Wohnbau in der Talsohle : Fertigstellungen sinken weiter

Für das Jahr 2025 werden laut dem Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Österreich nur noch rund 25.200 Wohnungsfertigstellungen erwartet – ein dramatischer Einbruch gegenüber dem Jahr 2021, als noch 46.000 Einheiten fertiggestellt wurden.
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„Wir nähern uns nun einem Punkt, an dem sich das Baugeschehen auf niedrigem Niveau stabilisiert“, kommentiert Gerald Gollenz, Obmann des Fachverbands. Die Talsohle sei erreicht – aber von Erholung könne noch keine Rede sein.
Erster Neubaubericht liefert detaillierten Einblick
Die Zahlen stammen aus dem erstmals veröffentlichten Österreichischen Neubaubericht 2025, der vom Unternehmen Exploreal im Auftrag des Fachverbands erstellt wurde. Der Bericht wurde Mitte April im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt und liefert eine detaillierte Analyse des gegenwärtigen Marktes.
Besonders deutlich zeigt sich der Rückgang im Segment der frei finanzierten Mietwohnungen. Während im Jahr 2024 noch etwa 7.600 Einheiten dieses Typs fertiggestellt wurden, rechnet man heuer nur noch mit rund 4.700 Wohnungen – ein Minus von fast 40 Prozent.
Freiflächen als Verkaufsargument
Trotz des Rückgangs bleibt die Nachfrage nach Wohnqualität hoch – insbesondere nach Freiflächen. Wie der Bericht zeigt, verfügen 96 Prozent der in den Jahren 2023 bis 2025 fertiggestellten Wohnungen über eine Freifläche wie Balkon, Terrasse, Loggia oder Garten. Im Schnitt sind diese Außenflächen etwa 11 Quadratmeter groß.
„Eine Wohnung ohne Freifläche ist heute praktisch nicht mehr marktfähig“, betont Johannes Wild, stellvertretender Obmann der Immo-Branchenvertreter in Niederösterreich.
Wien an der Spitze, Kärnten am Ende
Im bundesweiten Durchschnitt lag die Fertigstellungsquote in den letzten drei Jahren bei 3,6 Wohneinheiten pro 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Mit Abstand vorne liegt Wien – dort wurden fast 6,1 Einheiten pro 1.000 Einwohner fertiggestellt. Am anderen Ende des Spektrums befindet sich Kärnten mit lediglich rund 2,3 Einheiten.
Zaghafte Entspannung bei den Rahmenbedingungen
Dass der Wohnbau derzeit nicht völlig zum Erliegen kommt, ist unter anderem auf erste positive Signale bei lang kritisierten Rahmenbedingungen zurückzuführen. Laut Herwig Pernsteiner, Obmann-Stellvertreter im Verband der gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV), war ein ganzer „Cocktail an negativen Faktoren“ für die Entwicklung verantwortlich – allen voran die KIM-Verordnung und die Zinsentwicklung.
Beide Themen zeigen aktuell eine leichte Entschärfung: Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins mehrfach gesenkt – ein Hoffnungsschimmer für die Bau- und Immobilienbranche. Und auch die KIM-Verordnung, die ab 30. Juni ausläuft, könnte kurzfristig Erleichterung bringen. Ob diese Maßnahme langfristig verschwunden bleibt, bleibt jedoch fraglich: „Wir wissen, dass sie durch die Hintertür wieder kommen wird“, sagt Gollenz.
Branche fordert entschlossene Entbürokratisierung
Die zentralen Anliegen der Branche bleiben jedoch bestehen. „Es geht nicht um Fördermittel“, betont Johannes Wild. „Wir fordern administrative Vereinfachungen und gesetzliche Anpassungen.“ Insbesondere beim Thema thermische Sanierung sei die Rechtslage hinderlich. So erschwere das Wohnungseigentumsgesetz mit seiner Forderung nach Einstimmigkeit beim Heizungstausch viele notwendige Maßnahmen.