Immobilien : Mixed-Use-Gebäude bieten mehr als Wohnungen
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Man soll die Feste feiern, wie sie fallen. Und eines fiel auf den 19. April 2023. Denn an diesem Tag zelebrierte die Real-Treuhand Immobilien in Wien-Meidling das Richtfest ihres Mixed-Use-Projekts Vio Plaza. 166 freifinanzierte Mietwohnungen, 10.000 m2 Geschäftsflächen, 22.000 m2 Büroflächen sowie ein Hotel und ein Fitnesscenter nehmen zwischen der Rechten Wienzeile und der Schönbrunner Schloßstraße Gestalt an.
Die Fertigstellung erfolgt in drei Phasen, beginnend mit jener des Shopping-Bereichs im November 2023. Laut Andreas Harich, Geschäftsführung der Vio Plaza GmbH & Co KG, wird die Liegenschaft den Bezirk aufwerten (siehe Interview).
Fakt ist, dass sich gemischt genutzte Gebäude, wie das Vio Plaza eines bildet, mittlerweile zu einer eigenen Assetklasse auf dem österreichischen Immobilienmarkt entwickelt haben.
Nutzungsmischung bei Immobilien
Gerd Pichler, Leiter der Projektentwicklung bei der ARE Austrian Real Estate, erklärt: „Bis 2050 werden mehr als zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten wohnen. Auch in Österreich steigt der Urbanisierungsgrad stetig und liegt aktuell bei knapp unter sechzig Prozent. Stadtentwicklung und damit das Schaffen von Lebens- und Arbeitsräumen im urbanen Raum hat einen zentralen Einfluss auf das Leben unserer sowie künftiger Generationen. Die Nutzungsmischung stellt hier einen zentralen Baustein für eine nachhaltige Entwicklung dar und ist damit mehr im Trend denn je.“ Darauf haben Gebäude und deren Verbund im Quartier zu reagieren.
Die Nutzungsmischung bedingt dabei in der Planung größtmögliche Offenheit mit flexiblen Raumstrukturen. Ein baufeldübergreifender, koordinierter Mix bringt laut Pichler Frequenz, verringert aufgrund des fußläufigen Radius den Individualverkehr und fördert die Entwicklung eines lebendigen Stadtteils. Hier spielen primär die Sockelzonen und damit die Nutzungen im Erdgeschoß als Impulsgeber eine entscheidende Rolle. Über den Tagesverlauf sollen unterschiedliche Adressaten angesprochen werden.
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„Ein baufeldübergreifender, koordinierter Nutzungsmix bringt Frequenz, verringert den Individualverkehr und fördert die Entwicklung eines lebendigen Stadtteils.“
Gerd Pichler, Leiter Projektentwicklung bei der ARE
Von den Docks zum Quartier Starhemberg
Die ARE selbst feierte kürzlich die Grundsteinlegung der gemischt genutzten Docks im Village im Dritten in Wien. Gerd Pichler berichtet: „Der finale Mix steht mit Ausnahme des Nahversorgers noch nicht fest. Geplant ist die Ansiedelung von Gewerbe, Büro- beziehungsweise Co-Working-Flächen bis hin zu Freizeit- oder Kultureinrichtungen sowie einem Fitnesscenter oder Ateliers. Aktuell laufen aber auch Gespräche mit Bildungseinrichtungen. Es stehen flexible Flächen ab achtzig Quadratmetern zur Verfügung.“ Punkto Projektfinanzierung betont Pichler, dass die Ansprüche der Banken massiv nahmen. Vor allem bei gewerblichen Nutzungen werden zudem hohe Anforderungen sowohl hinsichtlich der Vorverwertung als auch des Eigenmittelanteils gestellt. Im Fall der Docks werde die geplante Betreibergesellschaft von Seiten der Banken positiv gesehen.
Auch im vierten Wiener Gemeindebezirk wird auf Mixed-Use gesetzt. Denn die WI Bauträger GmbH saniert in der Oberen Wieden fünf Bestandsgebäude von Grund auf und richtet sie auf eine gemischte Nutzung aus. Besagtes Projekt mit den Namen Quartier Starhemberg beherbergt neben 75 Wohnungen Raum für Büros, Gewerbeflächen und Ordinationen. Nach dem Vorverkaufsstart der ersten Einheiten Ende letzten Jahres gelangten kürzlich 25 weitere Wohnungen unter den Hammer. Das Angebot umfasst City-Apartments, Altbauwohnungen mit Terrasse oder Balkon sowie Penthäuser mit Pooloption.
Mehr Chance als Risiko
Mittlerweile gilt Mixed-Use als städtebauliche Blaupause bei Investoren, Planern und Nachfragern bei zukünftigen Immobilienentwicklungen gilt. Ein neues Denken – fokussiert um die Bereiche Mobilität, Verdichtung, Konnektivität sowie urbane Identität – ist mehr Chance als Risiko und gehört ergriffen.
Im laufenden Betrieb ist es freilich wichtig sein, die unterschiedlichen Nutzer eines Mixed-Use-Gebäudes bestmöglich zu servicieren „Soweit dies in unserem Einflussbereich liegt, werden wir für ein Umfeld sorgen, in dem sich unsere Mieter bestmöglich auf ihren Tätigkeitsbereich konzentrieren können. Ziel einer nachhaltigen Immobilienbewirtschaftung ist es, die Kunden langfristig zu halten“, unterstreicht Pichler abschließend mit Bezug auf die Docks.
Interview: „Kurze Wege liegen im Trend“
Mixed-Use-Objekte reduzieren darüber hinaus das Risiko für den Bauherrn, berichtet Andreas Harich, Geschäftsführung der Vio Plaza GmbH & Co KG.
SOLID: Inwiefern liegen Mixed-Use-Gebäude in Österreich anno 2023 im Trend?
Andreas Harich: Ein bunter Mix bietet zahlreiche Möglichkeiten beziehungsweise reduziert das Risiko für den Bauherrn. Durch die Veränderungen am Arbeitsmarkt sowie die steigenden Kosten liegen kurze Wege (ohne Auto), gute Verkehrsanbindungen und alles unter einem Dach vereint zu haben, sehr im Trend. Im Fall von Vio Plaza werden die Anforderungen Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Fitness und Hotel perfekt umgesetzt.
SOLID: Was waren die Gründe für den in der jetzigen Form vorliegenden Nutzungsmix von Vio Plaza?
Harich: Durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen, Widmungen etwa Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Einkaufszentrum, ist die Nutzung definiert. Im konkreten Fall werden dringend benötigte Mietwohnungen geschaffen, Unternehmen werden angesiedelt und es gibt durch das Hotel eine touristische Nutzung. Dieser Mix bietet eine enorme Aufwertung für den Bezirk.
SOLID: Welche Herausforderungen ergaben sich bei der Entwicklung beziehungsweise Finanzierung sowie beim Bau von Vio Plaza?
Harich: Die eigentliche Projektentwicklung begann bereits 2003 mit dem Architektenwettbewerb. 2016 wurde das Projekt eingereicht. Zahlreichen Anrainerbeschwerden und Einsprüche zogen das Projekt in die Länge, bis schlussendlich 2019 der Verwaltungsgerichtshof als oberste Instanz die Baubewilligung rechtskräftig bestätigte. Der Baustart erfolgte im Jänner 2020. Kurz darauf kamen die Covid-19-Pandemie und der Ukraine-Krieg. Neben diesen Unsicherheiten, der Rohstoffknappheit und den längeren Lieferzeiten hatte dies zur Folge, dass sich die Bauzeit, die Baukosten sowie die Finanzierungskosten veränderten.
SOLID: Worauf muss bei Betrieb und Verwaltung besonderes Augenmerk gelegt werden?
Harich: Es wird zwei voneinander getrennte Verwaltungen geben: für den Wohnbereich und für den gewerblichen Bereich. Die größte Herausforderung in der Verwaltung wird die richtige Zuordnung der angefallenen Betriebskosten zu den genutzten Mieteinheiten sein. Die geordnete Abwicklung und Koordinierung der einzelnen Anlieferungen wird eine sehr wichtige Rolle für den Betrieb sein. Kosten, die nicht auf alle aufgeteilt werden, können sein: Entleerung des Fettabscheiders (für Gastronomie), Wartung der Glaslifte in der Mall (nur Retailbereich), Trennung von Büroflächen im Turm von jenen im Sockelgebäude, etc.
SOLID: Bitte erklären Sie kurz, wie bei Vio Plaza das Abwasser des Wiental-Kanals zum Heizen und Kühlen genutzt wird.
Harich: In den Rechten Wiental-Sammelkanal wurden in zwei Kammern redundante Wärmetauscher eingebaut. Die Energie entsteht durch den Temperaturunterschied zwischen dem Kanal und der Außenluft. Im Winter ist es durch das Abwasser wärmer als draußen, im Sommer ist es im Kanal kühler. Durch die entstandene Energie können im Sommer 100 Prozent des Kühlbedarfs und im Winter circa 30 Prozent des Wärmebedarfs gedeckt werden.