Energie : Wiener Wohnbauten werden ohne Gas energiefit

Rendering mit Technikzentrale Deutschordenstraße

So soll sich das Wohngebäude von Wiener Wohnen in der Deutschordenstraße nach der thermischen Sanierung präsentieren, im Vordergrund ist die Technikzentrale.

- © K18 cgi GmbH

58 Sanierungsprojekte in der Bauphase

220.000 Gemeindewohnungen gibt es in Wien, 90.000 davon verwenden für die Heizung beziehungsweise Warmwasseraufbereitung noch Gas. Quasi ein No-Go, denn 17 Jahren sollen fossile Energien in der Bundeshauptstadt ausgedient haben. Mit Partnern wie Wien Energie, Bauingenieur-Expert:innen und den Erfahrungen aus Pilotprojekten werden „Raus aus Gas“-Lösungen für alle Wiener Gemeindebauten erarbeitet. Eines dieser Pilotprojekte befindet sich in der Deutschordenstraße. Es handelt sich dabei um ein in den 1950er-Jahren errichtetes Gebäude mit 277 Wohneinheiten.

Thomas Machanec, Vizedirektor Wiener Wohnen, erklärt die Vorgangsweise: „Bei den Wohnhausanlagen werden zuerst die Versorgungsmöglichkeiten untersucht. Viele der etwa 1.800 Gemeindebauten liegen im Fernwärmeversorgungsbereich oder sind schon an die Fernwärme angeschlossen. Bei einem kleinen Teil der Anlagen ist keine Fernwärme verfügbar, hier setzen wir auf alternative Energielösungen wie beim Pilotprojekt in der Deutschordenstraße.“

Insgesamt befinden sich aktuell 58 Sanierungsprojekte in der Bauphase, das betrifft rund 14.000 Gemeindewohnungen in ganz Wien. Das neue Energiesystem gewinnt durch die thermische Sanierung der Gebäude und der damit einhergehenden Energieeinsparung.

Auch im Bereich Photovoltaik gibt es ambitionierte Projekte. Mehr darüber lesen Sie hier.

Bei einem kleinen Teil der 1.800 Gemeindebauten ist keine Fernwärme verfügbar, hier setzen wir auf alternative Energielösungen wie beim Pilotprojekt in der Deutschordenstraße.
Thomas Machanec, Vizedirektor Wiener Wohnen

Hocheffizientes alternatives Energiesystem

Die dezentralen Gasthermen in der Deutschordenstraße werden durch eine zentrale Wärmepumpenanlage zur Heizung und Warmwasserbereitung ersetzt. „Wir errichten hier eine Kombination aus Luft- und Erdwärmepumpen und insgesamt 20 Tiefenbohrungen mit je 150 Mieter Tiefe sowie eine Photovoltaik-Anlage. In den Wohnungen wird eine Wohnungsstation mit Wärmetauscher verbaut. Dadurch ist das System wesentlich wartungsärmer als dezentrale Gasthermen. Die Herausforderung ist, das neue Energiesystem so flexibel zu gestalten, dass ein nachträgliches Anschließen von Wohnungen in verschiedenen Zeitabständen möglich ist“, informiert Thomas Schuster, Leiter Referat Neubau.

Verständnis und Offenheit seitens der Bewohner:innen sei enorm wichtig für die Umsetzung. Die Umstellung erfolgt nämlich freiwillig und auch das Heizverhalten gehört nach dem Tausch angepasst, da das System durch die geringe Vorlauftemperatur wesentlich träger ist.

Es bedarf einer Bewusstseinsbildung und einer intensiven Beratung der Mieter:innen in Bezug auf dem Weg „Raus aus Gas“, um eine möglichst hohe Anschlussquoten zu erreichen und die Umstellung der Wohnungen für die die Wiener:innen möglichst einfach zu gestalten. Übrigens: Der größte Teil der Leitungen und Heizkörper kann bei der Umstellung in den Wohnungen erhalten bleiben.

Thomas Schuster, Leiter Referat Neubau Wiener Wohnen

- © Wiener Wohnen/Jennifer Fetz
Die Herausforderung ist, das neue Energiesystem so flexibel zu gestalten, dass ein nachträgliches Anschließen von Wohnungen in verschiedenen Zeitabständen möglich ist.
Thomas Schuster, Leiter Referat Neubau Wiener Wohnen

Fehlende Bundesgesetze

Eine weitere Herausforderung stellt sich für Wiener Wohnen durch das Fehlen der für die Umsetzungsmaßnahmen gesetzlichen Voraussetzungen seitens des Bundesgesetzgebers dar, insbesondere für eine effiziente und nachhaltige Gesamtumstellung des Energieversorgungssystems von Wohnhausanlagen (EWG, MRG).

„Wir haben uns aber entschieden, trotz dieser ausstehenden gesetzlichen Regelungen den Energieumstieg bei diesem Pilotprojekt umzusetzen, um nicht zuletzt wertvolle Erfahrungen für „Raus aus Gas“-Lösungen für alle Gemeindebauten sammeln zu können“, so Thomas Machanec.

Daten zum Pilotprojekt Deutschordenstraße

errichtet 1953-1955

277 Wohneinheiten

Bruttogrundfläche: 19.700 m2


Bei dem Pilotprojekt Deutschordenstraße handelt es sich um eine thermisch- energetische Wohnhaussanierung mit Aufzugszubauten. Die wesentlichen Ziele der Sanierung können durch folgende (größtenteils schon umgesetzten) Sanierungsmaßnahmen verdeutlicht werden:

* Reduktion des Heizwärmebedarfs um rd. 80 %

* Tausch der Eingangstüren auf einbruchhemmende Brandschutztüren

* Einbau von Wärmeschutzfenstern (Holz-Alu / U-Wert 1,0 W/m²K)

* Zubau von 21 Personenaufzügen

* Erneuerung und Verbreiterung des Eingangsbereiches und Herstellung einer rollstuhlgerechten Rampe

* Herstellen eines Kinderwagen- und Fahrradabstellraumes

* Erweiterung der Außenbeleuchtung

* Druckbelüftungsanlagen oder Brandrauchentlüftungen um die Sicherheit im Brandfall erheblich zu erhöhen

Thermische Sanierung Fassade Deutschordenstraße Wiener Wohnen
© MA20/Christian Fürthner