Wohnbau : Baukonjunktur bremst Gemeinnützige in Österreich ein
182 gemeinnützige Bauvereinigungen (GBV) waren es, die 2022 rund 16.700 Wohneinheiten fertigstellten. Heuer sind es bedingt durch Fusionierungen nur mehr 179. Und auch ihre Bauleistungen werden verschuldet durch die multiplen Krisen wie Pandemie, Ukraine-Krieg, Baumaterialkosten oder Facharbeitermangel zurückgehen.
Für alle Bundesländer zeichnet sich ein einheitlicher Trend ab: 2023 wird die Bauleistung voraussichtlich annähernd gleichbleiben. Ab 2024 scheint die Baukonjunktur aber deutlich zurückzugehen. Die Zahl der in Bau befindlichen GBV-Wohnungen beläuft sich mit Anfang 2023 auf 29.200. Dieser Wert liegt 8 % unter dem 10-jährigen Durchschnitt von 31.700. "Noch deutlicher sind die Baubewilligungen zurückgegangen, die mit 12.700 um 24 % unter dem 10-Jahresschnitt von 16.800 liegen“, legt Herwig Pernsteiner, Verbandsobmann-Stellvertreter, die Zahlen auf den Tisch.
Eine genaue Prognose der weiteren Entwicklung ist schwierig. „Die Gründe für den Rückgang an Baubewilligungen sind vielfältig. Das beginnt bei den viel zu hohen Grundstückskosten in vielen Ballungsräumen. Aber auch die enorm gestiegenen Baupreise und die höheren Kreditzinsen machen sich bemerkbar“, hält Verbandsobmann Klaus Baringer fest.
Die Materialkosten sind innerhalb von drei Jahren um 36 % gestiegen, die Arbeitskosten bedingt durch die KV-Erhöhung um mehr als 9 %. Die Steigerung war rasant und es zeichnet sich noch kein Rückgang ab, sondern eine Stabilisierung auf einem sehr hohen Kostenniveau. "Waren es bis jetzt hauptsächlich die Materialkosten, so kommen jetzt noch die Lohnkostensteigerungen, aber auch die erhöhten Gewinne der Baufirmen dazu. Denn noch stärker als die Baukosten sind die Baupreise, also das, was die Bauherren an die Baufirmen bezahlen müssen, gestiegen“, betont Pernsteiner.
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"Während für unsere Auftragnehmer die Baukosten um 10 Prozent gestiegen sind, müssen wir als Auftraggeber mit 15 Prozent unter anderem auch durch den Gewinnaufschlag der Ausführenden rechnen."
GBV-Obmann Klaus Baringer
Fertiggestellte Wohneinheiten seitens GBV | 2022 | 2021 |
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Wien | 4500 | 4200 |
Niederösterreich | 4500 | 4230 |
Burgenland | 1080 | 1030 |
Kärnten | 380 | 330 |
Steiermark | 1330 | 1380 |
Oberösterreich | 2770 | 2280 |
Salzburg | 890 | 590 |
Tirol | 1050 | 1300 |
Vorarlberg | 300 | 360 |
Österreich gesamt | 16700 |
Starker Rückgang der Baubewilligungen
Eine Entlastung erhofft sich die GBV durch die Wohnbauförderung: „Wenn in ersten Bundesländern von Österreich GBVs verkünden müssen, dass sie aktuell nicht mehr bauen können, muss das ein Warnsignal für die Branche und die Politik sein. Der starke Rückgang der Baubewilligungen zeigt den Ernst der Lage“, warnt Obmann Baringer.
Handlungsbedarf herrsche bei der Wohnbauförderung. Hier gab es in den vergangenen Jahren immer mehr finanzielle Rückschritte. Die öffentliche Hand konnte in den letzten mehr als zehn Jahren aufgrund der günstigen Kapitalmarktzinsen erhebliche Mittel bei der Wohnbauförderung einsparen. „Während vor 25 Jahren rund 2,3 Milliarden Euro (rund 1,4% des Bruttoinlandsprodukts) für Wohnbauförderung eingesetzt wurden, belaufen sich die Wohnbauförderungsmittel zuletzt nur noch auf 1,8 Milliarden (rund 0,4% des BIP)“, rechnet Baringer vor.
Er fordert, diese Mittel aufzustocken. Nur so könne man langfristig leistbares Wohnen für möglichst viele Menschen in Österreich gewährleisten.
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"Auch wenn wir die Finanzierung für bestimmte Maßnahmen stemmen könnten, so fehlen uns heute die Facharbeiter - das beginnt schon bei Sachen wie PV-Anlagen."
GBV-Obmann-Stellvertreter Herwig Pernsteiner
Thermische Sanierung und Heizungstausch
Durchschnittlich 7.300 Wohnungen wurden seitens der GBVs in den vergangenen Jahren thermisch saniert. 96 % des GBV-Bestands, der in den Jahren vor 1980 errichtet wurde, sind bereits saniert sind. „Diese thermischen Sanierungen der Gebäude sind eine Grundvoraussetzung für sinnvolle Dekarbonisierung“, ist sich Klaus Baringer bewusst.
Aktuell kommen die Bestände der späten 1980er- sowie der 1990er-Jahre in die Sanierungsphase. Hier ist insgesamt ein geringerer Effekt auf die CO2-Einsparung zu erwarten, da die Gebäude dieser Bauperiode bereits eine vergleichsweise gute Energieeffizienz haben. In manchen Fällen dürfte daher auch eine Dekarbonisierung der Heizungssysteme ohne umfassende thermische Sanierung erfolgen.
Nach dem Sanierungshöhepunkt haben die GBVs nun den Schwerpunkt von der Sanierungstätigkeit in Richtung der Heizungsumstellungen verlagert. 2022 lag die Zahl der thermisch sanierten Wohnungen bei rund 4.900 Wohnungen, es wurden 4.200 Wohnungen auf klimafreundliche Heizsysteme umgestellt – eine Steigerung von +78%.
Allerdings macht sich hier der Facharbeitermangel bemerkbar, wie Herwig Pernsteiner Einblick gibt: "Auch wenn wir die Finanzierung für bestimmte Maßnahmen stemmen könnten, so fehlen uns heute die Facharbeiter - das beginnt schon bei Sachen wie PV-Anlagen."