Dämmstoffe : Dämmung im Hausbau: der große Überblick

Dämmstoffe verbaut Österreich
© WEKA Industrie Medien / Johanna Kellermayr / Quelle GDI 2050

Informationshunger nach Dämmstoffen

Die 600 von BauInfoConsult befragten Bauakteure informierten sich mit Abstand am meisten zum Thema Dämmung (z.B. Mineralwolle, PUR/PIR, PS, WDVS-Systeme). Und zwar mit 31 Prozent, danach folgen Heizung mit 24, Sanitär mit 23, Trockenbau mit 22 und Dachdeckung mit 21 Prozent. Die Top 5 der Produkte, über die vor allem nach Informationen gesucht werden, wird laut Studienherausgeber von Themen dominiert, die mit den zentralen Anforderungen an das Bauen im Gebäudeenergiegesetz (GEG) zu tun haben, sprich Produkte, die das darin zentrale Thema Energieeffizienz betreffen wie Dämmstoffe oder Heiztechnik.
Dabei ist der Komplex Dämmung bei fast allen betrachteten Bauzielgruppen von großer Relevanz – mit der naheliegenden Ausnahme des SHK-Handwerks, das dagegen – zusammen mit einigen Architekten – vornehmlich am Thema Heizung interessiert ist.

Befragt wurden in telefonischen Interviews 600 Architekten, Bauunternehmen, Dachhandwerker sowie Maler-, Trockenbau- und SHK-Handwerksbetriebe zu ihren Informationsvorlieben und -gewohnheiten.

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Nachfrage nach Dämmstoffen steigt

Passend zum oben erwähnten Suchverhalten zeigen sich auch die von Branchenradar erhoben Marktzahlen. So zeigt sich bei der Marktanalyse auch, dass es vor allem die organischen Dämmstoffe waren, die hoch im Kurs standen.
Binnen eines Jahres stieg der Umsatz um mehr als ein Viertel. Dennoch: mit einem Umsatzanteil von rund sechs Prozent fristet die Produktgruppe nach wie vor ein Nischendasein. Die Vorlage aus dem letzten Jahr öffnet jedoch die Vision einer prosperierenden Zukunft, nicht zuletzt, weil ein breit angelegtes Lobbying für ökologische Dämmstoffe den Weg ebnet.
Das Wachstum der organischen Dämmstoffe ging im Übrigen zu Lasten von Mineralwolle. Fassadendämmungen mit Schaumstoff blieben davon unberührt.

Näheres zu den Marktdaten für Österreich zeigt auch eine Markterhebung für 2021 für den Dämmstoff-Verbau von GDI 2050. Als leicht rückläufig erwies sich die Mineralwolle in der Dämmung, während Schaumstoffe und mineralische Dämmstoffe ein Plus verzeichneten.

Hier geht es zum gesamten Bericht.

  • Clemens Demacsek, Geschäftsführer GDI 2050

    "Es ist erfreulich, dass die in Österreich verkauften und verarbeiteten Dämmstoffmengen wieder zulegten. Es gibt aber auch Schattenseiten. Während der Neubau weiterhin gut läuft, ist die thermische Sanierung vom Volumen her noch lange nicht dort, wo sie hingehört.“

Steigende Preise bei Dämmstoffen

Die aktuelle Branchenradar-Studie zu "Dämmstoffen in Deutschland 2023" vom Erhebungszeitraum November 2022 beschäftigt sich auch mit den steigenden Preisen der Branche. Dieser klettert in Deutschland 2022 erstmals auf drei Milliarden Euro. Für Wachstum sorgen allerdings ausschließlich steigende Verkaufspreise. Die Nachfrage liegt um ein Prozent hinter Vorjahr.

Massive Verteuerungen bei Rohstoffen und explodierende Energiepreise zwingen die Hersteller von Dämmstoffen, ihre Verkaufspreise im laufenden Jahr drastisch zu erhöhen. Zwar weichen infolge der Preiserhöhungen viele Kunden auf günstigere Produkte aus, der reale Preisauftrieb ist dennoch gewaltig.

So erhöht sich der Durchschnittspreis etwa von EPS im Jahresabstand um knapp zwanzig Prozent und von Glaswolle um vierzehn Prozent. Eine Teuerung im einstelligen Prozentbereich konnte Branchenradar nur bei organischen Dämmstoffen erheben. Mit einem Plus um durchschnittlich rund acht Prozent ist der Preisanstieg aber auch hier ungewöhnlich hoch. Ob die Teuerung auch die Nachfrage bremst, kann nicht endgültig beantwortet werden. Auffällig ist allerdings, dass sich innerhalb des Dämmstoffmarktes Produktgruppen mit vergleichsweise geringem Preisauftrieb nachfrageseitig besser entwickeln als besonders stark verteuerte Produkte.

Energiesparen dank Fassadendämmung

Entscheidend für den Energieverbrauch im bewohnten Objekt ist nämlich auch, welche Fassadendämmung auf die Wände kommt. So zeigt Baumit in einem aktuellen Versuch im VIVA Forschungspark, was ein 48 Stunden langer Heizungsausfall im Zuge eines Blackouts bei Temperaturen rund um den Gefrierpunkt bewirkt. Dazu wurde in 12 Häusern des Forschungsparks die Heizung ausgeschalten. Die anfängliche Innentemperatur
betrug 21 °C, die Außentemperatur lag rund um den Gefrierpunkt.

Temperaturabfall nach 48 Stunden

Während der Testreihe, die typische Wintertage zur Grundlage hatte, wurden die niedrigsten
Temperaturen bei einem Heizungsausfall im ungedämmten VIVA Haus mit einem 25 cm Ziegel gemessen. Die Innentemperatur betrug trotz der Ausgangstemperatur von 21 °C nach 48 Stunden nur mehr knapp 10 °C und die Wandoberflächentemperatur lag sogar nur noch bei knapp 8 °C.
Nach erneuter Aktivierung der Fußbodenheizung dauerte es in den ungedämmten Häusern zudem nochmals mindestens drei volle Tage, um wieder die Ausgangstemperatur zu erreichen.
In den gedämmten Häusern in Massivbauweise lagen die Innentemperaturen nach 48
Stunden hingegen im Durchschnitt noch bei erträglichen 17 °C. Auch die Wandoberflächentemperaturen lagen im Mittel noch bei 16,5 °C. Die Wohlfühltemperatur von 21 °C wurde außerdem bereits nach einem Tagen wieder erreicht. Ein entscheidender Unterschied, der bei absolut gleichen Vorraussetzungen ausschließlich auf die Fassadendämmung zurückzuführen ist.

Dämmung ersetzt Klimaanlage

Bei einer zweiten Testreihe im VIVA Forschungspark belegen Messungen über den gesamten Sommer, dass im massiv gebauten und mit passenden Wärmedämmverbundsystem (WDVS)
ausgestatteten Haus an keinem einzigen Tag die maximal empfohlene Wohlfühltemperatur
von 24 °C im Innenraum deutlich überschritten wurde. Somit wäre an keinem Tag eine
Klimaanlage notwendig gewesen.
Ganz anders im ungedämmten Haus: Hier wäre insgsamt rund drei Wochen lang der Einsatz einer Klimaanlage notwendig gewesen. Das hätte Energieverbrauch und Kosten bedeutet.

  • Mag. Georg Bursik, Geschäftsführer Baumit GmbH

    „Es macht einen spürbaren Unterschied, ob ein Gebäude gedämmt ist oder nicht und zusätzlich ob es in Massiv- oder Leichtbauweise errichtet wurde. Ob im Winter oder im Sommer - die Kombination von Wärmedämmung und Speichermasse verhindert eine rasche Abkühlung bzw. Erwärmung. Jeder Quadratmeter thermisch-energetisch sanierte Fassade spart bis 100 kWh Energie pro Jahr, macht eine Klimaanlage überflüssig, schützt vor kurzfristigen Technikgebrechen und reduziert den CO2-Ausstoß deutlich. Nur die nicht verbrauchte Heiz- und Kühlenergie ist klimaneutral."

Massive Häuser mit Außendämmung speichern Energie am besten und gleichen Temperaturschwakungen optimal aus.
Aus Darstellungsgründen ist in der Grafik nur je ein gedämmtes Beton-, Ziegel- und Holzriegelhaus abgebildet.

- © Baumit

Ein mit WDVS gedämmtes Massivhaus benötigt im Sommer keine
Klimaanlage. Die Raumtemperatur kletterte nie signifikant über 24 °C.

- © Baumit

Kreislaufwirtschaft für Dämmmaterial

Wie sieht es mit der Entsorgung bzw. der Aufbereitung von Dämmstoffen aus? So nahm die Porr im Sommer 2022 im Recycling Center Himberg ihre Aufbereitungsanlage für Mineralwolle in Vollbetrieb. Das ist insofern ein wichtiger Schritt für den Baubereich, als es einerseits keine einheitliche Zusammensetzung von Mineralwolle gibt, sie je nach Hersteller variiert und als hochgefährlicher Abfall gilt, und andererseits darf sie ab 2026 nicht mehr deponiert werden und ist es jetzt schon ob ihres Volumens schwer zu deponieren.

Alle Details dazu lesen Sie hier!

Um den Überblick zu bewahren, veröffentlichte das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) im Vorjahr einen Leitfaden und ein Merkblatt zur Einstufung von EPS-Dämmstoffabfällen auf seiner Website. „Mit der Veröffentlichung von Leitfaden und Merkblatt steht der Branche seit kurzem ein profundes Nachschlagwerk zur Verfügung, das – Anwendung vorausgesetzt – uns viel Ärger und leere Kilometer ersparen und einen entscheidenden Beitrag zur Aufbereitung von Dämmstoffabfällen leisten wird“, so Clemens Demacsek, Geschäftsführer der GPH Güteschutzgemeinschaft Polystyrol-Hartschaum. „Dieser Leitfaden erläutert den chemikalien- und abfallrechtlichen Rahmen, beschreibt die Eigenschaften von EPS-Dämmstoffen, die in der Europäischen Union hergestellt wurden, und behandelt die Regeln für deren korrekte abfallrechtliche Einstufung“, fasst Demacsek zusammen.

Wesentliche Aspekte zur Entsorgung und Behandlungsverfahren von Dämmstoffen


1. Dämmstoffe aus EPS sind anhand ihrer Struktur zu identifizieren. Sie bestehen aus Schaumstoffkügelchen mit einer deutlich erkennbaren Wabenstruktur. Die Bruchflächen sind grobkörnig und setzen vereinzelt Schaumstoffkügelchen frei. EPS-Dämmplatten sind meist weiß, grau, weiß-grau-meliert, schwarz und teilweise auch verschiedenfärbig (sogenannte „Automatenplatten“).

2. EPS enthielt früher das Flammschutzmittel HexaBromCycloDoDecan, kurz HBCDD, das gemäß der internationalen Stockholm-Konvention und der EU-POP-Verordnung ein persistenter, also in der Umwelt schwer abbaubarer, organischer Schadstoff ist. Vor einigen Jahren wurde auf das polymere Flammschutzmittel PolyFR (auch bezeichnet als pFR) umgestellt.

3. EPS wurde nie mit ozonschichtschädigenden Treibmitteln wie FCKW oder HFCKW geschäumt, sondern immer mit Pentan.

Behandlungsverfahren für EPS-Dämmstoffabfälle:
Für alte, HBCDD-haltige EPS-Abfälle stehen zwei Behandlungsverfahren zur Verfügung:


Verbrennung als nicht gefährlicher Abfall

Lösemittelbasiertes Recycling (zum Beispiel das CreaSolv®-Verfahren) – Erlaubt die Abtrennung von Verunreinigungen und des HBCDD.
Für neue, HBCDD-freie EPS-Abfälle stehen zusätzlich folgende Möglichkeiten zur Verfügung:

Wiederverwendung von EPS-Platten

Mechanisches Recycling – Gemahlene EPS-Abfälle können als wärmedämmender Leichtzuschlag für Beton, zementgebundene Ausgleichsschüttungen, Mörtel und Putze sowie als Porosierungsmittel bei der Herstellung von Ziegelsteinen eingesetzt werden.

Für neue, HBCDD-freie EPS-Abfälle stehen zusätzlich folgende Möglichkeiten zur Verfügung:

Wiederverwendung von EPS-Platten
Mechanisches Recycling – Gemahlene EPS-Abfälle können als wärmedämmender Leichtzuschlag für Beton, zementgebundene Ausgleichsschüttungen, Mörtel und Putze sowie als Porosierungsmittel bei der Herstellung von Ziegelsteinen eingesetzt werden.

Broschüre Entsorgung Dämmstoffe
Mit der Veröffentlichung von Leitfaden und Merkblatt durch das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie steht der Branche seit kurzem ein profundes Nachschlagwerk zur Verfügung. - © BMK