Bahnausbau & mehr : Infrastrukturpaket in Deutschland beschlossen
Am Ende der dreitägigen Verhandlungen standen zum Teil unerwartete Beschlüsse zum Klimaschutz im Verkehr. Eine Rechtfertigung für den schier endlosen Koalitionsstreit hatten die Koalitionäre auch parat: Die Ampelregierung trage hier sozusagen die Konflikte der Gesellschaft im Kleinen aus. Das lange Ringen klingt jetzt wie etwas Erstrebenswertes.
"Der mühsame Arbeits- und Verhandlungsprozess, den sich die Koalitionsparteien und meine Regierung jetzt vorgenommen haben, steht ja stellvertretend für die ganze Gesellschaft auf dem Weg in eine wirtschaftlich erfolgreiche Moderne", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Gemeint war: So zerstritten, wie sich die Koalition zuletzt präsentierte, so gespalten ist auch die Gesellschaft, wenn es um den Klimaschutz und seine Kosten geht. Schon vor dem Ende versprach der Kanzler überschwänglich "sehr, sehr, sehr gute Ergebnisse".
Schiene im Vordergrund, aber auch genau definierte Straßenprojekte
Die Ampelkoalition wolle "erhebliche Mittel" in die Modernisierung und den Ausbau des Schienennetzes investieren. Bei der Deutschen Bahn bestehe bis 2027 ein Investitionsbedarf von rund 45 Milliarden Euro. Dieser soll unter anderem durch Einnahmen aus der Lkw-Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen gedeckt werden. Bereits im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP auf eine Reform der Lkw-Maut geeinigt, deren Einnahmen bisher nur auf Bundesstraßen fließen.
Bei der Nutzungsgebühr soll nun zum 1. Januar 2024 ein CO2-Aufschlag von 200 Euro pro Tonne eingeführt werden. Emissionsfreie Lkw sollen bis Ende 2025 von der Maut befreit sein und danach nur 25 Prozent des regulären Satzes zahlen. Zudem sollen ab 2024 auch kleinere Lkw ab 3,5 Tonnen in die Mautpflicht einbezogen werden. "Handwerksbetriebe werden ausgenommen", heißt es in dem Beschlusspapier.
Beim Individualverkehr soll eine eng begrenzte Zahl besonders wichtiger Autobahnprojekte eine Sonderstellung erhalten, die Rede ist von 144 Projekten. Der Bahnbeauftragte der Bundesregierung, Staatssekretär Michael Theurer (FDP), nannte die Autobahnen A5, A6 und A8 als Beispiele für eine beschleunigte Planung von Straßen an Engpässen.
Ausgleichszahlungen bei Eingriffen in Natur
Bei Eingriffen in Natur und Landschaft, etwa durch den Bau von Windkraftanlagen oder Straßen, soll künftig Geld als Ausgleich gezahlt werden können. "Damit können Vorhabenträger Infrastrukturprojekte einfacher und schneller planen", erklärte die Regierung. Mit dem Geld sollen größere und zusammenhängende Flächen gekauft werden, um Renaturierung und Naturschutz zu stärken - ein Aspekt, den auch viele Umweltverbände für sinnvoll halten.
Mehr Flexibilität bei Klimazielen
Um die deutschen Klimaziele zu erreichen, soll es mehr Flexibilität geben. Bislang ist der jährliche Ausstoß von Treibhausgasen für Wirtschaftssektoren wie Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft Gegenstand von Zielvereinbarungen. Die Ministerien müssen so genannte Sofortprogramme für mehr Klimaschutz vorlegen, wenn ein Sektor die vereinbarte Jahresmenge überschreitet. Zwar will die Koalition an der sektoralen Erhebung festhalten, doch soll die Regierung künftig erst nach zwei aufeinander folgenden Zielverfehlungen nachsteuern - und zwar für alle Sektoren zusammen.