Auf der anderen Seite geht es ja auch um den Werkstoff selber. Zement ist nicht Zement, so wie Beton nicht Beton ist und es geht auch ein bisschen um die Menge der verbauten Dinge. Wo geht es denn da hin? Sowohl ich weiß, wird ja gerade im Bereich Zement, Smart Minerals und so weiter extrem viel geforscht?
Spaun: Ja, wir sind mittendrin in der Forschung, aber man kann eigentlich schon berichten, es gibt die ersten Ergebnisse aus diesen Forschungen. Wir haben heuer bereits in fünf Unternehmen diese erste Generation wirklich klimafitter Zemente auf den Markt gebracht.
Das ist jetzt Zementlatein, aber CEM II/C ist letztlich ein Zement, der nur mehr 50 Prozent Zementklinker enthält. Das ist das Produkt, das wir in unseren Drehrohröfen brennen müssen, das aus Kalkstein erzeugt wird und wo leider Gottes bei der Erzeugung dieses Zementklinkers aus dem Kalkstein das CO2 entweicht, das zwei Drittel unserer Emissionen ausmacht.
Darum ist ein ganz wesentlicher Punkt unserer Strategie, so wenig wie möglich Klinker in den Zementen verwenden. Das Problem dabei ist: der Klinker bringt die Festigkeit und die Dauerhaftigkeit.
Man muss also hier sehr genau wissen, was man tut?
Spaun: Es geht nicht darum, Dinge nur zu verdünnen, sonst hätte die Bauindustrie damit keine große Freude oder unsere Bauwerke würden auch nicht so lange halten, wie wir das gewohnt sind.
Aber eine wirkliche Dekarbonisierung der Zementbranche kann nur integrativ gehen mit der gesamten Wertschöpfungskette. Wir haben eine Strategie namens 5C und ich möchte das kurz ausführen, weil es Ihre Frage beantwortet:
Das erste C steht für den Klinker, habe ich gerade gesagt, das ist unsere Aufgabe.
Das zweite C steht für die neue Generation von C-Zement, kommt jetzt aus dem Englischen, das dritte C steht für Concrete, wie optimieren wir beispielsweise die Gesteinskörnungen im Beton so, dass wir möglichst wenig Bindemittel brauchen?
Und jetzt wird es interessant: das vierte C steht für eine Revolution der Planung. Es steht für Construction und bedeutet, dass wir auch ein völlig neues Mindset brauchen, wie wir mit Materialien umgehen, wie wir planen, wie wir bauen. Bisher ist zumindest die Tragwerksplanung oft ein stiefmütterlich behandeltes Thema und das muss sich ändern.
Und jetzt noch das fünfte C, das ist die Karbonatisierung, also die Eigenschaft vom Beton, CO2 wieder aus der Luft aufnehmen zu können.
Und an all diesen Schrauben wollen wir drehen.