Baugeräte : Baumaschinen: Markt in Veränderung
Alternative Antriebe für CO2-freie Baustelle
Wenn ein großes, schweres Baugerät gestartet wird, dann kann das mitunter recht laut sein und beim Auspuff hinausrauchen. Die Bestrebungen nach der CO2-freien Baustelle lassen die Versuche mit alternativen Antrieben neben Elektro auf Hochtouren laufen – manche von ihnen noch in den Kinderschuhen, andere schon knapp vor Marktreife. Die große Herausforderung wird die Logistik der Energieversorgung auf der Baustelle sein. Und klarer Bekenntnisse seitens der Politik bedarf es auch.
Die CO2-freie Baustelle ist nach der papierlosen Baustelle der nächste Step, den es im Sinne der Nachhaltigkeit zu verwirklichen gilt. Beides betrifft auch die Baulogistik und damit den Baumaschinen-Einsatz: „CO2-Neutralität beschäftigt uns sowohl in der Baulogistik als auch in der Baumaschinen- und Gerätevermietung jeden Tag aufs Neue“, hebt Dominik Müller, Geschäftsführer von Zeppelin Rental Österreich, hervor.
Gerhard Wohlmuth, Leitung Maschinentechnischer Bereich bei Habau, weiß, dass vieles bei den Baumaschinen noch nicht serienreif und wenn dann nur als Prototyp verfügbar ist: „Es heißt zwar, dass alles in Richtung CO2-freie Baustelle und Elektromobilität gemacht wird. Die Wahrheit und die Wirklichkeit schauen wahrscheinlich aufgrund der Verfügbarkeit noch ein bisschen anders aus.“
Hohe Kosten bei Alternativen Treibstoffen
Ein großes Thema sind hier die Kosten: Ein wirtschaftlicher Betrieb sei, auch mit Fördermitteln, derzeit noch nicht möglich, ist Fritz Preiser, Leiter Maschinenverwaltung Leyrer + Graf, überzeugt. Für die Disposition kommt es beim Transport und vor allem im Betrieb, aufgrund von gesetzlichen Auflagen, zu nicht unerheblichen Mehraufwendungen und somit auch zu erhöhten Kosten.
Wenn die großen und öffentlichen Auftraggeber das in die Bestbieter-Kriterien aufnehmen, ändert sich die Situation möglicherweise schnell. Dominik Müller dazu: „Bei Ausschreibungen ist genau darauf zu achten, dass CO2-neutrale Geräte und Maschinen mit mehr Punkten in der Bewertung eine Relevanz bekommen.“ Für ihn stellt sich die Frage, wann auch von staatlicher Seite ein Go komme beziehungsweise eine Bestrafung oder Belobigung der Firmen, die auf diese CO2-neutralen Maschinen setzen. Fakt ist: Ein Elektrobagger kostet heute mindestens 1,5-fach so viel wie ein gleiches Gerät mit Dieseltechnologie. Je schwerer die Maschine ist, desto teurer wird sie. „Dann reden wir vom Zweifachen oder mehr, was diese Maschine in der Neuinvestition kostet“, so Müller.
Antriebe ohne fossile Treibstoffe
Bei der Strabag geht man proaktiv auf die Partner zu und testet neue Geräte, die ohne fossile Treibstoffe auskommen. Technologische Fortschritte seien bei den kleineren Baugeräten zu sehen. Bei den großen Geräten, also über acht Tonnen und mit kleiner Stückzahl in der Produktion, sei aus Strabag-Sicht noch keine Serienreife bei Alternativ-Antrieben gegeben.
Christian Sorko, Leiter Maschinentechnische Abteilung, sieht den Umstieg auf erneuerbare Energien als wichtiges Thema für Swietelsky: „Gerade bei kleineren Baugeräten ist der E-Antrieb am Vormarsch, und wir stufen dies mit dementsprechend hohem Potenzial ein. Wasserstoff wird sich nach unserer Einschätzung für Großmaschinen – sowohl für E-Antriebe als auch Verbrenner – eine Nische sichern: etwa für exponierte Baustellen oder Notstromaggregate. Wir befinden uns hier sicherlich in der Anfangsphase und sind grundsätzlich offen für neue Technologien.“
Sehr spannend ist das Portfolio an alternativen Antrieben bei Komatsu aus der Kuhn-Gruppe, wie Stefan Kuhn berichtet: „Bei Komatsu sind alle Antriebe, die CO2-Reduktion erreichen, in Entwicklung – Batterie-elektrisch, Brennstoffzelle oder Trolleysystem. Bereits heute werden Baumaschinen vom Werk aus mit HVO-Treibstoff, welcher aus Abfällen der Tierzerlegung oder alten Speisefetten hergestellt wird, betankt.“
Die Verbrennungsmotoren der Komatsu-Maschinen können ohne technische Anpassungen mit HVO betrieben werden. Die Umstellung auf diesen erneuerbaren, paraffinischen Kraftstoff als nachhaltige Alternative zu herkömmlichem Dieselkraftstoff ist ein wichtiger Schritt, den Komatsu zur Verringerung seiner Umweltauswirkungen unternimmt. HVO wird aus erneuerbaren Rohstoffen wie Speiseöl und fetthaltigen, tierischen Abfallprodukten hergestellt. Es ist ein einfacher Ersatz für fossilen Diesel, jedoch mit hoher Cetanzahl, ohne Sauerstoff und ohne Aromaten. HVO kann die Treibhausgasemissionen der Komatsu-Maschinen um bis zu 90 % senken, wenn sie mit Neste MY Renewable Diesel (= HVO 100) betankt werden.
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„Gerade bei kleineren Baugeräten sehen wir den E-Antrieb am Vormarsch und stufen dies mit dementsprechend hohem Potenzial ein.“
Christian Sorko, Leiter Maschinentechnische Abteilung Swietelsky
Energieversorgung auf der Baustelle
„Grundsätzlich kann jedoch festgestellt werden, dass, welche Form auch immer sich durchsetzen wird, die große Herausforderung die Logistik der Energieversorgung auf der Baustelle sein wird“, glaubt Preiser von Leyrer + Graf.
Gemeinsam mit der Wien Energie setzte die Strabag ein Windpark-Projekt um, bei dem ein E-Bagger direkt an einem Windrad geladen wurde. In Kürze startet ein weiterer Pilotversuch mit Geräten, die mit Wasserstoff betrieben sind.
Dominik Müller von Zeppelin Rental kennt diese täglichen Herausforderungen: „Im innerstädtischen Bereich haben wir die Vorteile, dass ganz oft Trafo-Stationen der umliegenden Gebäude genutzt werden können, weil Kapazitäten zur Verfügung stehen.“
Mit neuen Antriebstechnologien wird das Thema Elektromobilität und Elektroversorgung für Großbaustellen wesentlich wichtiger werden – und dann wird möglicherweise die Energieversorgung an ihre Grenzen stoßen. Müller und sein Team entwickeln derzeit eine Gesamtlösung für die Baustelle: „Wir wollen eine temporäre Energieversorgungsquelle auf die Baustelle genau für den Zeitpunkt bringen, wenn die Energie benötigt wird“, so Müller.
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„Die große Herausforderung wird die Logistik der Energieversorgung auf der Baustelle sein.“
Fritz Preiser, Leiter Maschinenverwaltung Leyrer + Graf
Vom Baggerfahrer zur IT-Fachkraft
Neue Lösungen und Möglichkeiten eröffnen sich auch durch die Digitalisierung von Maschinenparks. So wird auch bei der Porr darin großes Potenzial gesehen: „Es werden immer mehr Daten generiert, mit denen wir für effizientere und schnellere Abläufe sorgen können. So zum Beispiel werden Walzen und die von ihnen bereits befahrenen Strecken auf einer eigenen Vernetzungsplattform mithilfe von GPS-Systemen koordiniert“, heißt es. Ein weiteres Beispiel ist die Maschinensteuerung, die bereits in mehr als 90 % der relevanten Geräte wie Bagger, Planierraupen u. Ä. eingebaut wurde. Damit werden aufbereitete Plandaten direkt in die Maschine überspielt und über Satellitenverbindung die Arbeitsbereiche exakt eingehalten.
Dank der Datenlage kann die bisher in der Baubranche übliche Winterreparatur bzw. Servicearbeiten auf einen Ganzjahreswartungs- und Servicebetrieb umgestellt werden. Dies deshalb, da über die Telematik täglich die Betriebsstunden der eingesetzten Maschinen ausgelesen werden. Das spart Zeit, Kosten und Manpower: Denn in der klassischen Winterreparatur benötigt man wesentlich mehr Personal und es wurden Verschleißteile getauscht, die noch nicht so stark abgenutzt waren.
Doch dem nicht genug: Im Rahmen eines Forschungsprojekts testete die Porr einen „intelligenten“ Kranhaken, der Baumaterialien selbstständig erkennen und orten kann. Man geht sogar so weit, dass man – überspitzt formuliert – sagen möchte: Das Jobprofil des Baggerfahrers wird sich in Zukunft zunehmend Richtung IT-Fachkraft wandeln!
Manpower auf der Baustelle einsparen
Beim Bau am Nordbahnhofareal bemerkte man auch bei Zepelin Rental die Chancen der Digitalisierung: „Manpower kann eingespart werden, wenn man eine Online-Avisierung in eine Schranke implementiert, tatsächlich intelligente Fragen stellt und einen Input in ein System gibt, um Echtzeitdaten zu sammeln“, schildert Dominik Müller.
Heute ist man so weit, dass Pilotprojekte mit einer digitalen, intelligenten Vorstaufläche gestartet werden. Ganz einfach, weil man davon überzeugt ist, dadurch CO2 reduzieren zu können, wenn unnötige Warteschleifen durch LKWs im innerstädtischen Bereich vermieden werden und diese Just-in-Time auf die Baustelle schickt, wenn sie einen Abfertigungs-Slot haben.
Kauf versus Miete
Wem gehören denn nun all diese Baugeräte, sei es mit klassischem, fossilem Antrieb, sei es mit Alternativen? In Pandemiezeiten wurden die Fuhr- und Geräteparks ordentlich aufgerüstet, dennoch wird weiter gemietet. Bei Leyrer + Graf werden sowohl Geräte angekauft als auch gemietet. „Weil die Lieferzeiten nach wie vor weit über jenen von vor ein paar Jahren sind, bedarf es einer entsprechenden Vorausplanung von mindestens zwei Jahren. Dadurch kann eine Versorgungssicherheit gewährleistet werden“, erklärt Fritz Preiser, Leiter Maschinenverwaltung Leyrer + Graf. Aufgrund der Marktwirtschaft wird auch bei Porr Mietkauf immer mehr zum Thema. Die Angebotssituation bei Baumaschinen habe sich allerdings bereits spürbar verbessert. Wer derzeit zum Beispiel einen Radlader kauft, kann mit einer Lieferung im September rechnen. Zum Vergleich: In den Fuhrparks beträgt die Lieferzeit immer noch ein Jahr. Dank einer vorausschauenden Beschaffung waren die Fristen aber für die Porr auch in den vergangenen Jahren problemlos zu bewältigen.
Aus Sicht der Strabag-Expertinnen und -Experten wird sich der Markt in die Richtung bewegen, dass mehr gemietet wird als bisher. Durch den aktuellen Rückgang der Bauleistung glaubt man, dass voraussichtlich weniger in den Kauf von Baugeräten investiert wird.
Dennoch hat sich der eigene Geräte- und Fuhrpark bei der Strabag vor allem in den vergangenen Krisenjahren bewährt. Um Auftragsspitzen abzudecken, wird aber auch beim großen Baukonzern auf Mietgeräte zurückgegriffen.
Auch bei Swietelsky setzt man vorzugsweise auf den Kauf, Mietobjekte werden zusätzlich zur Spitzenabdeckung sowie zur Erprobung neuer Technologien genutzt. „Aufgrund des starken Unternehmenswachstums in den vergangenen Jahren ist Swietelsky aktuell sehr gut mit neuen Maschinen ausgestattet. Wir sind in der komfortablen Lage, mittelfristig weniger Neugeräte kaufen zu müssen – was sich positiv hinsichtlich Nachhaltigkeit und Effizienz auswirkt“, gibt Christian Sorko Einblick. Durch eine smarte Optimierung der Logistikabläufe können bestehende Maschinen noch effizienter genutzt werden.
Hört man Dominik Müller von Zeppelin Rental genau zu, dann kristallisiert sich heraus, dass mehr Maschinen im Markt sind, als gerade benötigt werden. Und auch als Vermieter ist er gut vorbereitet: „Unsere Höfe sind genauso voll wie die der Baufirmen. Auch wir haben die Chance genutzt und in die modernsten Maschinen investiert.“ Er ist davon überzeugt, dass die Baulogistik weiter an Relevanz gewinnt: „Das bedeutet, dass der Markt größer wird. Viele Generalunternehmer und große Baufirmen haben das und die Effizienzreserven erkannt, die durch eine Baulogistik gehoben werden können. Sie investieren in eigene Baulogistikabteilungen“, meint Müller abschließend.