Österreich : Neuer Swietelsky-CEO Krammer: "Know How-Transfer über Länder- und Spartengrenzen hinaus erweitern"

Peter Krammer und Karl Weidlinger

Gut gelaunt kurz vor der Amtsübergabe: Peter Krammer (li.) und Karl Weidlinger.

- © David Visnjic

Von Swietelsky über Strabag zu Swietelsky

SOLID: Herr Krammer, Sie waren ja schon einmal bei Swietelsky. Das ist aber schon eine Zeit her – wie war das damals?

Peter Krammer:
Das war vor Urzeiten, zwischen 2002 und 2005. Damals war ich Filialleiter - also auch schon in einer gehobenen Managementfunktion. Ich habe wirklich viel über das Basisgeschäft lernen dürfen –darüber, wie man die kleineren Projekte bearbeitet. Und ich habe damals auch den Grundstein für den Ingenieurbau und den Tunnelbau bei Swietelsky gelegt.

Letzterer ist ja dann zu einer veritablen Größe geworden. Wie ging das?


Krammer:
Unter Karl Weidlinger ist er zu einer echten Größe geworden. Der Ingenieurbau war von Anfang an eigentlich sehr erfolgreich – vor allem durch die Akquisition diverser U-Bahn-Projekte, die kontinuierlich bis zum heutigen Tag weitergeführt worden sind. Und der Tunnelbau ist, wie der Tunnelbau so ist: Im Projektgeschäft war das am Anfang eine sehr, sehr schwierige Zeit, eine lange Durststrecke. Aber dann hat sich das gut entwickelt und heute ist der Tunnelbau wirklich eine der Perlen in der Swietelsky.

Wie
ist es genau zu Ihrer Rückkehr gekommen? Machen wir eine kurze Rückblende in den Mai 2022, als Klemens Haselsteiner vom Aufsichtsrat als neuer Strabag SE-CEO designiert wurde.

Krammer
: Ich war bei der Strabag neben Thomas Birtel der dienstälteste Vorstand. Nach 13 Jahren SE Vorstand überlegst du einfach, wie es weiter geht unter einer neuen Führung. Da beginnst du dir zu überlegen: Will ich das jetzt noch zehn, zwölf Jahre machen? Oder mache ich was anderes? Und wie immer in solchen Phasen, ist die Antwort auch eine Frage der Alternativen. Bei Swietelsky hat sich für mich wirklich eine sehr, sehr interessante Möglichkeit eröffnet. Die ich dann eben gewählt habe. Und ich bereue es keine Sekunde.

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Übernahme großer Teile der österreichischen Alpine als "meine Lebensernte"

Herr Weidlinger, haben Sie sofort, als Sie – wahrscheinlich auch ein bisschen vor der offiziellen Verkündigung – gehört haben, dass Klemens Haselsteiner der neue Strabag-CEO wird, Peter Krammer angerufen?

Karl Weidlinger:
Ich kann jetzt nicht mehr genau sagen, ob ich ihn angerufen habe. Aber auf jeden Fall habe ich ihn mit Sicherheit bei der nächsten Gelegenheit darauf angesprochen, ob ihn nicht die erste Funktion bei einer zwar kleineren, aber trotzdem erfolgreichen Firma mehr interessiert als eine Stellvertreterfunktion bei der Nummer eins.

Peter Krammer und Karl Weidlinger im Gespräch mit SOLID-Chefredakteur Thomas Pöll

Ihr großer Schritt in die breitere öffentliche Wahrnehmung ist ja Ende 2013 passiert nach dem Konkurs der Alpine, wo Sie einen Großteil des Österreich-Geschäfts übernommen haben. Sie waren damals wie lange schon bei Swietelsky?

Weidlinger: Wenn man es genau nimmt, teilen Peter Krammer und ich das gleiche Schicksal. Ich war von 1991 bis 1995 schon bei Swietelsky als Bauleiter, bin dann aus privaten Gründen zur Alpine gegangen, war dort Filialleiter für Oberösterreich und ab 2004 auch Geschäftsführer. Ich bin dann 2009 wieder zurückgekommen. Das Unternehmen war in etwa so, wie Peter Krammer zuerst schon gesagt hat. Wir waren sehr erfolgreich, allerdings großteils mit kleinteiligen Aufträgen. Und oft hat der Mut gefehlt, etwas Großes anzugehen. Das haben wir dann mit Beginn meiner Tätigkeit etwas anders angepackt.

Aber 2013 mit dem Konkurs der Alpine hat sich natürlich eine Riesenmöglichkeit aufgetan. Und dadurch, dass ich die Leute dort natürlich gut gekannt habe und auch gewusst habe, wozu sie fähig sind, war es relativ leicht, mit kurzen Telefonaten circa 1000 Mitarbeiter in ganzen Gruppen bzw. Filialen zu bekommen. Und eines muss man zur Ehrenrettung der Alpine sagen: In Österreich war die Alpine immer positiv und hat immer sehr gut gewirtschaftet. Ich selbst war für einen großen Teil Österreichs zuständig.Ich bezeichne das heute immer noch als meine Lebensernte nach einem langen Aufbau. Und das hat natürlich für Swietelsky einen immensen Schub gebracht. Wir haben allein in Österreich in etwa um 30 % an Umsatz gewonnen und gesamt gesehen auch circa 15 %.

  • Karl Weidlinger
    "Wir waren sehr erfolgreich, allerdings großteils mit kleinteiligen Aufträgen. Und oft hat der Mut gefehlt, etwas Großes anzugehen. Das haben wir mit Beginn meiner Tätigkeit etwas anders angepackt."

    Karl Weidlinger

Mehr zentral nach Strabag-Vorbild?

Wir haben vor nicht allzu langer Zeit ein Gespräch in einem anderen Rahmen geführt, wo es um Arbeitskräfte, neue Arbeit, Aufstiegsmöglichkeiten ging. Sie haben damals gesagt, man muss schauen, dass man die Leute aus dem eigenen Unternehmen nachbesetzt. Jetzt kommt Peter Krammer von der Strabag und auch Klaus Bleckenwegner kam 2021 von der Porr in den Swietelsky-Vorstand. Wie ist das bei Ihnen angekommen im Unternehmen?

Weidlinger:
Ich glaube durchaus positiv. Natürlich schaut man immer zuerst, ob sich jemand intern anbietet. Wir haben eine sehr gute zweite Ebene, da funktioniert jeder für sich sehr gut und das ist auch unsere Struktur: das Unternehmertum im Unternehmen. Aber die größte Filiale macht bei uns in etwa 300 Millionen Umsatz und ein ganzes Unternehmen mit mehr als dem Zehnfachen zu lenken, das ist schon ein riesiger Sprung. Das muss jemand schon wirklich wollen. Das ist eine ganz andere Liga. Und da sind mir, ganz offen gesagt, auch in der ganzen Branche nicht wirklich viele Leute eingefallen, die das machen könnten.

Herr Krammer, wird es so eher dezentral bleiben? Die Strabag ist ja eher für eine etwas straffere und zentralisiertere Struktur bekannt. Wird es einen Kulturwandel geben?


Krammer:
Bei der Strabag agieren die Direktionen ebenfalls sehr selbstständig und sind für ihren Erfolg selbst verantwortlich und auch finanziell daran beteiligt. Der Unterschied ist, dass die Zentraleinheiten bei der Strabag konzernweit und bei Swietelsky im Wesentlichen länderspezifisch tätig sind. Wir haben im Rahmen der ersten Vorstandsgespräche schon festgelegt, dass die Swietelsky mittlerweile eine Größe erreicht hat, bei der wir diesen Know-how Transfer von Land zu Land, von Sparte zu Sparte, von Spezialität zu Spezialität über die Ländergrenzen hinaus erweitern müssen. Wir haben das Thema der Nachwuchskräfte, der Fachkräfte. Wir haben das Thema der Umwelt, der Sustainability. Wir haben viele Themen der Kommunikation, Themen im Personalrecht und anderere, rechtliche Themen, die alle über die Ländergrenzen hinweg koordiniert bzw. gedacht werden sollten. Das ist mein Anspruch und das ist auch die Weiterentwicklung dessen, was Karl Weidlinger begonnen hat.

Krammer und Karl Weidlinger im Gespräch mit SOLID-Chefredakteur Thomas Pöll über Optimismus in schwierigen Bau-Zeiten, das Arbeitskräfte-Dilemma und die nächsten strategischen Schritte

Mitnahmen von Personal zu Swietelsky "kein Thema"

Karl Weidlinger hat erzählt, von der Alpine haben ihn die Leute angerufen, um ihm zu Swietelsky zu folgen. Wie war das bei der Strabag? Sind Ihnen da welche gefolgt?

Krammer
: Nein, das ist kein Thema. Das ist ja auch eine ganz andere Situation gewesen, in der sich die Leute Sorgen um ihren Arbeitsplatz gemacht haben. Ich war außerdem als SE-Vorstand weit weg von den operativen Themen. Für mich ist die Strabag immer noch ein ganz, ganz tolles Unternehmen mit ganz, ganz vielen Leuten, zu denen ich guten Kontakt pflege. Aber deshalb, weil ich sie einfach schätze und auch die Qualität des Unternehmens.

Aber man kann sich ja vorstellen, dass der eine oder andere sagt: Ich möchte mit dem Peter Krammer arbeiten, den bin ich jetzt gewohnt?


Krammer
: Das ist ein bisschen schwierig, mit dem Peter Krammer zu arbeiten, weil er als CEO des Unternehmens natürlich ganz andere Funktionen und Aufgaben hat als der operativer Vorstand.

"Zurück zu einer Normalität – dann kann sich auch das Preisgefüge entspannen"

Herr Weidlinger, wie sehen Sie die Entwicklung der Branche in den letzten Jahren generell und dann natürlich speziell bei Swietelsky?

Weidlinger
: Es ist sowohl in der Branche als auch bei uns einiges passiert. Auch wir sind überproportional gewachsen, nur waren wir in der Öffentlichkeit weniger präsent, weil wir nicht so medienaktiv sind. – Generell ist es in den letzten Jahren leider Gottes zu einer Überhitzung gekommen. Diese Überhitzung hat der gesamten Branche nicht gutgetan. Dadurch sind die Rohstoffpreise und später auch die Energiepreise – natürlich auch aufgrund des Kriegseinflusses – wesentlich angestiegen. Wir haben jetzt ein überhöhtes Niveau und hoffen auf eine Normalisierung.

Wenn ich das jetzt noch um die Kreditvergabebedingungen ergänze, die aktuell herrschen, dann tut das zusätzlich weh. Und wir müssen uns vor einem hüten: dass Leute aus der Baubranche generell in andere Branchen abwandern, wenn sie keine Arbeit mehr haben, und dann, wenn es wieder zu einer Normalisierung käme, nicht mehr verfügbar sind.

Das beginnt jetzt natürlich hauptsächlich bei den Häuselbauern. Aber ich glaube, ein großer Wohnbauauftraggeber hat auch schon angekündigt, heuer überhaupt keine Baustelle zu beginnen. Das sind gerade jetzt die falschen Zeichen. Im Moment ist eine Spirale in Gang gesetzt, die automatisch zu höheren Löhnen und zu höheren Preisen führt. Die Energiepreissituation muss sich entspannen und die Mangelbewirtschaftung bei Rohstoffen auch. Während es vor fünf oder sieben Jahren noch so war, dass man etwa beim Zement preisverhandeln konnte, musste man die letzten paar Jahre betteln, um überhaupt die notwendige Menge zu bekommen – und wegen des Preises hast man sich schon überhaupt nicht mehr zu fragen getraut. Da müssen wir auch wieder zurück zu einer Normalität. Dann kann sich auch das Preisgefüge entspannen. Aber wenn jemand glaubt, das geht schnell wieder um 20 % runter, dann irrt er. Insofern hoffe ich, dass bei manchen Bauträgern, auch bei gemeinnützigen Bauträgern, jetzt wieder ein Umdenken stattfindet. Dass man sagt, wir müssen jetzt investieren, wir müssen jetzt bestellen. Zu warten hat keinen Sinn – dann kann es passieren, dass viele Leute abgebaut sind und aufgrund des Mangels an fähigem Personal die Preise hoch bleiben.

  • Peter Krammer
    "Wir haben es geschafft, in Corona wirklich als sehr stabile Branche zu gelten. Viele Leute sind Gott sei Dank zu uns gekommen, haben die Seiten gewechselt und sind jetzt in der Baubranche tätig. Die dürfen wir nicht wieder verlieren. Denn der Kampf um die Fachkräfte wird uns in den nächsten zehn Jahren noch viele graue Haare wachsen lassen."

    Peter Krammer

"Müssen bei Rückgang der Nachfrage unbedingt eine Abwanderung des Personals verhindern"

Die Finanzkrise von 2008 ist in der Bauwirtschaft ja mit einigen Jahren Verzögerung angekommen, aber dann doch. Aber ich habe das Gefühl, die Unternehmen haben schon was gelernt daraus, etwa beim Controlling. Stimmt der Eindruck?

Weidlinger
: Beim Controlling waren wir damals auch schon vernünftig aufgestellt, aber natürlich sind wir noch weiter fortgeschritten. Jene Firmen, die damals ihre Finanzen und ihre Liquidität in Ordnung hatten, haben von der Finanzkrise eigentlich nichts gespürt, praktisch gar nichts. Auch die Regierung hat entsprechend eingegriffen und wirtschaftsfördernde Maßnahmen gesetzt.

Wenn wir in die Jetztzeit springen, war die aktuelle Investitionsprämie im Zusammenhang mit Corona auch sehr gut gedacht. Tatsächlich hat sie aber zusätzlich zur Überhitzung beigetragen. Und leider Gottes ist ziemlich viel Pulver verschossen worden und wir müssen auf die Haushaltsfinanzen achten. Gerade jetzt wären diese Mittel sehr gefragt.

Herr Krammer, wo werden wir uns einpendeln? Welche Flughöhe haben Sie im Kopf?


Krammer
: Es wird ganz klar zu einer Reduktion der Baunachfrage kommen. Nicht im Infrastrukturbereich, denn dort sind die Ausbaumaßnahmen einfach dermaßen bedarfsorientiert, dass es zu keiner Reduktion, sondern eher zu einer Erhöhung kommen wird. Aber im Hochbau wird es definitiv zu einer Konsolidierung kommen.

Aber weil Sie zuerst die Finanzkrise 2008 angesprochen haben: In der Strabag haben wir damals erst 2012 den richtigen Rebound aus dieser Situation gespürt. Die lang laufenden Projekte haben zwar vom Rückgang der Nachfrage und damit auch der Material- und Subunternehmerpreise profitiert, aber wer den Zug verpasste und dann im Aufschwung mit den niedrigen Preisen weiterkalkulierte, hatte es natürlich schwierig – und das galt nicht nur für die Strabag. Heute sind wir hier als Branche insgesamt wesentlich sensitiver unterwegs.

Was wir wirklich unbedingt verhindern müssen, ist eine Abwanderung des Personals. Wir haben es geschafft, in Corona wirklich als sehr stabile Branche zu gelten. Viele Leute sind Gott sei Dank zu uns gekommen, haben die Seiten gewechselt und sind jetzt in der Baubranche tätig. Die dürfen wir nicht wieder verlieren. Denn der Kampf um die Fachkräfte wird uns in den nächsten zehn Jahren noch viele graue Haare wachsen lassen.

Wo geht die Entwicklung da hin und was werden Sie dazu machen?


Krammer:
Wenn wir nur den Personalstand halten wollen, müssen wir alle, die in Pension gehen, wieder nachbesetzen. Das allein ist schon eine erhebliche Herausforderung für uns. Es wird die Frage sein: Was können wir im Bereich des qualifizierten Zuzugs tun? Mit einer Österreichcard? Was können wir tun, um Leute, die im pensionsnahen Alter sind, noch weiter zu beschäftigen, ohne dass sie Nachteile erleiden? Was können wir als Gesellschaft tun, um auch die Teilzeitkräfte wieder zu motivieren, Vollzeit zu arbeiten? Wir müssen das Potenzial, das wir haben, optimal ausnützen.

Weidlingers Zukunft im Energiebereich

Eines Ihrer großen Themen bei der Strabag war ja Vorfertigung und Roboterisierung – genau mit dem Argument: Wir werden nicht mehr genug Leute haben auf den Baustellen. Wo stehen wir denn da jetzt wirklich? Und was ist tatsächlich möglich?

Krammer
: Das ist nach wie vor mein Ziel, die Produktivität zu erhöhen. Das muss unser Anspruch sein und das haben wir in den letzten Jahrzehnten nicht geschafft. Wir müssen die Lohnstunden von der Baustelle weg und in die Vorfertigung bekommen. Dazu bedarf es aber einer Planung, die vorausschauend ist und all das umfasst, was wir unter Allianzverträgen subsummieren: dass der Bauherr, der Architekt, der Generalunternehmer, vielleicht auch wesentliche Subunternehmer in einem Allianzvertrag frühzeitig über das Projekt nachdenken. Wie kann ich es optimiert bauen? Wie kann ich es ressourcenschonend bauen? Wie kann ich es möglichst CO2-neutral bauen? Wie kann ich es optimal betreiben? Wenn wir das schaffen, werden wir auch Produktivitätsgewinne haben. Um die Produktivität zu erhöhen, muss ich einfach viel mehr vordenken. Das baubegleitende Planen ist ja für mich sowieso der Horror schlechthin. Aber das ist unser Alltag. Da müssen wir besser werden.

Ein weiteres Megathema, mit dem wir alle zu tun haben, ist das Thema Nachhaltigkeit und Energie. Herr Weidlinger, Sie haben bei einer Solid-Konferenz vor ein paar Jahren gesagt: Wir als Österreich haben da nicht so einen großen Hebel. Wie würden Sie die Situation heute beurteilen? Was ist passiert und wo liegen echte Chancen?


Weidlinger
: Dass wir keinen so großen Hebel haben, hat sich mit Sicherheit auf die CO2-Emissionen in Österreich bezogen. Da sind wir natürlich am Globus eine Mini-Nummer. Aber angesichts der Energiepreissituation hätten wir in Richtung Autarkie in Österreich schon große Hebel – und die gilt es auch zu nutzen. Man erwischt damit zwei Fliegen auf einen Schlag. Die hohen Energiepreise ergeben sich ja deshalb, weil wir jetzt noch Gaskraftwerke verwenden müssen und aufgrund der Merit Order deren hohe Strompreise zu verkraften haben. In Österreich haben wir eine derartig gute Ausgangssituation aufgrund der Alpen, dass wir viele Pumpspeicherkraftwerke machen könnten. Wir könnten auch an den Berghängen nach Süden ausgerichtete PV Anlagen anbringen – mit dem Vorteil, dass diese PV-Anlagen direkt den Pumpbetrieb speisen könnten, ohne das ohnehin zu schwach ausgebaute Netz zu überlasten. Wir wären über der Nebelgrenze, hätten damit mehr Sonnenstunden zur Verfügung und würden wirtschaftlicher arbeiten. Natürlich könnten auch mehr Windräder aufgebaut werden.

Im Moment ist die Politik zwar sehr gut in Ankündigungen, aber in der Umsetzung zu zaghaft. Und ich denke, es wäre ehrlich von der Politik, endlich dieses große Bild zu zeichnen, das auch klar zeigt, dass man Energiegewinnung, Energietransport und Speicherung in der Landschaft sehen wird. Und dass uns das unabhängiger macht. Österreich wäre hier begnadet. Man muss sich in der Politik halt einfach auch einmal etwas trauen.

Und zur Raumerwärmung bietet sich natürlich an, die Wärme aus der Erde zu ziehen. Ich bin ja auch zweifacher Tiefengeothermie-Betreiber. Wir ziehen in etwa 100 Grad heißes Wasser aus der Erde und versorgen damit ganze Gemeinden. Das ist meine Passion und meine Vision – auch für die Zukunft. Das ist mein zweites großes Thema neben der Pumpspeicher-und PV-Kombination. Ich werde mich in der Zukunft um zusätzliche geothermale Investitionen für Kommunen bemühen – als Impulsgeber und Berater – mit einem Partner, der aus der Erdöl- und Erdgas-Explorationsindustrie kommt und jetzt sagt: Ich möchte etwas Gutes für die Umwelt machen und nicht mehr Gas und Öl fördern.

Was kommt und wo die Ziele liegen

Wir haben jetzt kurz die Politik angesprochen. Herr Krammer, mit Taxonomie, Bauproduktenverordnung etc. kommt einiges auf uns zu. Wie groß wird die Welle tatsächlich sein?

Krammer
: Sie schaut riesengroß aus und ich hoffe, dass sie ein wenig abebbt. Aber es wird uns extrem fordern. Das ist einer der Punkte, warum wir bei Swietelsky in unserer Struktur in den Zentraleinheiten etwas tun müssen. Da kann man operative Manager nicht alleine lassen. Da müssen Expertinnen und Experten vordenken - und umgesetzt wird das dann gemeinsam.

Wenn Sie ein mittelfristiges Ziel formulieren müssten – wie lautet es?


Krammer
: Ich möchte den von Karl Weidlinger eingeschlagenen Weg fortsetzen – sowohl was die Leistung als auch was das Ergebnis betrifft. Und mein Ziel ist es, die Strukturen so anzupassen, dass wir in der Lage sind, als Unternehmen weiter zu wachsen.

Zu den Personen

Dipl.-Ing. Karl Weidlinger



Nach dem Studium des Bauingenieurwesens von 1978 bis 1983 an der Technischen Universität Wien hinterließ Weidlinger seine ersten beruflichen Spuren als Brückenbauer bei Ferro-Betonit und Swietelsky. Im Anschluss arbeitete er für die Alpine, zunächst als Filialleiter für OÖ und später als Geschäftsführer. 2009 kehrte er zurück zu Swietelsky. Weidlinger leitet seit damals die Geschicke des Unternehmens, zuerst als Geschäftsführer und seit der Umwandlung in eine AG im Jahr 2019 als Vorstandsvorsitzender. Im bevorstehenden Ruhestand wird der zweifache Tiefengeothermiebetreiber als Impulsgeber und Berater für weitere Energiegewinnungsprojekte tätig werden.







Dipl.-Ing. Dr. Peter Krammer

Krammer promovierte 1995 an der Fakultät für Bauingenieurwesen der Technischen Universität Wien zum Doktor der Technischen Wissenschaften. Danach sammelte er bei der Porr Technobau AG, bei Strabag und bei Swietelsky Berufserfahrung, bis er im Jahr 2005 zur Strabag AG, Österreich, zurückkehrte. Als Mitglied des Vorstands zeichnete er dort für den Unternehmensbereich Hoch- und Ingenieurbau in Osteuropa sowie konzernweit für die Umwelttechnik verantwortlich. Von 1.1.2010 bis 31.12.2022 war Peter Krammer Mitglied des Vorstands der Strabag SE. Am 1. Jänner 2023 trat er in den Vorstand der Swietelsky AG ein und übernimmt per 1. April 2023 den Vorstandsvorsitz.