Austrotherm Chef Heimo Pascher fordert im Interview : „Thermische Sanierung gehört mehr forciert!“

Austrotherm-Chef Heimo Pascher: "Zuerst sollte die Gebäudehülle thermisch saniert und anschließend eine passend dimensionierte Wärmepumpe installiert werden. Ansonsten pumpen wir die Wärme beim Fenster raus."
- © AustrothermVon Fraunhofer zu Ausrotherm
Als Familienmensch ist es Heimo Pascher wichtig, „so oft wie möglich Quality Time mit meinen Kindern zu verbringen und ihnen Gute-Nacht-Geschichten vorzulesen – wenn ich in Österreich und nicht auf Dienstreise bin.“
Diese Umsicht setzt er seit einem Jahr auch als Geschäftsführer von Austrotherm ein. Das passt insofern gut, als es sich um ein Familienunternehmen handelt. Maximilian Schmid, Sohn von Eigentümer Robert Schmid, hat im Familienunternehmen ebenfalls bereits Aufgaben übernommen.
Nach sechs Jahren im Logistik- und Produktionsmanagement bei Fraunhofer Austria wechselte Heimo Pascher zu Austrotherm. „Dieser Schritt ergab sich aus einer zweijährigen Beratungstätigkeit für das Unternehmen“, schildert Pascher. 2019 startete der Niederösterreicher als technischer Geschäftsführer, seit etwas über einem Jahr ist er Geschäftsführer der gesamten Austrotherm Gruppe. Fasziniert hat ihn von Anfang an, dass Entscheidungen hier in einem Familienbetrieb langfristig getroffen werden. Und dass „eine bodenständige Familie im Hintergrund agiert“.
Zweimal im Jahr setzen sich die Geschäftsführer aller Länder zusammen, um Ideen auszutauschen. Aktuell ist das zum Beispiel modulares, serielles Bauen. „Ziel ist es, schneller auf der Baustelle zu werden und den Facharbeitermangel auszugleichen“, so Heimo Pascher.
Kreislaufwirtschaft: „Recycling ist möglich!“
Ein besonders großes Thema, das die gesamte Bauwirtschaft betrifft, ist die Kreislaufwirtschaft. „Der Nachhaltigkeitsgedanke kommt bei den Baufirmen immer mehr. Wir haben mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie 2020 begonnen, davor ging es um Mengen und um den Preis, jetzt um den ökologischen Faktor. Seit September 2024 bieten wir, gemeinsam mit der österreichischen EPS-Industrie ein österreichweites, kostenloses Recycling von sauberen EPS-Verschnitten auf der Baustelle an. Diese EPS-Verschnitte werden in Säcken gesammelt und kommen zurück in die Werke“, informiert Heimo Pascher.
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„Recycling von Dämmstoffen ist bereits die Praxis!“ Das zeigt das Unternehmen schon seit mehreren Jahren auch im Bereich XPS Recycling, mit dem hauseigenen, kostenlosen Recycling-Service für XPS-Produkte. Pascher betont fasziniert, dass die EPS-Dämmung zu 98 Prozent aus Luft und nur zu zwei Prozent „einer Handvoll“ aus Kunststoff besteht.
Neben dem Kreislaufgedanken der Produkte, der Dämmstoffe, geht es auch um den Fußabdruck der Produktion. „Wir setzen auf erneuerbare Energie in unseren Werken und haben dieses Jahr mehrere Millionen Euro in Photovoltaik-Anlagen investiert“, fasst Pascher zusammen. Er gibt auch Einblicke in die Skepsis, die diesem Gedanken gegenüber anfangs herrschte – vor allem aus Südost-Europa. „Heute ist es so, dass diese proaktiv mit Ideen auf uns zukommen“, freut sich der Geschäftsführer.
Expansionen im Ausland
Die Aktivitäten in anderen Ländern nahmen unter Heimo Pascher zu. Expansionen erfolgten in Griechenland, Kroatien und in die Türkei. „Wir haben alle Mitarbeitenden übernommen. Mir ist es wichtig, sie alle an einem Day 1 Willkommen zu heißen. Sie lernen uns kennen und erfahren, dass wir ihnen die Sicherheit eines großen Unternehmens bieten könnten. Gleichzeitig entwicklen wir uns gemeinsam weiter“, gibt Pascher Einblicke in die Mitarbeiterführung.
Eine Übernahme erfolgte unter seiner Leitung auch in Niederösterreich: Die EPS-Produktion von Brucha (Anfang 2024 insolvent) samt aller 20 Mitarbeitenden. Der Standort Michelhausen wird von Austrotherm als dritter Produktionsstandort in Österreich weitergeführt.
Insgesamt ist Pascher strategischer Taktgeber über 29 Standorte in 13 Ländern.
Für die Lehrlinge haben wir ebenfalls eine neue Werkstätte in Purbach. Wir wollen unsere Fachkräfte selbst ausbilden.Heimo Pascher, CEO Austrotherm
20 Millionen Euro in Werk in Purbach
Just, als der Einbruch der Auftragslage am Bau begann – 2022, eröffnete Austrotherm im Werk Purbach eine neue Halle. 20 Millionen Euro wurden insgesamt ausgegeben, inklusive PV-Anlage am Dach der Produktionshalle.
„Purbach ist ein Weltkulturerbe. Als Familienunternehmen sind wir bereit, hier zu investieren. Und zwar in engem Dialog mit den Anrainern, die zu einem großen Teil auch hier arbeiten“, erklärt Heimo Pascher. Und so wurden „viele 100.000ende Euro für gestalterische Maßnahmen wie Grünflächen oder Holzverkleidungen“ bezahlt. Mit der neuen Werkshalle ist man der größte Produzent in Europa.
„Für die Lehrlinge haben wir ebenfalls eine neue Werkstätte in Purbach. Wir wollen unsere Fachkräfte selbst ausbilden. Denn sie bleiben dann auch und gehen oft bei uns in Pension“, sagt der Geschäftsführer.

Wirtschaftliche Lage und Zukunft
Dennoch ist auch ihm bewusst, wie angespannt die wirtschaftliche Lage nach wie vor ist. Und so äußert er klare Wünsche an die Politik: „Wir brauchen kein Sparpaket, sondern ein wachstumsorientiertes Paket. In Österreich gibt es neun EPS-Werke. Es ist wichtig, dass die Wertschöpfung im Land bei diesen lokalen Unternehmen bleibt.“ Ganz klar aufs Tapet bringt er die niedrige Sanierungsquote: „Angepeilt sind 3 Prozent, wir stehen aber aktuell bei 1 Prozent. Nicht zu sanieren, wird uns viel Geld kosten, weil dann Strafzahlzungen der EU drohen, für nicht erreichte Klimaziele“.
Pascher führt weiter aus: „Die Dämmung steht in starkem Wettbewerb mit anderen Maßnahmen wie Photovoltaik Anlagen oder Heizungstausch. Entscheidend ist jedoch die richtige Reihenfolge der Investitionen: Zuerst sollte die Gebäudehülle thermisch saniert und anschließend eine passend dimensionierte Wärmepumpe installiert werden. Ansonsten pumpen wir die Wärme beim Fenster raus“.
Es sei alles sehr komplex, vor allem bei den Förderungen. Heimo Paschers Forderung an die Politik lautet deshalb „einfache Lösungen wie z.B. keine Mehrwertsteuer auf thermische Sanierung“ einzuheben.
>> Hier finden Sie die Forderungen zur Sanierung von Baumit-Chef Georg Bursik!