Styr Group : Ehrgeizige Wachstumspläne trotz Gegenwind

Styr Group CEO Markus Colle im Interview

Styr Group-CEO Markus Colle im Gespräch mit Solid-Chefredakteur Thomas Pöll: „Trotz der Unsicherheiten, die die Branche momentan prägen – seien es globale Krisen oder die Auswirkungen der Pandemie –, blicken wir mit Zuversicht in die Zukunft“

- © Stefan Seelig

„Wir haben das Firmengebäude und einige Baustellen übernommen, aber ansonsten war es notwendig, eine völlig neue Struktur zu schaffen – mit neuen Mitarbeitern und Führungskräften“, sagt Markus Colle, als ehemaliger, langjähriger Geschäftsführer von Equans Gebäudetechnik ein „alter Hase“ im Geschäft. Im Oktober 2024 ist er zur Styr Group gewechselt. Mittlerweile sei die Anlaufphase weitgehend überwunden und die ersten Eingänge von Großprojekten – etwa ein HKLS-Auftrag im Zuge der Neuerrichtung eines öffentlichen Gebäudes –  sind in den Auftragsbüchern verzeichnet. In naher Zukunft will sich das Unternehmen als dynamischer Mittelständler mit tiefgreifendem, technischem Know-how eines Konzerns verstehen. 

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Der Wachstumsplan folgt einer klaren Strategie: „Wir bewegen uns konsequent in vielen kleinen Schritten in Richtung Generalunternehmerschaft im High Tech Industrieanlagenbau“, so Colle. Ein wesentlicher Fokus liege auf kritischer Infrastruktur in Europa, da Unabhängigkeit in Bereichen wie Halbleiterproduktion, Batteriefertigung oder Rechenzentren für die Zukunft des Kontinents essenziell sei. „Zusätzlich sehen wir durch aktuelle geopolitische Entwicklungen einen steigenden Bedarf an Sicherheitstechnologien und Rüstung“, sagt Colle. 

Parallel zu der Konzentration auf organisches Wachstum – insbesondere durch den Ausbau der Position in den bestehenden Märkten – seien auch gezielte Akquisitionen geplant. Gesucht würden dabei vor allem Unternehmen aus der gesamten Wertschöpfungskette des Anlagenbaus mit einer stabilen Ertragssituation und hoher Reputation und einem Umsatz zwischen 20 und 100 Mio. Euro. 

Die Styr-Group-Zentrale in Mödling bei Wien
Die Styr-Group-Zentrale in Mödling bei Wien - © Styr Group

Digitalisierung und KI als Schlüssel zur Effizienz

Während sich ein eigenes Team um die potenziellen Zukäufe kümmert, legt Colle den Fokus auch auf betriebsinterne Prozesse. „Digitalisierung allein reicht nicht – es geht vielmehr um Automatisierung“, so Colle. Großes Potenzial liege in modernen Planungsmethoden, die in Österreich bisher kaum genutzt würden. In anderen Ländern sei es längst Standard, direkt aus digitalen Gebäudemodellen Materialien zu bestellen oder Vorfertigungsprozesse zu automatisieren. 

Auch die Vorteile von Künstlicher Intelligenz (KI) lägen auf der Hand. Sie ermögliche es, die Effizienz der Planung zu steigern, Kosten zu optimieren und die Qualität der Projekte sicherzustellen. Der Einsatz von KI und Automatisierung werde zunehmend die gesamte Bauindustrie revolutionieren. „In der Planungsphase können wir mithilfe von KI bereits heute optimierte und detaillierte Planungen vornehmen, die nicht nur die Kosten senken, sondern auch den Bauprozess beschleunigen“, erklärt Colle.

Neben der technologischen Innovation legt die Styr Group großen Wert auf Nachhaltigkeit. Das Unternehmen verfolgt eine Linie, in der alle internen Prozesse auf Energieeffizienz und Ressourcenschonung ausgerichtet sind. Im eigenen Firmengebäude sind zahlreiche nachhaltige Technologien wie Photovoltaikanlagen und energieeffiziente Heiz- und Kühlsysteme integriert. „Diese Philosophie setzen wir natürlich auch in den Projekten um, die wir realisieren“, sagt Colle. 

Allerdings sei das auch abhängig vom jeweiligen Auftraggeber. „Wenn wir für Unternehmen arbeiten, die Endverbraucher als Kunden haben, ist der Anspruch oft deutlich höher als bei rein gewerblichen Betrieben.“ Generell ist Colle überzeugt, dass nachhaltiges Bauen ein Resultat guter Planung ist: „Ein Projekt ist dann optimal, wenn es nichts Überflüssiges enthält, aber alle Anforderungen erfüllt. Je effizienter die Planung, desto ressourcenschonender ist das Projekt – sowohl in der Errichtung als auch im Betrieb.“

Innovationen gezielt einsetzen

Ein weiteres großes Thema in der Branche ist die rasante technische Entwicklung. Viele Bauprojekte laufen über mehrere Jahre, in denen neue Technologien auf den Markt kommen. „Es geht darum, eine Balance zwischen Innovation und Stabilität zu finden. Ein früher ‚Design Freeze‘ hilft, ein Projekt effizient umzusetzen, aber wir müssen auch flexibel genug sein, um sinnvolle Neuerungen zu integrieren“, meint Colle. Entscheidend sei, Kunden frühzeitig und transparent über die Konsequenzen von Änderungen einzubinden – insbesondere in Bezug auf Kosten, Zeitplan und Betriebskosten.

„Die Lösungen der Styr Group sollen idealerweise so lange wie das Gebäude selbst halten“, gibt Colle das Ziel vor. Während einige technische Komponenten wie Lüftungsgeräte regelmäßig erneuert werden müssen, haben andere Bauelemente eine sehr lange Lebensdauer. Viel entscheidender sei jedoch die Anpassungsfähigkeit der Gebäude. „Viele Gebäude werden nicht wegen technischer Mängel abgerissen, sondern weil sich ihre Nutzung ändert. Wer frühzeitig ein Flexibilitätskonzept einplant, kann Gebäude und Anlagen langfristig erhalten.“

Herausforderungen im Markt und strategische Ausrichtung

Die Wettbewerbssituation in Österreich bewertet Colle kritisch. Die Preise lägen aktuell auf einem „nur bedingt wirtschaftlich nachhaltigen Niveau“. Dennoch verfolgt die Styr Group ehrgeizige Wachstumspläne: „Mittelfristig ist der gesamte deutschsprachige Raum unser Ziel. Und „trotz der Unsicherheiten, die die Branche momentan prägen – seien es globale Krisen oder die Auswirkungen der Pandemie – blicken wir mit Zuversicht in die Zukunft“, gibt sich Colle optimistisch. 

Denn die Prognosen für die nächsten Jahre seien grundsätzlich positiv. Insbesondere im Bereich der technischen Gebäudeausstattung erwarten Experten eine Vergrößerung des Marktvolumens. Dies solle langfristig zu einer Stabilisierung der Preise führen und die Dynamik der Branche weiter stärken.