Bautechpreis 2023 : Die besten Projekte und Technologien österreichischer Bauunternehmen

Brücke bei der AUTOPISTA AL MAR, Kolumbien
© Strabag SE

Solid Bautechpreis - eine Institution, die sich immer neu erfindet

Alle zwei Jahre vergibt unser Medium "Solid - Wirtschaft und Technik am Bau" Hauptpreise und Anerkennungen für technisch anspruchsvolle und innovative Projekte österreichischer Firmen aus der Baubranche im In- und Ausland.

Prämiert werden dabei Projekte sowohl im Hochbau als auch im Tiefbau, aber auch technische Besonderheiten, die die klassischen Schemata sprengen.

Während die Preiskategorien "International" und "National" durch die Jahre hindurch gleich geblieben sind, verändern sich die anderen Kategorien immer wieder je nach Themenlage in der Bauwirtschaft.

2023 sind es neben "International" und "National" die Kategorien "KMU" (wobei wir als Definitonskriterium einen Umsatz von unter 100 Millionen Euro im Jahr angesetzt haben - siehe auch unser Ranking Die Top 150 Baufirmen Österreichs, gereiht nach Umsatz und Mitarbeiterzahl mit allen Eigentusverhältnissen und Beteiligungen) und "Innovation".

Die Preisvergabe erfolgt dabei durch eine neutrale Fachjury, deren Zusammensetzung sich über die Jahre wenig, aber doch geändert hat. Vorsitzender der Jury 2023 ist der anerkannte Ziviltechniker DI Peter Spreitzer (acht engineering).

Die Mitglieder der Fachjury

  • Peter Spreitzer, Acht Engineering ZT (Vorsitz)
  • Andreas Fromm, Geschäftsführer Asfinag Bau Management
  • Robert Schedler, Geschäftsführender Gesellschafter FCP
  • Steffen Robbi, Geschäfstführer Digital Findet Stadt
  • Paul Kubeczko, Technischer Geschäftsführer VÖB
  • Alexander Specht, Geschäftsführer Pro Projekt
  • Thomas Dorner, Geschäftsführer Intrinsicon
WEKA/Heschl
Der Juryvorsitzende Peter Spreitzer bei einem Vortrag bei der SOLID BIM Konferenz 2021. - © WEKA/Heschl

Highlights früherer Jahre

Bautechpreis 2021 (virtuelle Preisverleihung aufgrund von Covid 19): Solid Bautechpreis 2021: das sind die Preisträger!

Bautechpreis 2019: SOLID Bautechpreis 2019 - das sind die Projekte der Preisträger!

Bautechpreis 2017: Top-Stimmung bei SOLID Frühjahrsgala mit Bautechpreis

Bautechpreis 2015: Die Besten der Besten beim Bautech-Preis Austria 2015

Bautechpreis 2013: Bautechpreis 2013: Die spektakuläre Preisverleihung

(Das Archiv von solidbau.at reicht hier nur bis ins Jahr 2013 zurück, davor gab es bereits einige Austragungen des Bautechpreises.)

Hauptpreis 2023 International: Strabag | Concesión Autopista al Mar1 | Medellín, Antioquia, Kolumbien

Das PPP-Straßenbauprojekt Autopista al Mar1 umfasst Planung, Finanzierung, Bau, Betrieb & Erhaltung der Verbindung des westlichen Teils des Departamento Antioquia mit der zweitgrößten Stadt Kolumbiens.

Die Besonderheiten des Projekts Mar1 resultieren vor allem aus dem Projektumfang als PPP-Projekt, das zusätzlich zum Neubau auch viel Bauen im Bestand beinhaltet, außerdem die Beschaffung der Umweltlizenzen sowie Grundstückskauf und darüber hinaus weit mehr Leistungen als ein typisches PPP-Projekt in Europa. Zum anderen führt die Länge der Konzessionsstrecke von 181 km in Kombination mit der extremen Hochgebirgstopografie des Andengebirges (Gefälle von fast 1.500 Höhenmetern) zu vielfältigen technischen Herausforderungen, die bei diesem auf insgesamt 25 Jahre (davon sieben für Planung und Bau sowie 18 für den Betrieb) angelegten Projekt zu meistern waren.

4,6 km Tunnelneubau wurden unter Einsatz der Neuen Österreichischen Tunnelbaumethode in 100 Wochen, trotz Schwierigkeiten durch die Corona-Pandemie geschafft, im Zuge dessen wurde auch der Bestandstunnel modernisiert. Die schwierige Topografie machte zudem den Bau von 49 neuen und die Sanierung von 25 Brückenbauwerken notwendig. Fünf der neuen Brücken entstanden in Freivorbauweise, die längste mit einer Länge von 426 m und einer Hauptspannweite von 170 m. Die restlichen 44 Brücken wurden in Betonfertigteilbauweise erstellt. Was sich nicht spektakulär anhört, bringt im Gebirge jedoch große Schwierigkeiten mit sich. Zu bedenken waren etwa der Zustand der Bestandsstrecke, die für den Transport der Träger unabdingbar war und große Längs- und Querneigungen und kleine Radien aufweist.

Dazu kamen 53 Stützwände von über 20 m Höhe, insgesamt 3.705 m Länge und 30.000 m² Ansichtsfläche, Sonderbauwerke, eine eigene Materialbeschaffung und -herstellung oder der Einsatz von bis zu 270 Geräten und 3.500 Personen aus 16 Nationalitäten gleichzeitig.

AUTOPISTA AL MAR, Strabag, Kolumbien
Unter anderem führt die schiere Länge der Konzessionsstrecke von 181 km in Kombination mit der extremen Hochgebirgstopografie des Andengebirges (Gefälle von fast 1.500 Höhenmetern) zu vielfältigen technischen Herausforderungen. - © Strabag SE

Anerkennung 2023 International: MCE | Brücke „Sprung über die Emscher“ | Castrop Rauxel, Deutschland

Die Fuß- und Radwegbrücke im Emscherland ist ein architektonisches Highlight mit einzigartiger Optik. Sie wurde von der Habau-Tochter MCE in einer ARGE mit der deutschen Firma Echterhoff gefertigt.

Die auffällige Brückenkonstruktion über sieben Felder besitzt einen Überbauquerschnitt, der als dicht geschweißter Hohlkasten ausgebildet ist. Die primären Tragglieder (Hauptträger) sind um 25° zur Vertikalen geneigte Hohlästen. Diese Hauptträger folgen der statischen Beanspruchungen und sind dementsprechend in der Höhe durchgehend veränderlich.

Zwischen diesen Kastenkonstruktionen wird eine Nutzebene für den Geh- und Radverkehr mit einer Nutzbreite von 2,50m gespannt. Die beiden Hauptfelder werden durch einen schräg stehenden 11 m hohen Pylon und vorgespannten Zügeln gehalten. An dem Brückenbauwerk sind zwei sehr imposante Treppenanlage angeschlossen, die den Zugang zu dem angrenzenden und neu entstandenen Naherholungsgebiet der Region ermöglichen. Das Brückenbauwerk selbst stellt sowohl aus gestalterischer als auch aus bautechnischer Sicht eine große Herausforderung dar.

Die Gesamtlänge der Brücke beträgt 412 m. Die nutzbare Breite der Geh- und Radwegfläche ist 2,50 m. Das Gewicht der Stahlkonstruktion ist 900 t.

Höhepunkt der Montagearbeiten war das millimetergenaue Einschwimmen des 70 m langen und 105 t schweren Brückenteils über den Rhein-Herne-Kanal.

Die von MCE errichtete Fußgänger- und Radfahrerbrücke "Sprung über die Emscher"
Die auffällige Brückenkonstruktion über sieben Felder besitzt einen Überbauquerschnitt, der als dicht geschweißter Hohlkasten ausgebildet ist. - © MCE

Hauptpreis 2023 National: Porr | Wien Museum

Die einzigartige Bauweise für den über dem Bestandsgebäude „schwebenden“ Neubau im historischen Ensemble erforderte viel handwerkliches Können und technisches Know-how.

Neben einer Flächenerweiterung im Untergeschoß unter dem zukünftigen Vorplatz wurden zwei neue Obergeschoße errichtet und die Bruttogeschoßfläche von 10.000 m2 auf 15.000 m2 erweitert. Das bestehende Gebäude hätte das Gewicht von zwei zusätzlichen Geschoßen nicht aufnehmen können. Die zwei Stockwerke des Neubaus wurden daher auf einem Sockel im Innenhof des Bestandsgebäudes errichtet. Dazu wurden 42 Großbohrpfähle im Boden versenkt. Für eine derartige Aufgabe werden Großgeräte wie das Bohrgerät BG40 mit 90 t Eigengewicht benötigt. Das BG40 wurde durch das bestehende Kellergeschoß des Gebäudes in den Innenhof gefahren, wofür mehrere Öffnungen in den Wänden geschaffen werden mussten.

Der oberste Stock des Neubaus besteht aus einem bis zu 25 m frei auskragenden Stahlbau, der über dem verglasten „Fugengeschoß“ angebracht ist und daher zu schweben scheint. Besonders sind daran die Dimensionen dieses Stahlbaus: Es handelt sich hier um eine rund 1.130 t Stahlkonstruktion mit Stahlbetonverbunddecken und Vollfertigteilen in Sichtbetonqualität.

Eine weitere Herausforderung war das hängende Stiegenhaus aus Sichtbeton im Inneren des Gebäudes, das den Neubau über dem Bestand erschließt. Es hängt von der obersten Decke des Gebäudes drei Geschoße nach unten.

Die Baustelle des Wien Museums der Porr
Der oberste Stock des Neubaus besteht aus einem bis zu 25 m frei auskragenden Stahlbau, der über dem verglasten „Fugengeschoß“ angebracht ist und daher zu schweben scheint. - © Porr AG

Anerkennung 2023 National: Wilhelm+Mayer Bau | Neubau Rappenlochbrücke Dornbirn

Mit dem Neubau der Rappenlochbrücke entsteht nicht nur ein einzigartiges Bauwerk, sondern eine „betonierte Skulptur“, welche die „Brückentrilogie“ im Ebnit-Tal erweitert.

Basierend auf dem V-förmigen Ausgangsquerschnitt soll das Spannbetontragwerk, einer Bogenbrücke angelehnt, die Rappenlochschlucht überspannen und die Felsflanken der Einhänge verbinden. Die Formgebung ist an eine Bogenbrücke angelehnt. Die Auflagerbank ist direkt auf Fels gegründet. Die Widerlager sind als Kastenwiderlager mit schräger Frontscheibe ausgebildet. Daueranker gewährleisten die Rückverankerung im Fels.

Das Spannbetontragwerk überspannt die Schlucht und verbindet die Felsflanken der Einhänge. Aufgrund der örtlichen und architektonischen Anforderungen ist dieses Tragwerk keineswegs alltäglich. Der V-förmige Querschnitt verjüngt sich zu einem Trapez. Die horizontale Stützweite umfasst 62,60m. Die 5m-breite Fahrbahn sowie die Brüstung werden in Beton ausgeführt. Die Fahrbahn unterliegt einer konstanten Steigung von 10,5%.

Weil nur der Aufbau eines Standardturmdrehkrans möglich war, forderte es den Einbau eines möglichst filigranen Lehrgerüstes. Durch die Geometrie der Brücke ergaben sich anspruchsvolle Lastableitungen von der Schalung ins Lehrgerüst, welches die Felsschlucht frei ohne Stütze überspannte.

Baustelle der Rappenlochbrücke bei Dornbirn der Firma Wilhelm+Mayer
Durch die Geometrie der Brücke ergaben sich anspruchsvolle Lastableitungen von der Schalung ins Lehrgerüst, welches die Felsschlucht frei ohne Stütze überspannte. - © Wilhelm+Mayer

Hauptpreis 2023 KMU: Heinrichbau | Austrian House

Beim Austrian House handelt es sich um ein Einfamilienhaus mit einer sehr anspruchsvollen Architektur – im modernistischen Stil – von Architekt Rem Koolhaas.

Das Gebäude mit einer Nutzungsfläche von ca. 300m2 wurde in einer steilen Hanglage in ein sehr schmales/längliches Grundstück (ca. 12m x 37m) eingebettet.

An der schmalsten Stelle ist es nur ca. 4m breit bei einer maximalen Länge von ca. 33m und einer maximalen Höhe von ca. 16m. Von den gesamt ca. 1800m3 umbauten Raum ragen nur ca. 600m3 aus dem Erdreich heraus.

Die besondere Herausforderung bei diesem Betonbau war neben den sehr beengten Platzverhältnissen und der anspruchsvollen Formgebung seitens des Architekten die Sichtbetonanforderung an das komplette Gebäude. So mussten sowohl die Innenwände / Zwischendecken / Dachschrägen / Pfeiler als auch die Vorsatzschale (VSS) und der Balkon in weissem Ortbeton mit höchsten Anforderungen hergestellt werden.

Das Asutrian Haouse nach der Architektur von Rem Koolhaas während der Bauphase
Das Gebäude mit einer Nutzungsfläche von ca. 300m2 wurde in einer steilen Hanglage in ein sehr schmales/längliches Grundstück (ca. 12m x 37m) eingebettet. - © Heinrichbau

Anerkennung 2023 KMU: Riederbau | Riederbau Holzbausystem

Ziel war die Schaffung eines für die industrielle Fertigung geeigneten Hybridbausystem (Holz/Beton)in Kombination mit einem durchgängigen Planungssystem, das die Vorteile einer höchstmöglichen Vorfertigung mit einem Maximum an Individualität vereint.

Massivholzbauten sind bereits im Modulbau weit verbreitet. Fachleute warnen schon jetzt vor einem zu hohen Holzverbrauch, wenn die Nachfrage weiter steigt. Im Sinne der Nachhaltigkeit denkt die Riederbau-Gruppe mit der Entwicklung der Hybridbauweise nicht nur an morgen, sondern bereits an übermorgen! Bei dieser Mischform werden weniger Ressourcen verbraucht, wobei der Skelettbau aus Stahlbeton und die restlichen Teile im Holzrahmenbau errichtet werden.

Gegenständliches Projekt verfolgte somit mehrere Innovationsziele: Entwicklung eines durchgängigen Verfahrens (Verfahrensinnovation), Entwicklung neuer bautechnischer Schnittstellen zwischen Holz/Beton und das Zusammenführen der Entwicklungsergebnisse in einem neuen Produktkatalog, Entwicklung der notwendigen Software.

Das durchgängige Verfahren beginnt bei der Entwurfsplanung (digitales Gebäudemodell), welche eine maximale Individualität in der Gestaltung zulässt, geht über standardisierte, bautechnische Schnittstellen (Berührungspunkte Holz/Beton) - als Produktkatalog definiert, hin zu einer automatischen Überleitung der Planungsdaten in den Fertigungsprozess.

Das Riederbau Holzystem funktioniert auf Hybridbasis mit Holz-Beton
Bei dieser Mischform werden weniger Ressourcen verbraucht, wobei der Skelettbau aus Stahlbeton und die restlichen Teile im Holzrahmenbau errichtet werden. - © Riederbau

Hauptpreis 2023 Innovation: Tomaselli Gabriel, Sodex | 4Dvision - Baustellencontrolling

Das SDX-4D Vision-System automatisiert seit März 2022 die Vermessung auf Baustellen und erstellt einen digitalen Zwilling des gesamten Arbeitsbereichs.

Aufgebaut auf Bagger und anderen Baumaschinen vermisst das Sodex System mit Kamera und Laserscan-Technologie kontinuierlich das Gelände. Die Baumaschine ist somit während dem Arbeiten auch ein Vermessungsgerät, welches zu jedem gewünschten Zeitpunkt 3DModelle mit Bildern des Geländes ausgeben kann.

Jedem gescannten Punkt können individuelle Parameter wie Materialklasse oder Bauphase hinterlegt werden. Als Resultat wird in Echtzeit ein Leistungsverzeichnis erstellt mit den bewegten Mengen pro Material. Automatische Bilder der Baustelle, aufgenommen von dem SDX-4DVision, runden die Dokumentation perfekt ab und geben den Vermessern und Kunden ausgiebigen Einblick in das Baugeschehen.

Die gemeinsame Weiterentwicklung findet auf den Baustellen der Tomaselli Gabriel BauGmbH statt. Auf ausgewählten Baggern werden die Sodex Produkte eingesetzt. Mit den gewonnenen Erkenntnissen, wird das Produkt durch Sodex ständig optimiert.

Das Sodex 4-D-Vision Gerät im Einsatz bei Tomaselli Gabriel
Die Baumaschine ist während der Arbeit auch ein Vermessungsgerät, welches zu jedem gewünschten Zeitpunkt 3DModelle mit Bildern des Geländes ausgeben kann. - © SDX

Anerkennung 2023 Innovation: MABA Fertigteilindustrie | Tunneltür mit Betonkern

Die innovativen Tunneldoppelflügeltüren mit Betonkern werden im Juni/Juli 2023 installiert. Die Fertigstellung des Gesamtprojektes ist für Dezember 2023 geplant.

Im Great Belt Tunnel (Slagelse - Nyborg) werden 60 Tunneldoppelflügeltüren mit Betonkern verbaut. Die Türblätter mit Betonkern wurden von der Biprotec GmbH und der MABA Fertigteilindustrie GmbH (eine Tochter der Kirchdorfer Concrete Solutions) gemeinsam entwickelt. Sie werden bei der MABA produziert und von der Ludwig Elkuch AG zu einer komplexen Tunneltür mit Zarge komplettiert. Um die Tür im Tunnel versetzten zu können, wurde eigens eine Apparatur von der Biprotec GmbH entwickelt.

Ein Betonkern in der Tunneltür verringert die Verformung im Brandfall und erhöht die Ermüdungsfestigkeit – die Dauerhaftigkeit bei Wechselbeanspruchung von Druck und Sog.

Bisherige Versuche belegen eine Feuerwiderstandsklassifizierung von EI2120. Dieser Wert bestätigt, dass der Raumabschluss (E) und die Wärmedämmung (I) bei 1050°C und einer Verweildauer von 120 Min. immer noch erfüllt sind.

Bei der Entwicklung wurde auch auf das GWP, Global Warming Potential, geachtet. Der PCF, Product Carbon Footprint, der Betontür liegt deutlich unter dem PCF einer Stahltür.

Doppelflügeltüren mit Betonkern im Brandversuch bei IBS Linz
Die innovativen Türen beim Brandversuch. - © Kirchdorfer