Kreislaufwirtschaft : Neuen Chancen für das Baustoff-Recycling
Kreislaufwirtschaft ist in der Baubranche angekommen, wie Judith Engel, ÖBB-Vorständin, seitens der Auftraggeberseite erläuterte: Die Vorgaben - ob seitens der EU oder Österreichs - erfordern, als Verkehrsträger die Kreislaufwirtschaftsprodukte bei jedem Bauvorhaben zu berücksichtigen.
Einen Weg dazu, nämlich die optimale Einbeziehung in die Ausschreibung, zeigte Dr. Wolfgang Wiesner mit neuen optionalen Zuschlagskriterien, die in einer RVS demnächst veröffentlicht werden, auf. Damit könne beispielsweise die Zugabe von Ausbauasphalt in Asphaltmischgut erhöht werden oder die Umweltbelastung der LKW-Transporte zur Baustelle reduziert werden.
Zum Thema Recycling werden Zuschlagskriterien für die Materialverwertung und -disposition formuliert, die den Auftragnehmern einen Anreiz bieten sollen, noch mehr Recycling-Baustoffe anzubieten, als der Bauherr schon bisher in der Ausschreibung vorgesehen hat.
Komplett neu ist die Aufbereitung von Bodenaushub zu Recycling-Baustoffen; die Berücksichtigung nunmehr als Zuschlagskriterium wird einen monetären Vorteil demjenigen bieten, der in seinem Angebot diese Möglichkeit vorsieht.
Viel Diskussion brachte der Vorschlag, die Verwendung von Bodenaushub auch auf anderen Baustellen zu fördern - auch wenn der Bauherr selbst damit keinen Vorteil lukriert, kommt er seinen Verwertungspflichten damit vermehrt nach.
Reka Krasznai betrachtete Boden von der juristischen Seite: Unter gewissen Voraussetzungen wäre Boden gar kein Abfall, auch wenn er als Aushub anfällt. So stelle die Verwendung von Boden vor Ort i.a. keinen Abfall dar, da keine Entledigungsabsicht des Bauherrn besteht und damit der Abfallbegriff nicht greife.
Aufgrund eines Urteils des EUGH aus dem Vorjahr kann Boden auch unter gewissen Voraussetzungen als Nebenprodukt angesehen werden und ist dann ebenfalls kein Abfall. Jedenfalls müsse der Boden direkt einer Weiterverwendung zugeführt werden, diese müsse zulässig sein und weitere Voraussetzungen nach AWG §2 Abs. 3a müssen geschaffen werden.
Neue ÖNORM für Bodenaushub
Wolfgang Mörth zeigte als Vorsitzender der entsprechenden Arbeitsgruppe im Normungsinstitut die wichtigsten technischen Grundlagen, um Bodenaushub einer Verwertung als Recycling-Baustoffe zuzuführen, in Form des Entwurfes der ÖNORM B 3141 auf: Diese neue Norm werde im Herbst in Begutachtung gehen und soll die technischen Grundlagen bieten, um über eine "Bodenverordnung" ein Abfallende für derartige Baustoffe festzulegen. Ob Tunnelausbruch, Baustellenaushub oder die Verbesserung von Aushub mit Primärbaustoffen – der zukünftige Standard wird neue Bezeichnungen für all diese Produkte der Kreislaufwirtschaft festlegen, verbunden mit den dazu gehörenden technischen Anforderungen. Bis dahin gelten die Bezeichnungen nach der BRV-Richtlinie für Recycling-Baustoffe aus Aushubmaterial.
"Baustoff-Recycling ist nicht nur marktfähig, sondern auch zunehmend Voraussetzung, um nach den Vorgaben der EU taxonomiekonform zu sein", stellt Thomas Kasper, Präsident des BRV, fest. Der Markt für Recycling-Baustoffe ist somit belebt und ergänzt perfekt die notwendigen, konventionellen Rohstoffe.
Pflicht zur Wiederverwertung von Gipsplatten
Seitens des Ministeriums stellte Jutta Kraus den Vorentwurf einer Gipsplattenverordnung dar. Ziel ist es, mit dem Verbot der Deponierung von Gipsplatten im Jahre 2026 schon eine funktionierende Kreislaufwirtschaft für diese Platten anbieten zu können.
Monika Döll zeigte als Vertreterin der Gipsplattenindustrie, dass Recyclinggips eine hochwertige Verwertung für neue Gipsplatten bietet. Bis zu 30 % könne bei der Plattenproduktion durch Recyclinggips substituiert werden und damit Rohstoffe eingespart werden.
Der Österreichische Baustoff-Recycling Verband hat dazu auch schon vorgearbeitet: Merkblätter für die richtige, getrennte Lagerung von Gipsplatten wurden für Bauherrn, aber auch für Sammler und Behandler erstellt. Auch für den Trockenbauer, der Verschnitte entsorgen muss, gibt es entsprechende Hinweise - ebenso wie einen vom BRV erstellten Baustellenaushang, sodass auch in einfacher, bebildeter Form diese Informationen auf der Baustelle dargestellt werden
Recycling-Baustoffe werden bevorzugt
Philipp Neumüller, BMK, möchte in der kommenden Novelle der Deponieverordnung Recycling-Baustoffe bevorzugt sehen – ob Deponieoberflächenabdeckung, Flächenfilter, Ausgleichsschichten oder Oberflächenentwässerung, überall ist der Einsatz von Recycling-Baustoffen möglich und sinnvoll.
Es ist schade, dass jährlich zigtausend Tonnen von Naturbaustoffen für den Deponiebau Verwendung finden, wenn Produkte der Recycling-Wirtschaft zur Verfügung stehen. So könnten Fahrstraßen selbst für Bodenaushubdeponien beispielsweise aus Recycling-Baustoffen aus Bodenaushub ebenso gefertigt werden wie Recycling-Baustoffe aus Baurestmassen, sofern letztere die Qualitätsklasse U-A einhalten.
„Diese Entwicklung wird massiv vom Baustoff-Recycling Verband unterstützt, ja seit Jahren gefordert: Damit könnten über 100.000 Tonnen Kreislaufwirtschaftsprodukte sinnvoll und ökologisch vorteilhaft Verwendung finden, selbst Recycling-Baustoffe aus Hochbaurestmassen könnten einen guten Absatz für gewisse Anwendungsbereiche im Deponiebau in der Zukunft finden“, so Martin Car, Geschäftsführer des BRV.