, kommen die Selbstrettungscontainer zum Einsatz. Sie werden während der Bauzeit je nach Vortriebsstand in den entsprechenden Tunnelabschnitten nachzuführen. Die Container bieten im Notfall bis zu 20 Personen für 24 Stunden ausreichend Sauerstoff und eine Stromversorgung – bis die Rettungskette in Gang gesetzt ist und Hilfe beim Unglücksort eintrifft. „Wenn wir nicht mehr nach außen flüchten können, weil der Brand vielleicht auf dem Fluchtweg ist, dann rettet man sich da herunten in einen Rettungs-container“, erklärt BBT SE-Sprecher Andreas Ambrosi. Sobald die Türen von innen zugemacht werden, ist die Mannschaft im sicheren Bereich und wartet auf die Einsatzkräfte.