Recyclingbeton für Bahninfrastruktur : ÖBB setzt auf zirkuläre Baustoffnutzung bei Modernisierung der Traisentalbahn

Michael Wardian (Kirchdorfer) und Judith Engel (ÖBB Infra)

ÖBB-Infra-Vorständin Judith Engel (re.) und Kirchdorfer-Chef Michael Wardian präsentieren einen der neuen Recyclingmasten.

- © ÖBB

Die ÖBB-Infrastruktur AG geht bei der Elektrifizierung der Traisentalbahn neue Wege in Sachen Ressourcenschonung: Rund 1.200 neue Fahrleitungsmasten aus CO₂-reduziertem Stahlbeton kommen auf der Strecke zwischen St. Pölten und Schrambach zum Einsatz. Der Baustoff dieser Masten enthält zu etwa 30 Prozent rezyklierte Gesteinskörnung – gewonnen aus ausgedienten Betonmasten der ÖBB in der Region Wiener Neustadt. Damit wird erstmals in diesem Umfang ein zirkuläres Materialkonzept in die Bahninfrastruktur integriert.

Pilotprojekt mit Signalwirkung für die Bauwirtschaft

Entwickelt wurde das Recyclingverfahren von der oberösterreichischen Kirchdorfer Gruppe, die sich seit Jahren mit CO₂-reduzierten Betonrezepturen befasst. Für den Bau der neuen Oberleitungsmasten wird ein signifikanter Anteil an Primärmaterial durch Recyclingmaterial ersetzt – konkret über eine Tonne pro Mast. Die Wiederverwertung erfolgt sortenrein: Das Altmaterial stammt gezielt aus alten Betonmasten und wird für den neuen Einsatzzweck aufbereitet.

„Mit diesem Pilotprojekt führen wir Materialien aus unserem eigenen Bestand in einen technischen Kreislauf zurück“, erklärt Judith Engel, Vorständin der ÖBB-Infrastruktur AG. „Damit zeigen wir, dass der Klimaschutzgedanke in unserer Baupraxis tatsächlich gelebt wird.“ Die Maßnahme ist Teil einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie der ÖBB, die auch die Dekarbonisierung ihrer Bauprozesse umfasst.

Dieses Projekt ist ein Musterbeispiel dafür, wie technologische Innovation und Klimaschutz Hand in Hand gehen können.
Michael Wardian, CEO Kirchdorfer

Technische Anforderungen erfüllt – und übertroffen

Die neuen Masten erfüllen nicht nur ökologische, sondern auch hohe technische Anforderungen. In mechanischen Belastungstests wurde etwa die Mastspitze um 140 Zentimeter ausgelenkt, bevor die Bruchgrenze erreicht wurde – ein Wert, der deutlich über den Mindestanforderungen der ÖBB liegt. Um die Langzeitstabilität der Recyclingmasten zu überprüfen, ist ein dreijähriges Monitoring angesetzt.

Kirchdorfer-CEO Michael Wardian sieht in dem Projekt einen Beleg für die Leistungsfähigkeit zirkulärer Baustofflösungen: „Durch die Wiederverwendung hochwertiger mineralischer Rohstoffe reduzieren wir nicht nur den CO₂-Fußabdruck, sondern schonen gleichzeitig natürliche Ressourcen. Dieses Projekt ist ein Musterbeispiel dafür, wie technologische Innovation und Klimaschutz Hand in Hand gehen können.“

Beitrag zur Mobilitäts- und Energiewende

Die Elektrifizierung der Traisentalbahn ist Teil eines umfassenden Modernisierungspakets, das neben neuen Oberleitungsmasten auch den barrierefreien Ausbau von Bahnhöfen und Haltestellen sowie zusätzliche Park&Ride-Anlagen umfasst. Nach Abschluss der Bauarbeiten zwischen 2025 und 2027 sollen auf der Strecke künftig ausschließlich elektrisch betriebene Züge mit 100 Prozent grünem Bahnstrom verkehren. Dies bedeutet nicht nur eine Reduktion des CO₂-Ausstoßes, sondern auch eine spürbare Entlastung der Region durch geringere Schallemissionen.

Für die österreichische Bauwirtschaft stellt das Projekt einen relevanten Meilenstein dar: Es zeigt, wie mit bestehenden Materialien zukunftsfähige Infrastrukturen geschaffen werden können – ohne dabei auf technische Standards zu verzichten. Damit wird ein konkreter Beitrag zur Umsetzung der Kreislaufwirtschaftsstrategie im Infrastrukturbau geleistet.