Baustoffe & Forschung : Baumaterial aus Rest- und Abfallstoffen: Startschuss für neues CD-Labor an der TU Graz
Acht gewichtige Unternehmenspartner mit im Boot
Nachhaltig hergestellte Betonmischungen aus mineralischen Rest- und Abfallstoffen könnten in Zukunft vor allem in korrosionsanfälligen Anwendungsbereichen wie Abwassersystemen, Bioabfallanlagen oder Tunneldrainagen zementgebundenen Beton ersetzen - für Cyrill Grengg vom Institut für Angewandte Geowissenschaften der TU Graz ist das nicht nur ein erreichbares Ziel, sondern auch ökonomisch und ökologisch sinnvoll.
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Er leitet das heute offiziell eröffnete „Christian Doppler Labor für reststoffbasierte geopolymere Baustoffe in der CO2-neutralen Kreislaufwirtschaft“ und hat für sein Vorhaben acht starke Unternehmenspartner an seiner Seite: voestalpine Stahl Donawitz GmbH, Stahl- und Walzwerk Marienhütte GmbH, brantner green solutions GmbH, Initiative Ziegel, Forschungsverein Stein- und keramische Industrie, CharLine GmbH, Kirchdorfer Fertigteilholding GmbH, MM-Kanal- Rohr- Sanierung GmbH und die Gemeinschaft steirischer Abwasserentsorger (u.a. Linz AG und AWV Wiener Neustadt) sehen alle Potenzial in der Nutzung von Bauschutt, Schlacke, Hüttenschotter, Mineralwolle oder Asche für umweltfreundlicheren und widerstandsfähigeren Beton.
Das jüngste CD-Labor der TU Graz wurde am 3. März 2023 in der Aula der TU Graz eröffnet. Sieben Jahre lang wird nun gemeinsam mit den acht Industriepartnern geforscht. Größter öffentlicher Fördergeber des CD-Labors ist das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft. "Die Vielzahl der beteiligten Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen zeigt das große Interesse an mehr Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit. Baustoffe aus Rest- und Abfallstoffen bringen nicht nur wirtschaftliche Vorteile, sondern tragen auch zur Entlastung der Umwelt bei. Das hier erforschte Know-how kann die Basis für viele weitere Innovationen sein“, betont Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher.
Weniger Zement, Ressourcen und Korrosion
Im CD-Labor werden mineralische industrielle Sekundärrohstoffe wie Schlacken und Aschen sowie Reststoffe wie mineralische Wolle und tonhaltige Abbruchmaterialien aufbereitet und je nach Bedarf und Anwendung mit kohlenstoffreichen Reststoffen wie (Alt-)Ölen, Biomasseabfällen oder organischen Fasern verbunden. Das so entstandene Geopolymer ist eine Alternative zu zementbasiertem Beton: Es bietet vergleichbare Materialeigenschaften, hat eine bessere Beständigkeit gegen viele Arten von Korrosion und führt zu weniger Ressourcenverbrauch durch Recycling von bisher deponierten Rest- und Abfallstoffen.
„Chemisch gesehen ist das Geopolymer etwas völlig anderes als Portlandzement, die physikalischen Eigenschaften sind aber sehr ähnlich oder teilweise sogar besser“, sagt Cyrill Grengg, der vor allem in der deutlich höheren Korrosionsbeständigkeit ein grosses Potenzial für Geopolymere sieht. Portlandzement ist das mit Abstand am häufigsten verwendete Bindemittel im modernen Bauwesen. Er ist jedoch anfällig für Korrosion durch Wind, Wetter und andere Umwelteinflüsse wie (bio-)chemisch aggressive Abwässer aus Kanalisationssystemen und Kläranlagen. Dies führt zu Sicherheitsproblemen und hohen Kosten für die Instandhaltung der Bauwerke: Weltweit werden die durch Korrosion verursachten Kosten auf 2,5 Billionen US-Dollar (oder ca. 3,4 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts) geschätzt, ein Großteil davon entfällt auf den Baustoff Beton.
Von den Deponien in die Kreislaufwirtschaft
Gleichzeitig ist die Herstellung von Baustoffen für rund neun Prozent aller weltweit verursachten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Und auch beim derzeitigen Umgang mit Rest- und Abfallstoffen, etwa aus Bauprojekten, gibt es noch große Potenziale für die Kreislaufwirtschaft: Jährlich fallen 54 Millionen Tonnen mineralische Abfälle an, das sind 76 Prozent des gesamten Abfallaufkommens. Davon werden fast 60 Prozent deponiert, wodurch wertvolle Ressourcen und große Flächen für Deponien verloren gehen.
„Die im CD-Labor verwendeten Rest- und Abfallstoffe werden heute zum größten Teil deponiert und nur zu einem geringen Teil recycelt. Wir wollen diese Stoffe von der Deponie weg in eine CO-neutrale Kreislaufwirtschaft bringen“, sagt Cyrill Grengg.
Elfköpfiges Team
Das Team des CD-Labors besteht neben Laborleiter Cyrill Grengg aus Florian Mittermayr, Sara Raič, Florian Steindl, Stefanie Radinger, Bettina Ratz, Ognjen Rudić, Delara Etezad, Sylvia Perchthold, Iris Zögl und Jürgen Liederer.
In Christian Doppler Labors wird anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau betrieben, hervorragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kooperieren dazu mit innovativen Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit gilt die Christian Doppler Forschungsgesellschaft (CDG) international als Best-Practice-Beispiel. CD-Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert. Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW).