Konjunktur | Arbeitsmarkt : Daten zeigen: 16.000 Bau-Arbeitsplätze in Gefahr

Bauarbeiter böse

Im Vorjahr erhöhte sich die Anzahl der Arbeitslosen in der Bauwirtschaft – gegen Ende des Jahres – um rund 1.500 Personen. Ohne Gegensteuern droht eine weitere Entwicklung in diese Richtung.

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Erstmals seit langem großes Erlösminus am Bau

Die gegenwärtige Wohnbaukrise bedroht in Österreich zumindest 16.000 Arbeitsplätze am Bau. Zu diesem Schluss kommt Studienautor Andreas Kreutzer (branchenradar.com) in einer aktuellen Analyse. Ohne Maßnahmen seien in Folge weitere 12.000 Jobs gefährdet, sagt der Branchenexperte.

„In Anbetracht des massiven Rückgangs der Baubeginne im Hochbau bei gleichzeitigem Ausdünnen laufender Bauprojekte ist mit einem Erlösminus um 4,3 Prozent gegenüber Vorjahr auf rund 55,4 Milliarden Euro zu rechnen. Infolge sind rund 16.000 Arbeitsplätze gefährdet“, so Kreutzer im Detail.

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Im Vorjahr erhöhte sich die Anzahl der Arbeitslosen in der Bauwirtschaft – gegen Ende des Jahres – um rund 1.500 Personen.

Im Jahr 2023 war die Bauwirtschaft noch moderat gewachsen. Der Bauproduktionswert hatte sich nominal um 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf rund 57,9 Milliarden Euro erhöht. Im heurigen Jahr wird die Bauleistung jedoch erstmals seit 2010 schrumpfen.

Wohnbau erodiert massiv

Im Wohnbau wird für das laufende Jahr ein Rückgang der Bauproduktion um insgesamt 6,9 Prozent im Vergleich zu 2023 erwartet, im Wohnungsneubau sogar um 12,0 Prozent. Für den Nicht-Wohnungsbau erwartet Kreutzer ein Minus von 3,4 Prozent, wobei auch hier der Neubau (-5,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr) deutlich schneller erodiert als die Bestandsmaßnahmen (Renovierung). Lediglich der Tiefbau (+0,8% geg. VJ) dürfte auf Vorjahresniveau stagnieren.

Wenig überraschend ist die negative Entwicklung im Wohnungsneubau. Im Jahr 2023 werden fast 27% weniger Wohnungen in neuen Gebäuden genehmigt als im Vorjahr. Gestützt auf die Baugenehmigungen der Vorjahre sinken die Baufertigstellungen im laufenden Jahr gegenüber 2023 insgesamt um rund 18 Prozent, bei den Einfamilienhäusern sogar um fast 20 Prozent. Insgesamt wird 2024 voraussichtlich nur noch mit dem Bau von rund 39.600 Wohnungen begonnen. Weniger waren es in den letzten 13 Jahren nicht.

Die thermisch-energetische Sanierung wird die Neubau-Delle bei weitem nicht ausgleichen können. Wie Modellrechnungen zeigen, ist bestenfalls mit einem Umsatzplus von rund 560 Millionen Euro zu rechnen. Dem steht ein Rückgang im Neubau von 1,9 Mrd. Euro gegenüber.

Andreas Kreutzer
Studienautor Andreas Kreutzer (branchenradar.com) - © SI.MA.pix
Marktentwicklung Bauwirtschaft in Österreich 2024 nach Bausparten 2020 2021 2022 2023 2024 erwartet 2025 Schätzung
Umsatz in Mrd. EUR 45,8 51.1 57,0 57,9 55,4 53,5
Abw. gegen VJ in % - 11,6 11,5 1,5 -4,3 -3,3
davon...
Wohnbau in Mrd. EUR 21,4 24,0 26,8 27,1 25,2 24,1
Abw. gegen VJ in % - 12,1 11,8 1,2 -6,9 -4,4
Nicht-Wohnbau in Mrd. EUR 15,8 17,9 20,0 20,6 19,9 19,1
Abw. gegen VJ in % - 13,6 11,7 3,1 -3,4 -4,0
Tiefbau 8,7 9,3 10,3 10,2 10,3 10,3
Abw. gegen VJ in % - 6,6 10,6 -0,8 0,8 0,5
WIFO-Bauexperte Michael Klien analysiert Lage und Aussichten der Baubranche in Österreich.

Wohnbauförderung stemmt Preisentwicklung nicht

Die Schaffung von neuem Wohnraum war gemessen am allgemeinen Preisniveau noch nie so teuer wie heute.

Zwischen 2020 und 2023 steigen die Baupreise im Wohnungsbau um ein Drittel und damit um mehr als die Hälfte schneller als die Inflation.Baudienstleistungen sind möglicherweise weniger preiselastisch als andere Gütergruppen. Die Zahlungsbereitschaft der Bauherren ist aber offensichtlich überstrapaziert, zumal auch die Wohnbauförderung immer weniger in der Lage ist, leistbares Wohnen zu garantieren.

Seit der Jahrtausendwende hat die Wohnbauförderung rund zwei Drittel ihres Wertes verloren - vor allem wegen der fehlenden Valorisierung mit den steigenden Baupreisen.Um die „Kaufkraft“ der Wohnbauförderung zur Jahrtausendwende wiederherzustellen, müsste daher die derzeitige Dotierung der Wohnbauförderung (rund 2,0 Mrd. Euro) nahezu verdoppelt werden.

Wie beurteilen über 200 befragte Experten die Lage? Solid-Chefredakteur Thomas Pöll spricht mit Studienautor Herbert Kling (brandscore.at).

Weitere 12.000 Arbeitsplätze wackeln

Ob der Bauwirtschaft im kommenden Jahr die Trendwende gelingt, ist aus heutiger Sicht ungewiss. Ohne staatliche Wachstumsimpulse droht im Jahr 2025 im Wohnungsneubau ein nochmaliger Rückgang der Bauproduktion um 8,6 Prozent gegenüber Vorjahr, in der Bauwirtschaft insgesamt um 3,3 Prozent. Das träfe dann nochmals rund 12.000 Beschäftigte.