Wohnbau : Wohnungsmarkt Österreich: Drei signifikante Regionen und ein wachsendes Thema
Der österreichische Wohnungsmarkt war in den letzten Jahren durch eine starke Neubautätigkeit geprägt. Diese wird ab 2024 zurückgehen, was angesichts der Bevölkerungsentwicklung und der Entwicklung der Einpersonenhaushalte für die Zukunft durchaus kritisch gesehen werden kann. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass die Zahl der Einpersonenhaushalte bis 2035 um rund 12,5 Prozent steigen wird.
„Klar ist, dass wir eine Konzentration der Bevölkerung in den Ballungsräumen haben und dort mit einer erhöhten Wohnungsnachfrage zu rechnen ist“, sagt Laura Holzheimer, Head of Research bei CBRE. Sie hat mit ihrem Team den österreichischen Wohnungsmarkt analysiert und kommt zu folgenden Ergebnissen:
Wien: Neubautätigkeit erreicht Höchststand.
Der Höhepunkt der Fertigstellungen im Wiener Wohnungsneubau wird heuer mit rund 16.200 Wohnungen erreicht (2021: 13.350, 2022: 14.400). Ab 2024 wird das Fertigstellungsvolumen wieder sinken. Rund die Hälfte der 2022 neu errichteten Wohnungen sind frei finanzierte Mietwohnungen, ein Drittel geförderte Mietwohnungen und der Rest Eigentumswohnungen. Die Bautätigkeit hat sich von den Flächenbezirken im Nordosten und Südosten Wiens auf das dicht verbaute Gebiet im Nordwesten sowie auf die inneren Bezirke ausgedehnt. „Nur im Villenviertel im Westen Wiens wurden sehr wenige Wohnungen errichtet, ansonsten gab es 2022 in allen Regionen Wiens eine rege Bautätigkeit“, fasst Holzheimer zusammen.
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Die Neubauten im dicht bebauten Nordwesten sowie in den inneren Bezirken zeigen, dass hier nachverdichtet und Lücken geschlossen wurden. „Wir gehen davon aus, dass es 2023 wieder mehr Fertigstellungen in den beliebten Villenlagen Wiens geben wird - schon allein deshalb, weil der Anteil der Eigentumswohnungen am Fertigstellungsvolumen wieder höher sein wird“, so Holzheimer.
Von 2018 bis 2022 ist die durchschnittliche Wohnungsgröße bei Neubauten in Wien gesunken. 2023 werden mit durchschnittlich 60 Quadratmetern wieder größere Wohnungen fertiggestellt. „Größere Wohnungen sind eine Folge der Pandemie, wo sich der Bedarf nach mehr Wohn- und Freifläche klar herauskristallisiert hat, da der Wohnraum neu definiert wurde und mehr Funktionen übernehmen muss“, so Expertin Holzheimer.
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Auch die durchschnittlichen Kaufpreise und Mieten sind in Wien gestiegen. Mit durchschnittlich EUR 9.000/m² ist der Wohnungskauf in den inneren Bezirken am teuersten. Die Nettomieten in Wien liegen 2022 zwischen EUR 10,25/m² und EUR 17,00/m².
Fertigstellungsrekord am Hotspot Graz
Auch in Graz wird im Jahr 2023 mit rund 3.800 Wohnungen (2021: 2.300, 2022: 3.500) der vorläufige Höchststand an Fertigstellungen erreicht. Der Schwerpunkt der Fertigstellungen im Jahr 2022 liegt in den Stadtentwicklungsgebieten des Teilmarktes Up and Coming, in denen die Reininghausgründe sowie die Smart City liegen. Rund die Hälfte der 2022 errichteten Wohnungen sind freifinanzierte Mietwohnungen, auch der Anteil der geförderten Mietwohnungen ist für Grazer Verhältnisse ungewöhnlich hoch, während Eigentumswohnungen den geringsten Anteil ausmachen. „Dieses Verhältnis sollte sich bis 2023 wieder ändern, denn wir gehen davon aus, dass rund die Hälfte der neu errichteten Wohnungen in Graz Eigentumswohnungen sein werden - der Großteil davon im Südwesten von Graz“, so Holzheimer.
Eine Trendwende wird bei der Wohnungsgröße erwartet: Vor rund fünf Jahren lag die Durchschnittsgröße bei 71m², sank kontinuierlich auf aktuell 52m² und soll bis Jahresende wieder 59m² erreichen.
Auch bei den Kauf- und Mietpreisen gibt es 2022 in Graz Steigerungen: durchschnittlich kostet ein Quadratmeter Eigentumswohnung in Graz EUR 4.200,00, gemietet wird der Quadratmeter von EUR 8,80 bis EUR 13,80.
Linz: Wachstum im Süden
Anders in Linz: Gegenüber 2021 hat sich der Neubau fast halbiert - 2021: 1.310 Fertigstellungen, 2022: 710. „Für 2023 erwarten wir in Linz rund 850 neue Wohnungen“, sagt Holzheimer. Die Neubautätigkeit in Linz konzentrierte sich 2022 auf zwei Teilmärkte, in denen der geförderte Wohnbau dominierte: Auf die südlichen Außenbezirke und das ebenfalls im Süden gelegene Up and Coming entfielen rund zwei Drittel der neuen Wohnungen.
Dieser Trend dürfte sich bis 2023 fortsetzen, wobei derzeit davon ausgegangen wird, dass auch mehr Wohnungen für den privaten Mietwohnungsmarkt fertiggestellt werden. Die durchschnittlichen Kauf- und Mietpreise sind auch in Linz gestiegen. Auf dem Eigentumswohnungsmarkt kostet ein Quadratmeter rund EUR 5.400, die Mietpreise liegen durchschnittlich zwischen EUR 8,50 und EUR 14,00 pro Quadratmeter.
Immer mehr Bedeutung für ESG
Repricing-Prozess, Energiekosten, Kreditvergabekriterien, steigendes Zinsniveau - der Wohnungsmarkt in Österreich steht aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen vor zahlreichen Herausforderungen. Als Reaktion auf die gestiegenen bzw. steigenden Energiekosten und das steigende Bewusstsein für Energieeffizienz rücken Immobilien, die den aktuellen ESG-Kriterien entsprechen und zertifiziert sind, immer mehr in den Fokus von Investoren, aber auch von Eigentümern und Mietern.
„Investitionen in Energieeffizienz boomen derzeit. Das liegt zum einen am wachsenden Bewusstsein, zum anderen an der für 2020 beschlossenen EU-Taxonomie, die die Nachfrage nach Bewertungen von Bestandsimmobilien rapide ansteigen lässt“, sagt Michael Csiszar, Head of ESG bei CBRE. Mit der Veröffentlichung der EU Guidelines zur Sozialtaxonomie im ersten Halbjahr 2023 erwarten die Experten eine weitere Entwicklung in diesem Bereich.
Attraktivität für Investoren bleibt
Die Investitionen in Wohnimmobilien in Österreich erreichten im Jahr 2022 erneut ein Rekordvolumen: Rund EUR 1,6 Mrd. flossen in den österreichischen Wohnungsmarkt, so viel wie in keine andere Assetklasse. Trotz der veränderten Rahmenbedingungen bleibt der Wohnungsmarkt für Investoren attraktiv und wird auch 2023 - neben Logistik und Office - zu den gefragtesten Assetklassen in Österreich und Europa zählen.
Nach jahrelangem Rückgang steigen die Renditen seit 2022 wieder und liegen aktuell bzw. Ende 2022 am Wohnungsmarkt bei 3,45%. Für die kommenden Monate wird ein weiterer Anstieg erwartet. Im Laufe des Jahres 2024 dürfte dieser Anstieg jedoch wieder gebremst werden, so die Experten von CBRE.