Baustoffe : Wie grün ist Holzbau? Nachhaltigkeit, Zertifikate und Bauzukunft

Holzbau Leopoldquartier Wien

Das Leopold-Quartier in Wien ist eines der aktuellen Renommier-Objekte der UBM was den Holzbau betrifft.

- © HNP Architects

Kritik an Holz-Zertifikaten

Im März war es, dass eine Recherche des internationalen Konsortiums investigativer Journalisten (ICIJ), an der ORF, „profil“ und „Der Standard“ beteiligt sind, ergab, dass Ökogütesiegel für Holz auch an Unternehmen vergeben werden, die sich nicht oder nur ungenügend an Umweltstandards halten. Im Mittelpunkt steht dabei das Holzsiegel FSC – doch auch an dem in Österreich stärker verbreiteten Gütezeichen PEFC gibt es scharfe Kritik. Das war einem Bericht des Ö1-Mittagsjournals zu entnehmen.

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So kritisiert Greenpeace, dass sich die Auflagen von PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) im Wesentlichen mit den Inhalten des österreichischen Forstgesetzes decke. Dabei sollten Gütezeichen eigentlich höhere Standards einfordern als Gesetze. Ursula Bittner, Wirtschaftsexpertin bei Greenpeace, erläuterte gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal, dass es etwa keine besonderen Regeln für Pestizide gebe. Konter folgte seitens PEFC-Österreich-Geschäftsführer Gerhard Pichler auch im Rahmen eines Newsletters, um damit „ein möglicherweise negatives Bild von PEFC direkt zu neutralisieren und wieder in ein positives Licht zu rücken.“ Kein genanntes Negativbeispiel betreffe PEFC Austria, sondern das FSC System und es handele sich nicht um aktuelle Fälle, sondern um Fälle aus der Vergangenheit.

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Weiter liest man: „Der Chain of Custody Standard wird in Österreich von unabhängigen, staatlich akkreditierten Zertifizierungsstellen überprüft, wie z. B. Quality Austria, Holzforschung Austria oder auch der Bautechnischen Versuchs- und Forschungsanstalt Salzburg (Bvfs). Sie sollen garantieren, dass die Standards, die von PEFC im "Bottom-up-Prozess" erstellt werden, von unabhängigen Dritten und nicht von PEFC selbst kontrolliert werden.“ Beim PEFC Siegel werden alle sieben Jahre die neuesten Erkenntnisse in die Standards zur nachhaltigen Waldwirtschaft eingearbeitet. Dieser Prozess nennt sich Systemrevision und dauert zwei Jahre. Start der aktuellen Phase war am 1. Juni 2022. „PEFC Austria wird sich der Überarbeitung der Standards für nachhaltige Waldbewirtschaftung in Österreich widmen. Dieser Prozess soll unter Beteiligung einer möglichst breiten Gruppe an Interessenten stattfinden, daher wurden alle relevanten eNGOs in Österreich zur Mitarbeit eingeladen. Darunter u.a. WWF, Greenpeace, Global2000, ÖKOBüro. Dieser Einladung wurde jedoch bedauerlicherweise von besagten eNGOs nicht gefolgt. Bei der Mitarbeit begrüßen dürfen wir jedoch wiederum ETÖ (enkeltaugliches Österreich), Umweltdachverband und BIOSA von Seiten der Umwelt“, schreibt Gerhard Pichler in seinem Newsletter am 3. März 2023.

In dieser Folge von SOlid Bau TV sprechen wir mit Porr-Chef Karl-Heinz Strauss unter anderem über das Thema nachhaltiges Bauen.

Holz nicht per se verurteilen

Bundesinnungsmeister Holzbau Siegfried Fritz warnt davor, Holz per se zu verurteilen: „Holz aus illegalen Schlägerungen ist zu verurteilen. Besonders zertifiziertes Holz muss halten, was es verspricht. Leider werden derzeit auch die, die immer sauber gearbeitet haben, mit den Vorwürfen konfrontiert. Die Holzgewinnung und -verarbeitung in Österreich stand nicht in der Kritik. Weiterhin leistet der Holzbau einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Unmittelbare Auswirkungen auf den österreichischen Holzbau, für den ich spreche, sehe ich nicht.“ Fritz ist überzeugt, dass ein steigendes Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Ökologie für die heimischen Unternehmen positiv sei und der Marktanteil von Holz als Baustoff weiter steigen werde.

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Holzbau in Österreich weiter im Wachsen

In Österreich gewann der Objekt-Holzbau im Jahr 2021 Marktanteil. Speziell im Wohnbau war Holz besonders beliebt, zeigen aktuelle Daten einer Marktstudie. In den kommenden Jahren ist mit der Fertigstellung von mehr als 180 neuen Mehrfamilienhäusern in Holzbauweise zu rechnen. Die Errichtung von Gebäuden aus Holz verursacht weniger CO2 als die Errichtung von Gebäuden aus mineralischen Baustoffen. Am Beispiel eines 6-geschossigen Wohnbaus mit 53 Wohnungen (Lorystraße, 1110 Wien) zeigt sich, dass der Holzbau um 93 Prozent weniger CO2 verursacht. Beim Holzbau sind im Unterschied zum mineralischen Massivbau Wände, Decken und das Dach aus Holz.

Einer, der sich mittlerweile auf Holzbau spezialisiert hat, ist der heimische Immobilienentwickler UBM. Mehr als 250.000 m² in Holz-Hybrid-Bauweise sind bereits in Umsetzung oder Planung und tragen zum Ziel bei, einer der führenden Entwickler von Holzbau-Projekten in Europa zu werden. Insgesamt befindet sich der Großteil der Projekte (90 %) in Deutschland und Österreich bzw. in den Assetklassen Wohnen (57 %) und Büro (43 %). Die UBM Development AG erwirtschaftete 2022 ein Ergebnis vor Steuern von € 31,5 Mio. und einen Gewinn je Aktie von € 2,25. Angesichts der völligen Flaute am Transaktionsmarkt im zweiten Halbjahr sei der Nettogewinn von 27,1 Mio. Euro ein mehr als respektables Ergebnis, teilte das Unternehmen mit.

Bernhard Egert
fungiert als Head of Timber Construction & Green Building bei UBM. Er ist als Baumeister, Holzbaumeister, Bauträger und Gerichtssachverständiger ein ausgewiesener Holzbauexperte. Vor seiner Tätigkeit bei der UBM war Egert unter anderem Geschäftsführer von Graf-Holztechnik und Rubner Holzbau.
Als Vorsitzender verschiedenster Fachkreise innerhalb des Fachverbandes der Holzindustrie leistet er seit vielen Jahren einen Beitrag zur Stärkung des Holzbaus. Die Diskussionen rund um Gütesiegel sieht er folgendermaßen: „In Österreich und Mitteleuropa wird seit Generationen nachhaltige Waldbewirtschaftung auf Basis strenger Forstgesetze betrieben. Daher vertrauen wir darauf, dass die von uns genutzten Bauelemente aus Holz gefertigt werden, dass entsprechend den gesetzlichen Rahmenbedingungen geerntet wurde. Darüber hinaus erleichtern die etablierten Zertifizierungen für Holzprodukte die Information der Verbraucher:innen über die Herkunft des in Produkten verwendeten Holzes aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung. Diese Zertifizierungen greifen auf das umfangreiche Fachwissen aus der forstwirtschaftlichen Praxis und der Wissenschaft zurück. Für uns bieten die Zertifizierungen die Möglichkeit Kunden und Investoren transparent und unkompliziert in puncto Nachhaltigkeit unserer Projekte zu informieren.“

Holz kommt vermehrt beim mehrgeschossigen Bauen zum Einsatz wie hier in der Tivoligasse in Wien. Dieser Wohnbau umfasst vier Baukörper mit sechs bis sieben Geschoßen und insgesamt 85 Wohnungen. 2.300 Kubikmeter verbautes Holz binden 2.300 Tonnen CO2.

- © proHolz

Möglichkeiten von Holz-Systembauweise

Bei Rhomberg Bau setzt man ebenfalls stark auf den Baustoff Holz: „Seit mehr als einem Jahrzehnt beschäftigen wir uns bereits intensiv mit den Möglichkeiten der Holz-Systembauweise und haben die Erkenntnisse daraus in neue Produkte fließen lassen“, informiert Geschäftsführer Ernst Thurnher.

Mit „WoodRocks“ konnte die reine Bauzeit für ein mehrstöckiges Holz-Wohngebäude auf unter sechs Monate gebracht werden, was den Holz-Systembau gerade auch für leistbaren und sozialen Wohnbau attraktiv macht. Mit den vorgefertigten komplett ausgestatteten Bad- und Technikmodulen „myblock“ lässt sich im mehrgeschossigen Holzwohnbau künftig noch mehr Zeit und Geld sparen. Für Industrie und Gewerbe wird mit "office Zero" ein nachhaltiges, wirtschaftliches Gebäudesystem angeboten – schlüsselfertig und aus einer Hand. Das erste Holz-Bürogebäude dieser Art entsteht derzeit an der Feldkircher Bärenkreuzung.

Gefragt nach den Bezugsquellen des Holzes antwortet Matthias Moosbrugger, Geschäftsführer bei der Rhomberg Bau Gruppe: „Die Devise lautet natürlich: So nah wie möglich. So versuchen wir beispielsweise bei unserem Joint-Venture WoodRocks Bau GmbH für die Wohngebäude in Niederösterreich ausschließlich Holz aus Niederösterreich zu verwenden – für ein aktuelles Gebäude liegen zwischen Sägewerk und Fertigung z. B. nur knapp 40 Kilometer, zur Baustelle ist es dann sogar noch einmal kürzer. In der Regel greifen wir auf Hersteller im Umkreis von etwa 300 bis 500 Kilometern zu. Das Materialeinzugsgebiet (Rundholz) der Hersteller liegt üblicherweise im selben Ausmaß.“ Im Bereich des konstruktiven Holzbaus nennt er für das Rundholz die bekannten Gütesiegel wie FSC und PEFC. „Das wesentliche Qualitätssiegel der Produkte ist jedoch die Herstellung gemäß geltenden Normen (Festigkeitssortierung, Herstellung von Brettschichtholz und Brettsperrholz etc.). FSC und PEFC stellen im Wesentlichen ein Qualitätsmerkmal hinsichtlich einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung dar. Im Zug des Nachhaltigkeitsberichtes können diese anerkannten Zertifikate als Nachweise angeführt werden. Für die statischen Nachweise kommen die geltenden Normen der Produkte zum Einsatz“, so Moosbrugger.

Er nennt weiters die lange Lebensdauer von weit über 100 Jahren von Holz – sofern es richtig verbaut wurde: „Auch bei uns in Vorarlberg, vor allem im Bregenzerwald. Der älteste Holzbau steht übrigens in Ikaruga, Japan: eine fünfstöckige Pagode des Hōryū-ji Tempels, die bereits im Jahr 595 n. Chr. errichtet wurde.“ Sollte dennoch ein Umbau vorgenommen werden, bestehe laut Moosbrugger die Möglichkeit der Wiederverwendung in derselben Funktion (Upcycling) oder, bei entsprechender Abnutzung, auch im Bereich von Holzwerkstoffen (Downcycling) bis letztlich hin zur thermischen Verwertung.

Bundesinnungsmeister Robert Jägersberger verweist als Unternehmer auf die Baustoffneutralität und möchte den Kunden bzw. Markt entscheiden lassen, was beim Bau zum Einsatz kommt: „Wir haben den Zimmermeister bzw. Holzbauer immer als Kollegen gesehen. Wo wir aber nicht mitkönnen, ist die einseitige politische Bevorzugung eines Baustoffs, dem ein vermeintlich ,grünes Mascherl` umgehängt wird“, so Jägersberger.

  • „Wir vertrauen darauf, dass die von uns genutzten Bauelemente aus Holz, das entsprechend den gesetzlichen Rahmenbedingungen geerntet wurde, gefertigt werden.“

    Bernhard Egert, Head of Timber Construction & Green Building bei UBM

  • „FSC und PEFC stellen im Wesentlichen ein Qualitätsmerkmal hinsichtlich einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung dar. Im Zug des Nachhaltigkeitsberichtes können diese anerkannten Zertifikate als Nachweise angeführt werden.“

    Matthias Moosbrugger, Geschäftsführer bei der Rhomberg Bau Gruppe

Ressourcen von Holz

Intensiv mit dem Thema Holz setzt man sich auch bei der deutschen Werner Sobek AG in Stuttgart auseinander: „Holz ist ein exzellenter CO2-Speicher. Aber: Der Rohstoff Holz steht nur in klar berechenbaren Mengen und regional sehr unterschiedlich zur Verfügung. Holz wird deshalb nie alleiniger Baustoff sein – kann aber dennoch eine deutlich wichtigere Rolle einnehmen als bisher.(…) Ein Jahrhundertbaustoff für alle und für alles wird Holz deshalb sicher nicht werden, auch nicht in einem waldreichen Land wie Deutschland – so sehr wir uns dies auch wünschen mögen.“

Großes Thema in diesem Zusammenhang, über das nicht nur in Medien wie taz oder Geo geschrieben, sondern auch im B2B-Netzwerk LinkedIn diskutiert wird, ist die rasche Abholzung. Anlässlich des Tages des Waldes am 21. März meinte Richard Stralz, Obmann proHolz Austria: „Österreich verfügt, so wie Europa insgesamt, über große Holzreserven in den Wäldern. Diese gilt es zu nutzen. Bauen mit Holz kann die CO2-Emissionen im Bausektor deutlich reduzieren. Zugleich ist Holznutzung auch die Voraussetzung für den zukünftigen Erhalt der Wälder und ihrer vielfältigen Leistungen.“ Ganz klar bezieht man Stellung zum EU-Green Deal, der Ziele beinhalte, die zueinander in Konflikt stehen. „Für den Klimaschutz mehr mit Holz bauen zu wollen, aber gleichzeitig die Waldnutzung für mehr Kohlenstoffspeicherung und Biodiversität im Wald einschränken zu wollen, passt nicht zusammen. Eine ganzheitliche Folgenabschätzung ist notwendig, aber bislang nicht erfolgt“, heißt es in einer Presseaussendung.

Argumente für Holz als Baustoff

1. Nachwachsender Rohstoff, Verfügbarkeit

2. Klimaschutz

3. Bautechnische Vorteile wie Gewicht oder Vorfertigung

4. Wirtschaftsfaktor

5. Wettbewerbsfähigkeit

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