Innsbruck : Bausperre als Maßnahme für geförderten Wohnbau

Die Initiative Innsbrucks ist Teil einer breiteren wohnbaupolitischen Debatte in Tirol. Das Bundesland zählt zu den teuersten Regionen Österreichs, was die Grundstücks- und Immobilienpreise betrifft.
- © saiko3p - stock.adobe.comGeplanter Eingriff mit Signalwirkung
Die Stadt Innsbruck hat einen bedeutenden Schritt zur Stärkung des geförderten Wohnbaus gesetzt. Der Gemeinderat beschloss am Donnerstag mit breiter Mehrheit eine Bausperre für insgesamt 23 Grundstücke, die künftig als Vorbehaltsflächen für den geförderten Wohnbau ausgewiesen werden sollen.
>> Das könnte Sie auch interessieren: Gemeinnützigen-Rekord in Tirol - das größere Bild sieht anders aus
Die Maßnahme betrifft rund zehn Hektar Fläche im Stadtgebiet, die sich im Besitz von insgesamt 26 Eigentümern befinden – darunter neben Privatpersonen auch Investoren, kirchliche Einrichtungen und ausländische Grundbesitzer. Die Grundlage bildet das Tiroler Raumordnungsgesetz, das Gemeinden unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einräumt, Vorbehaltsflächen für den sozialen Wohnbau auszuweisen. Innsbruck ist seit 2022 offiziell als sogenannte „Vorbehaltsgemeinde“ eingestuft.
>> Lesen Sie dazu auch: Darlehen aus Baukonjunkturpaket noch nicht überall umgesetzt
Im Zuge der geplanten Änderungen am Örtlichen Raumordnungskonzept (ÖROKO) wird künftig bei neuen Bebauungsplänen für betroffene Flächen ein verpflichtender Anteil für geförderten Wohnbau vorgesehen. Maximal 50 Prozent der betroffenen Grundstücke – Mindestgröße: 2.500 Quadratmeter – müssen an die Stadt oder gemeinnützige Bauträger zu den Konditionen der Wohnbauförderung abgegeben werden. Sollte binnen zehn Jahren keine entsprechende Entwicklung erfolgen, droht eine Rückwidmung in Freiland, was mit einem massiven Wertverlust einhergeht.
Politische Debatte um Eigentumsrechte
Der Beschluss wurde im Gemeinderat kontrovers diskutiert. Während die Stadtkoalition – bestehend aus „JA – Jetzt Innsbruck“, Grünen und SPÖ – das Vorhaben als notwendigen Schritt gegen explodierende Wohnkosten verteidigte, warnte die FPÖ vor einer schleichenden Enteignung. Sie war die einzige Fraktion, die gegen den Antrag stimmte. Die Liste „Das Neue Innsbruck“ enthielt sich.
Bürgermeister Johannes Anzengruber betonte, dass es sich um einen kooperativen Prozess handle. „Wir beschließen heute keine endgültige Widmung“, so der Stadtchef. Zugleich verwies er auf die Dringlichkeit des Problems: „Es kann nicht sein, dass Eigentumswohnungen in Innsbruck über 10.000 Euro pro Quadratmeter kosten und 50-Quadratmeter-Mietwohnungen über 1.500 Euro im Monat.“
Vizebürgermeister Georg Willi (Grüne) unterstrich die Bedeutung der Maßnahme zur Kostendämpfung im Wohnbau. „Solange Grundstücke zu Höchstpreisen gehandelt werden, ist leistbares Wohnen nicht möglich“, sagte Willi und kritisierte die Haltung der FPÖ scharf. Auch SPÖ-Klubobmann Benjamin Plach wies den Enteignungsvorwurf zurück: „Wir wenden lediglich bestehendes Landesrecht an. Niemand wird entrechtet.“
Wohnraummangel als strukturelles Problem in Tirol
Die Initiative Innsbrucks ist Teil einer breiteren wohnbaupolitischen Debatte in Tirol. Das Bundesland zählt zu den teuersten Regionen Österreichs, was die Grundstücks- und Immobilienpreise betrifft. Vor allem in den städtischen Ballungsräumen und Tourismuszentren ist leistbarer Wohnraum Mangelware. Die starke Nachfrage durch Zuzug, eine geringe Flächenverfügbarkeit und spekulativer Leerstand verschärfen die Situation zusätzlich.
Besonders kritisch zeigt sich die Entwicklung bei den Grundstückspreisen: Laut Erhebungen der Tiroler Landesstatistik haben sich die durchschnittlichen Baulandpreise in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. In der Stadt Innsbruck lagen sie 2024 bei über 1.000 Euro pro Quadratmeter, in begehrten Umlandgemeinden werden teils noch höhere Preise erzielt.
Diese Dynamik erschwert nicht nur privaten Bauwilligen den Zugang zu Eigentum, sondern auch gemeinnützigen Bauträgern die Realisierung geförderter Wohnbauprojekte. Die nun beschlossene Bausperre und die geplante Ausweisung von Vorbehaltsflächen sind daher ein Versuch, steuernd in den überhitzten Markt einzugreifen.