Meinung | Wohnbau | Baustoffe : "Umfassendes Wohnbaupaket statt Hauruck-Sanierungsmaßnahmen!"

Umtausch statt Umbau? Wohlüberlegtes Paket ist besser

Während die einen an den Narrativen der Zukunft feilen, setzen kleinere und mittlere Bauunternehmen Mitarbeiter*innen frei, um diese Bauflaute zu überleben. Während die einen den großen Umbau der Branche fordern, forciert die Politik den großen Umtausch. Nicht größer könnte das Delta, das immer mehr zum Dilemma wird sein. Ob es ungestraft einseitig aufzulösen sein wird,
steht im wahrsten Sinne des Wortes in den Sternen.

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Zur Erreichung dieser Sterne, nennen wir diese salopp Klimaschutzsterne, braucht es mehr als einen wohlbudgetierten Heizungstausch für die kommenden Jahre. Selbst wenn wir davon ausgehen, dass Wärmepumpen und anderes Material sowie Installateur*innen zur Verfügung stehen, wird dieser Umtausch keinen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der in Österreich seit jeher niedrigen Sanierungsquote von Gebäude leisten.

Sanierung muss in Schwung gebracht werden

Wir erinnern uns: Dazu sind wir seitens EU aufgerufen. Sollten wir diesem Ruf nicht folgen, werden wir zahlen. Aber zurück zur Sanierungsquote Österreichs und wie wir dieses zarte Pflänzchen zur Vollblüte bringen können. Wohlgemerkt, mehrere Millionen sind laut Budget 2024 vorgesehen.

Für eine Sanierungsoffensive im Wohnbau braucht es ein umfassendes Sanierungspaket, das Anreize im Mietrecht ebenso enthält wie steuerliche Anreize und Förderungen, die mehr sind als
Mitnahmeeffekte. Die Sanierungstätigkeit muss in Schwung gebracht werden, um den Gebäudebestand zu erhalten und Energieeffizienz- und Klimaschutzziele zu erreichen. Ein Umtausch reicht dazu nicht aus.

Maßnahmenpaket mit drei wichtigen Zielen: Mietrecht, Steuer, Leistbarkeit

Der Forschungsverband der österreichischen Baustoffindustrie (FBI), der Verband des Baustoffhandels Österreich (VBÖ) sowie die Fachgruppe der Vermögens- und Immobilienberater*innen der Wirtschaftskammer Wien (WKW) haben ein Maßnahmenpaket zur
Wohnbauoffensive verabschiedet, das drei wichtige Ziele verfolgt: Schaffen von leistbarem Wohnraum, Abwenden des drohenden Einbruchs der Baukonjunktur sowie Erreichen der Klimaziele
im Gebäudesektor
. Maßnahmen, die schnell Wirkung zeigen, sind gefordert.

  1. Mietrecht
    MRG-Kima-Bonus bei Neuvermietung:
    Ausweitung des bestehenden Belohnungstatbestands, „angemessener Mietzins“ im MRG § 16(1) 3 für besonders ambitionierte Gebäudesanierung.
    Neuregelung der Duldung von notwendigen energiesparenden bzw. energiegewinnenden Maßnahmen durch die Mieterinnen und Mieter in MRG § 3 Abs. 2.
  2. Steuerliche Anreize in der Nachverdichtung im Bestand
    Abschreibung auf 15 Jahre verkürzen
    : Mit dieser Maßnahme wird die Dauer der Abschreibung bei Nachverdichtungsprojekten jenen, die mit Wohnbauförderungsmitteln finanziert werden,
    gleichgesetzt.
    Steuerliche Sofortabsetzung von Sanierungsmaßnahmen
    : Aufwendungen für Sanierung sollen steuerlich künftig „Instandhaltungsaufwand“ sein. Dadurch besteht künftig die Möglichkeit, sie entweder sofort steuerlich abzusetzen oder über Antrag auf 15 Jahre zu verteilen.
    „Südtiroler Modell“
    - steuerliche Anreize über Sonderausgaben im EstG. Im §18 sollen weitere Möglichkeiten (abseits von § 18 (1) EStG UFG-Förderungen für thermisch-energetische Sanierung und Ersatz eines fossilen Heizsystems) geschaffen werden, um Ausgaben für Wohnraumschaffung und Sanierung als Sonderausgaben geltend zu machen. Bis zu 96.000 Euro Sanierungsausgaben sollen zu 50% aufgeteilt auf 10 Jahre als Sonderausgaben geltend gemacht werden können.
    Liebhabereiverordnung: Verlängerung der Fristen in § 2 (3) und (4) um 10 Jahre. Die Fristen der Liebhabereiverordnung sind bei der steuerlichen Prognoserechnung aufgrund der hohen Baukosten und gestiegenen Zinsen nicht mehr erreichbar. Die Generalsanierung von Mietobjekten, von ganzen Zinshäusern ebenso wie von einzelnen Wohnungen, wird dadurch wirtschaftlich unrentabel.
  3. Leistbares Eigenheim
    Änderung der KIM-Verordnung: Durch das Anheben der Schuldendienstquote auf zumindest 50% und einer Zinsobergrenze zumindest über die halbe Laufzeit werden Jungfamilien beim Erwerb von Wohnraum unterstützt. Weitere Vorschläge, die insbesondere Jungfamilien und Ersterwerber*innen helfen würden, um Wohnen im Eigentum wieder leistbar zu machen, sind das Erlassen der Grunderwerbssteuer und der Grundbucheintragungsgebühr beim Ersterwerb von Wohnungseigentum sowie die Streichung der Eintragungsgebühr von Hypothekardarlehen ins Grundbuch ebenfalls beim Ersterwerb von Wohnungseigentum.

Ist Österreich "fertig gebaut"?

Wir können es drehen und wenden wie wir wollen, eine singuläre Maßnahme, wird die ambitionierten Klimaziele im Gebäudebestand der Zukunft nicht erreichen. Deswegen benötigen wir einerseits die Narrative von morgen und andererseits vorausschauende Handlungen im Heute.

Und, wenn ich die frohen Botschaften der Politik für 2024 richtig interpretiere, so scheint hier unter den Headlines wie Zukunftsfonds für Wohnen und Sanieren noch einiges machbar zu sein.

Ein paar Fragen, eine Reise zu den unmittelbaren Sternen sozusagen, zum Schluss:
„Österreich ist gebaut“ – ein O-Ton der sich durch viele digitale und analoge Diskussionsforen zieht.
Ist das wirklich so? Wo werden die prognostizierten 9 Millionen Einwohner*innen Österreichs im Jahr 2030 wohnen? Wo finden Menschen leistbaren Wohnraum im Hier und Jetzt, wenn das Angebot immer schmäler wird? Nachverdichtung ist sicher eine Antwort. Aber reicht diese für den großen Umbau?

Schreiben sie mir: katharina.sigl@fbi-forschungsverband.at

Über den FBI-Forschungsverband der österreichischen Baustoffindustrie

Der Forschungsverband der österreichischen Baustoffindustrie (FBI) ist seit 1981 als gemeinsame Innovations- und Interessensgemeinschaft Österreichs führender Baustoffhersteller aktiv. Der FBI fördert den interdisziplinären Wissensaustausch und die Vernetzung zur pro-aktiven Weiterentwicklung von Gebäuden als moderne, bedürfnisorientierte und zukunftsfitte Wohn- und
Arbeitsräume. Nachhaltige, ressourcenschonende, effiziente und innovative Bau- und Gebäudelösungen stehen dabei ebenso im Fokus wie qualitativ hochwertiges, leistbares und gesundes Wohnen. Im Rahmen der FBI-Akademie fördert der Forschungsverband mittels Seminare, Trainings, Fachvorträgen, technischen Unterlagen sowie durch die Bereitstellung von aktuellen Lehrmaterialien und neuen Bildungsformaten die Aus- und Weiterbildung von Schüler*innen, Lehrer*innen und Fachkräften. Das Angebot richtet sich insbesondere an technische
Bildungsinstitutionen und Hochschulen, an Akteur*innen der Bauwirtschaft und Mitarbeiter*innen der Mitgliedsunternehmen. Mitglieder des FBI sind Baumit, BMI Austria, Domoferm, Internorm,
Saint-Gobain Austria, Roto Frank DST, Schiedel und Wienerberger Österreich.