Deutschland : Kein Hoffnungsschimmer für Wohnbau
"Der Wohnungsbau sieht derzeit nirgendwo einen Hoffnungsschimmer", sagte Ifo-Konjunkturchef Klaus Wohlrabe. "Nach wie vor werden Aufträge storniert. Gleichzeitig sind die Baugenehmigungen für Wohnungen rückläufig."
Im Februar meldeten 56,1 Prozent der Unternehmen Auftragsrückgänge, im Januar waren es 52,5 Prozent. Auch die Stornierungen stiegen wieder an, wenn auch nur leicht: 17,7 Prozent meldeten stornierte Projekte, nach 17,4 Prozent im Vormonat. Die Bautätigkeit muss den Angaben zufolge also vielerorts schon seit einiger Zeit gedrosselt werden. "Einige Unternehmen versuchen, der Auftragsschwäche zumindest mit Preissenkungen entgegenzuwirken", sagte Wohlrabe.
Auch der Tiefbau, zu dem beispielsweise der staatlich dominierte Straßenbau gehört, befindet sich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wenn auch nicht so stark wie der Hochbau, wie die Ifo-Forscher herausfanden. Die Urteile zur aktuellen Lage sind leicht positiv. Derzeit berichten dort 23,5 Prozent der Unternehmen von Auftragsengpässen. "Der Ausblick auf die kommenden Monate ist jedoch sehr pessimistisch", hieß es.
Die stark gestiegenen Zinsen, mit denen die Europäische Zentralbank (EZB) die hohe Inflation bekämpfen will, machen vor allem dem Wohnungsbau zu schaffen. Viele Projekte werden dadurch für Bauherren unrentabel. Das ist nach Ansicht vieler Experten ein soziales Problem, denn bezahlbarer Wohnraum dürfte vor allem in den Städten auf Jahre hinaus Mangelware bleiben.
Die deutsche Baubranche hat im vergangenen Jahr angesichts stark gestiegener Zinsen und teurer Materialien deutlich weniger Aufträge erhalten. Das Neugeschäft im Bauhauptgewerbe ging preisbereinigt (real) um 4,4 Prozent zurück, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Einen Lichtblick gibt es dennoch: Im Dezember stiegen die Auftragseingänge real um 7,9 Prozent gegenüber dem Vormonat.
Nicht preisbereinigt stieg das nominale Volumen im vergangenen Jahr dagegen um 3,3 Prozent auf 102,3 Milliarden Euro. Es lag damit erstmals im dreistelligen Milliardenbereich. "Die unterschiedliche Entwicklung von realen und nominalen Werten ist auf den deutlichen Anstieg der Baupreise zu Beginn des Jahres zurückzuführen", erklärten die Statistiker die Diskrepanz.
Die Auftragsentwicklung verlief zweigeteilt. Das Neugeschäft im Tiefbau, zu dem beispielsweise der staatlich dominierte Straßenbau gehört, nahm im vergangenen Jahr um 3,0 Prozent zu. "Großaufträge, vor allem im Bereich des Ausbaus von Bahnstrecken und beim Bau der Kabeltrassen Suedlink und Süd-Ost-Link, haben maßgeblich zu diesem Rekordergebnis beigetragen", hieß es. Der Hochbau, der vor allem durch den Wohnungsbau geprägt und stark von der privaten Nachfrage abhängig ist, verzeichnete dagegen einen realen Rückgang von 11,4 Prozent. Allein im Wohnungsbau ging die Nachfrage sogar um 19,8 Prozent zurück.
3,3 % weniger Jahresumsatz
Der Jahresumsatz im Bauhauptgewerbe ging im Jahr 2023 real um 3,3 Prozent zurück. Nominal stieg er um 3,5 Prozent und erreichte mit 113,8 Milliarden Euro einen neuen Höchststand. In der Statistik werden alle Betriebe von Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten erfasst. Das waren 2023 rund 9.600 Betriebe und damit 1,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Zum Vergleich: 2009 waren es erst 7.000, seitdem ist ein kontinuierlicher Anstieg zu verzeichnen. In den Betrieben in Deutschland waren 536.000 Personen beschäftigt. Das waren rund 6.600 oder 1,2 Prozent mehr als im Jahr 2022.
Die stark gestiegenen Zinsen, mit denen die Europäische Zentralbank (EZB) die hohe Inflation bekämpfen will, machen vor allem dem Wohnungsbau zu schaffen. Viele Projekte werden dadurch für Bauherren unrentabel. Viele Experten sehen darin ein soziales Problem, da bezahlbarer Wohnraum vor allem in den Städten auf Jahre hinaus knapp bleiben dürfte.