Steuerrecht : Vertragsgestaltung bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen

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Beginn bereits in Angebotsphase

Die steuerliche Würdigung einer grenzüberschreitenden Tätigkeit sollte bereits in der Angebotsphase beginnen. Doch es ist nicht damit getan, dass Sie um die Konsequenzen Ihres Tuns wissen. Sie sollten daraus auch die richtigen Folgen für den abzuschließenden Vertrag ziehen. Negative steuerliche Folgen und jahrelange Streitigkeiten mit Behörden oder dem Vertragspartner können dadurch vermieden werden. Eine ungeplante und ungerechtfertigte indische Quellensteuer in Höhe von 20% des Auftragsvolumens, deren Rückerstattung Jahre dauern und hohe Aufwendungen für externe Berater verschlingen kann, kann zu einem finanziellen Fiasko werden.

Die Beratungspraxis zeigt, dass steuerliche Aspekte in Verträgen vielfach kaum bis gar nicht berücksichtigt werden. In Verträgen wird zu Steuern bisweilen gar nichts geregelt, vorhandene Steuerklauseln sind regelmäßig missverständlich bzw falsch formuliert. Nicht sämtliche ausländischen Steuern können immer vermieden bzw in Österreich verwertet und so zum Kostenfaktor werden. Darüber hinaus kann die steuerliche Abwicklung teuer zu Buche schlagen. Haben Sie derartige Kosten nicht bereits im Angebot berücksichtigt, leidet Ihre Projektmarge darunter.

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AKTUELLE AUSGABE

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Wer trägt die Umsatzsteuer?

Die Umsatzsteuer wird vom Auftragswert berechnet und beträgt in fast allen EU-Mitgliedsstaaten 19 % oder mehr. Vertragspreise sollten exklusive Umsatzsteuer und vergleichbaren indirekten Steuern vereinbart werden.
Damit besteht Klarheit, wer indirekte Steuern allenfalls zu tragen hat. Ist die Steuer vom Auftragnehmer abzuführen, sollte eine entsprechende Vertragsbestimmung klären, dass der Aufraggeber die gezahlte Steuer, gegen entsprechenden Zahlungsnachweis, zu ersetzen hat. Eine Diskussion bezüglich dieser Überwälzung ist von Unternehmenskunden nicht zu erwarten, da diese die Umsatzsteuer in der Regel wieder als Vorsteuer geltend machen können und somit keine endgültige Belastung erfahren.

Ausschluss von Quellensteuern

Zusätzlich ist es als Auftragnehmer empfehlenswert, Preise exklusive allfälliger Quellensteuern zu vereinbaren. Quellensteuern sind vom Auftraggeber einzubehalten und an das lokale Finanzamt abzuführen. Einmal einbehalten und abgeführt, liegt es meist am Auftragnehmer sich mit der ausländischen Finanzverwaltung auseinanderzusetzen, ob und in welcher Höhe diese wieder refundiert wird. Derartige Rückerstattungsverfahren können langwierig, mühsam und teuer werden.
Selbst, wenn Sie eine ungeplant und unrechtmäßig einbehaltene Quellensteuer wieder voll retourniert bekommen, müssen Sie diese für den Zeitraum des Rückerstattungsverfahrens zwischenfinanzieren. Quellensteuersätze betragen teilweise 20% und mehr – von der relevanten Vergütung! Besonders bedroht sind etwa technische Dienstleistungen, Lizenzgebühren, Software, oder „Know-How“. Zusätzlich unterliegen die Personalgestellung (zB Österreich) oder Vermietungsleistungen (zB Tschechien) in manchen Staaten einer Quellensteuer.

Quellensteuern können vielfach durch Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) gänzlich oder zum Teil vermieden werden. Dies ist allerdings meist an Formalvoraussetzungen gebunden (zB Vorlage einer Ansässigkeitsbescheinigung) und Sie sind auf die Mithilfe bzw die Bereitschaft des abzugsverpflichteten Auftraggebers angewiesen, die Quellensteuer bereits bei Zahlung abkommenskonform zu reduzieren.
Sie sollten daher vereinbaren, dass Ihr Auftraggeber Sie vorzeitig über einen geplanten Steuerabzug und dessen mögliche Vermeidung informieren muss. Nachdem der Antrag auf DBA-Anwendung in manchen Staaten nur vom Abzugsverpflichteten eingereicht werden kann, sollte diesfalls vereinbart werden, dass der Auftraggeber Sie bei der DBA-Anwendung unterstützt.

Ist ein Quellensteuereinbehalt durch den Auftraggeber unvermeidbar, sollten Sie diesen zur Übermittlung von Steuerbelegen bzw sonstigen Nachweisen über die Steuerabfuhr verpflichten. Ohne derartige Belege können Rückerstattungsanträge bzw die Anrechnung der ausländischen Steuer im Inland scheitern.

Incoterms und Steuern

Wenngleich Incoterms für die umsatzsteuerliche Beurteilung von Lieferorten lediglich Indizwirkung entfalten, sollte die Verwendung derartiger Lieferklauseln bei der Planung von Liefergeschäften nicht außer Acht gelassen werden.
Vor allem bei Reihengeschäften spielen die Handhabung der Transportverantwortlichkeit und die richtige Verwendung von Incoterms eine entscheidende Rolle und können zur Brechung von Reihengeschäften führen. Regeln Sie bei Abholfällen, welche Nachweise der Kunde innerhalb welcher Frist zu erbringen hat und, dass die Steuer bei Nichteinhaltung nachträglich in Rechnung gestellt werden darf.

Folgen von Vertragverletzungen

In einem Vertrag sollten Sie jedenfalls auch für Steuern regeln, dass die Folgen einer Vertragsverletzung von der Partei zu tragen sind, welche die Vertragsverletzung begangen hat. Scheitert die abkommenskonforme Quellensteuerreduktion etwa an der mangelhaften Vorlage nötiger Unterlagen durch den Auftragnehmer, so muss dieser auch die Konsequenzen daraus tragen.

Folgen misslungener Betriebsstättenvermeidung

Überschreiten Bau- bzw Montageprojekte in einem anderen Land eine bestimmte Dauer (lt OECD-Musterabkommen 12 Monate), so wird eine Bau- bzw Montagebetriebsstätte begründet. Der Projektstaat darf dann einen Teil des Projektergebnisses und die Bezüge der vor Ort eingesetzten Dienstnehmer besteuern.
Insbesondere wenn Projekte zur Kostenreduktion bewusst kürzer als die im jeweiligen DBA geregelte Betriebsstättenfrist geplant werden, sollte mit dem Kunden vereinbart werden, dass dieser allfällige Mehrkosten aus einer lokalen Betriebsstättenabwicklung zu tragen hat, wenn die Begründung der Betriebsstätte in seiner Verantwortung liegt (zB wegen Verschiebung der Baustelleneinsätze).

Tipps und Tricks

1. Vorsicht mit Musterverträgen bzw Musterklauseln. Steuerklauseln, die in europäischen Staaten funktionieren, können zB in Südostasien unwirksam sein.

2. Legen Sie sich dennoch möglichst breit anwendbare Muster bereit. Setzen Sie diese konsequent und zielgerichtet ein. Unterschätzen Sie jedoch die Bedeutung einer zumindest länderspezifischen Prüfung durch rechtskundige Personen nicht.

3. Vergessen Sie bei der Aufnahme von Steuerklauseln in bestehende Vertragsmuster nicht darauf die verwendeten Begrifflichkeiten im Vertrag zu definieren.

4. Die Überwälzung von direkten „Gewinnsteuern“ (zB Körperschaftsteuer) auf den Kunden ist nicht empfehlenswert – außer Sie möchten Ihre Marge offenlegen.

5. Informieren Sie sich bereits in der Angebotsphase über mögliche Steuerrisiken im Projektland. Diese entscheiden, welche Steuerklauseln sinnvoll sind.

6. Unterschätzen Sie die drastischen Auswirkungen von einbehaltenen Quellensteuern nicht. Die Refundierung kann Jahre dauern und hohe Kosten verursachen. Erfolgt die finale Quellenbesteuerung abkommenswidrig, ist eine Verwertung (zB durch Anrechnung) in Österreich in der Regel insoweit ausgeschlossen. Es droht Doppelbesteuerung, welcher dann nur mit Verständigungsverfahren beizukommen ist. Deren Ausgang ist allerdings ungewiss.

7. Ist nur ein Teil Ihres Gesamtauftrages von Quellensteuern bedroht, spezifizieren Sie bereits im Vertrag den anteiligen Preis dieses Auftragsbestandteiles. Sie wirken dadurch einer (willkürlichen) Schätzung der Bemessungsgrundlage durch den Vertragspartner bzw durch die ausländische Behörde entgegen.

8. Steuern, die zu einem Kostenfaktor werden, sollten in der Preiskalkulation berücksichtigt werden!

9. Behalten Sie allfällige Fristen für Rückerstattungsanträge bzw die Einleitung von Rechtsmitteln und Verständigungserfahren im Auge. Ein Fristversäumnis ist in der Regel nicht sanierbar.

10. Prüfen Sie als Auftraggeber stets ihre gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen im Hinblick auf Steuern. Werden z. B. Quellensteuern vom Vertragspreis ausgenommen und müssen diese abgezogen werden, erhöhen diese Ihren Vertragspreis!