Steuerrecht : Alles zu Betriebsausgabenabzug von Strafen und Verteidigungskosten
Der Anlassfall und die Konstellation
Gegen ein österreichisches Unternehmen wurden Geldbußen wegen wettbewerbswidrigen Preisabsprachen nach Art 101 AEUV und Art 53 EWR-Abkommen verhängt. Die im Zusammenhang mit dem Verfahren entstehenden Rechtsberatungskosten setzte das Unternehmen als Betriebsausgaben an, die entsprechenden Vorsteuern werden geltend gemacht.
Zusätzlich wurden bereits während des sich anbahnenden bzw laufenden Verfahrens gewinnmindernd Rückstellungen in Höhe der erwarteten Strafe gebildet und die Differenz zur endgültigen Strafe zusätzlich als Betriebsausgabe geltend gemacht. Im Rahmen der Betriebsprüfung wurde sowohl der Betriebsausgabenabzug der Strafe als auch der Rechtsberatungs- und Verfahrenskosten versagt.
Der Fall landete letztendlich vor dem Bundesfinanzgericht, das mit Erkenntnis vom 27.3.2023 (Geschäftszahl RV/5101606/2015) darüber entschied.
Abzugsverbot hinsichtlich Strafen
Gemäß § 20 Abs 1 Z 5 EStG und gleichlautend auch gemäß § 12 Abs 1 Z 4 KStG sind Strafen und Geldbußen, die von Gerichten, Verwaltungsbehörden oder den Organen der Europäischen Union verhängt werden, sowie weiters auch Verbandsgeldbußen nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz ausdrücklich als nicht abzugsfähige Aufwendungen definiert und daher vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen.
Vom Abzugsverbot betroffen ist allerdings nur die „echte Strafe“ mit Pönalcharakter, nicht ein darin allenfalls enthaltener Abschöpfungsanteil. Dies ist jener Teil, der die Abschöpfung des rechtswidrig erlangten Vorteils betrifft. Dieser ist als Betriebsausgabe abzugsfähig, sofern aus der gerichtlichen bzw behördlichen Entscheidung eindeutig hervorgeht, in welchem Umfang die insgesamt verhängte Geldbuße auf die Abschöpfung der Bereicherung entfällt. Ist dies nicht klar ersichtlich, komme das steuerliche Aufteilungsverbot zum Tragen, welches zur Nichtabzugsfähigkeit des Gesamtbetrages führt.
Zur Gänze nicht abzugsfähig sind allerdings EU-Geldbußen oder Geldbußen nach dem österreichischen Kartellgesetz, die wegen Wettbewerbsverstößen von der Europäischen Kommission bzw dem österreichischen Kartellgericht verhängt werden, da diese ausschließlich bestrafenden Charakter haben.
Als weitere Folge der ertragsteuerlichen Nichtabzugsfähigkeit von Aufwendungen, versagt § 12 Abs 2 Z 2 lit a UStG den Vorsteuerabzug. Diese Thematik war allerdings nicht Teil des aktuellen Verfahrens vor dem BFG.
Vor dem obengenannten Hintergrund entschied das BFG, dass das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug hinsichtlich der Strafe zu Recht abgelehnt hatte. Folglich war auch die Bildung der Rückstellungen in den Vorjahren steuerlich nicht abzugsfähig.
Das Abzugsverbot hinsichtlich Strafen und Geldbußen war im relevanten Zeitraum zwar noch nicht in der heutigen Form anwendbar, dennoch habe der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bereits klargestellt, dass Geldstrafen im Allgemeinen auch nach der alten Rechtslage vor dem Abgabenänderungsgesetz 2011 nicht abziehbar sind, anderenfalls der Pönalcharakter der Geldbuße unterlaufen und die Geldbuße infolge der Reduktion der Steuerlast von der Allgemeinheit mitgetragen werden würde.
Betriebsausgabenabzug von Verteidigungskosten
Bezüglich Verteidigungskosten lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen, ob mit Strafen zusammenhängende Verteidigungskosten ebenfalls nicht abzugsfähig sein sollen. Sowohl die Finanzverwaltung als auch Teile der Literatur vertraten in der Vergangenheit die Auffassung, dass die Verteidigungskosten das Schicksal der Strafen teilen würden. Diese Auffassung vertrat das Finanzamt im aktuellen Fall erneut.
Der VwGH hat jedoch bereits in der Vergangenheit entschieden, dass der Betriebsausgabenabzug von Verteidigungskosten nicht mit der Begründung versagt werden könne, dass bei einer Berücksichtigung dieser Kosten der Strafzweck (teil)weise vereitelt würde.
Entscheidungserheblich ist vielmehr, ob ein Kausalzusammenhang der Verteidigungskosten mit dem Betrieb vorliege, oder dieser durchbrochen werde. Selbst wenn die Festsetzung von Preisen in Absprache mit anderen Unternehmen erfolge, so findet sie nach Ansicht des VwGH dennoch im Rahmen der Betriebsführung statt (Erkenntnis vom 22.3.2018, Ro 2017/15/0001).
Das BFG folgte dieser Rechtsprechung und sah, wie auch der VwGH, einen unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen den Verteidigungskosten und dem Betrieb, weil die Preisabsprachen im Rahmen der Betriebsführung stattfanden. Insoweit war der Betriebsausgabenabzug der Verteidigungskosten folglich nicht zu versagen und steht dem Unternehmen auch der Vorsteuerabzug aus den Rechtsberatungsaufwendungen zu.
Fazit
Geldbußen und Strafen wurden mittlerweile weitestgehend vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen. Ausnahmen können für die Abschöpfung des zu Unrecht erlangten wirtschaftlichen Vorteils gelten. Verfahrens- und Vertretungskosten teilen das Schicksal der Strafen nicht unbedingt. Insoweit ein Kausalzusammenhang mit dem Betrieb vorliegt, kann sowohl ein Betriebsausgabenabzug als auch die Vorsteuer geltend gemacht werden.
Tipps und Tricks
- Vom Arbeitgeber übernommene Strafen (zB Verkehrsstrafen) stellen einen steuer- und SV-pflichtigen Vorteil aus dem Dienstverhältnis (Sachbezug) dar und sind beim Arbeitgeber als Betriebsausgabe (Lohn-/Gehaltsaufwand) abzugsfähig. Eine Geltendmachung als Werbungskosten beim Arbeitnehmer scheidet aus.
- Kosten eines Zivilprozesses sind Betriebsausgaben, sofern der Prozessgegenstand objektiv mit dem Betrieb zusammenhängt – unabhängig von der Art der Beendigung des Verfahrens.
- Kosten eines Verwaltungsverfahrens (zB Bauverfahren, Verfahren im Gewerberecht) sind bei betrieblichem Zusammenhang abzugsfähig.
- Die Kosten einer finanzstrafrechtlichen Selbstanzeige, die schwerpunktmäßig Betriebssteuern oder die Höhe der betrieblichen Einkünfte betrifft, sind abzugsfähig. Außerhalb der betrieblichen Sphäre sind diese Kosten regelmäßig als Sonderausgaben abzugsfähig, insoweit sie an berufsrechtlich befugte Personen geleistet werden.
- Obwohl Steuern vom Einkommen nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden können, können mit den Steuern in Verbindung stehende Beratungs- und Abwicklungskosten als Betriebsausgaben bzw Sonderausgaben abgezogen werden.
- Vom Abzugsverbot in § 20 Abs 1 Z 5 EStG umfasst sind weiters Geld- und Sachzuwendungen, deren Gewährung oder Annahme mit gerichtlicher Strafe bedroht ist (zB Schmier-/Bestechungsgelder), Abgabenerhöhungen nach dem Finanzstrafgesetz und Leistungen aus Anlass einer Diversion.