Baupreise : So wirkt sich die Teuerung auf die Bauwirtschaft aus
So zeigt sich die Situation am Bau derzeit
Martin Schörkhuber (GF SSP-ZT GmbH | Vorsitzender A.F.I.L.A. | Fachgruppenobmann gerichtlich beeidete Sachverständige für Bau und Immobilien für OÖ und SBG) fasst zusammen, womit am Bau-Beteiligte derzeit konfrontiert sind:
* Firmen erhalten manchmal keine Angebote mehr oder die Angebote haben keine Preisbindung.
* Der Baupreisindex als Marker für die Entwicklung am Markt zeigt folgende Werte:
- In den Jahren 2010-2015 gab es Steigerungen von ca. 12 % in 5 Jahren.
- Von 2015-2020 gab es Steigerungen von ca. 16 % in 5 Jahren.
- 2021 betrugen die Steigerungen plötzlich ca. 12 % in nur einem Jahr.
- Für 2022 gibt es noch keine genauen Werte. Schätzungen belaufen sich auf bis zu 25 %.
* Der Großhandelspreisindex für Eisen und Stahl hat sich in kurzer Zeit mehr als verdoppelt. Er geht zwar wieder zurück, aber es ist immer noch eine mehr als 50 % Steigerung gegeben.
Daniel Fügenschuh, Vizepräsident der Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen und Vorsitzender der Bundessektion ArchitektInnenIn, meint, dass in den vergangenen zwei Jahren durch Corona zwar eine gewisse Erfahrungssituation entstanden ist, man durch den Urkaine-Krieg jetzt aber noch tiefer in der Krise stecke und es dadurch unabsehbar sei, wie es weiter geht. "Als Planer sind wir die Ersten, die diese Herausforderungen spüren, bereits im Alltag durch einen viel größeren Aufwand aufgrund von Umplanungen etc.", so Fügenschuh.
Weiterarbeiten sei möglich, aber weitaus komplizierter und zeitintensiver – durch geänderte Techniken, andere Konstruktionsarten. Er appelliert, bei der Planung auf Qualität zu setzen.
Die Krise führt auch zu einem Entwicklungsschub, den wir nutzen sollten.Daniel Fügenschuh, Vizepräsident der Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen und Vorsitzender der Bundessektion ArchitektInnenIn
Claudius Weingrill, BIG, spricht seitens der Auftraggeber: "Infrastrukturprojekte wie Schulen können nicht einfach abgesagt werden, im Unterschied zu Privatprojekten. Wir bemühen uns um Alternativen und neue Lösungen, bei denen im Sinne einer partnerschaftlichen Projektabwicklung ein faires Auskommen, eine faire Preisgestaltung und eine faire Bezahlung trotzdem möglich sind."
Um Verzögerungen entgegenzuwirken, würde man versuchen, umzuschichten, alternative technische Lösungen zu realisieren oder andere Materialien zu verwenden etc.
Von Festpreisen hält Weingrill wenig: "Ich bin ein Verfechter von veränderlichen Preisen – ich halte diese Risikoverteilung schon immer für vernünftig."
„Einfach zu sagen, dann bauen wir eben nicht, ist keine adäquate Lösung.“Mag. Claudius Weingrill, BIG Leiter Abteilung „Architektur und Bauvertragswesen“
Wenn es um die Themen Baupreise und Verfügbarkeit geht, ist Robert Grieshofer, Geschäftsführer von C. Bergmann Baustoffhandel, kompetenter Ansprechpartner. Er weiß, dass es unangenehm ist, sagen zu müssen, dass Produkte nicht verfügbar sind oder eben nicht zu den gewohnten Preisen. "Es gilt, Alternativen zu finden. Wir wurden mit Preissteigerungen konfrontiert, die plötzlich bis zu 100-300 % ausmachten, statt wie gewohnt im einstelligen Prozentbereich lagen. Die Preisrallye hat mittlerweile etwas angehalten, auch die Materialverfügbarkeit ist besser", so Grieshofer. Sorgen mache ihm momentan mehr der Gasbereich, weil nicht abschätzbar ist, was ein Gaslieferstopp bedeuten kann. Ohne Gas sind viele Produkte nicht herstellbar.
Bei Bauprojekten verzeichnen wir keinen Abriss, diese werden auch bei zu erwartenden Preiserhöhungen durchgezogen.Robert Grieshofer, Geschäftsführer von C. Bergmann Baustoffhandel
Die vielen Ungewissheiten machen sich auch bei der Porr bemerkbar, wie es Wolfgang Wiesner, Abteilungsleiter Bauwirtschaft, beschreibt: "Wir haben das so noch nie erlebt haben. Gleichzeitig realisieren wir immer komplexere Gebäude mit immer komplexerem Inhalt, bei dem es mittlerweile bis hin zu verdreifachten Preisen kommen kann."
Beim Ausschreibungsvolumen müsse man laut Wiesner zwischen privatem und öffentlichem Bereich unterscheiden: In Ersterem geht das Volumen bereits zurück, bei öffentlichen Projekten bleibt es konstant. Er stellt klar: "Wir haben eine klare Präferenz für veränderliche Preise, wir verfügen in Österreich über ein sehr gutes System, das uns auch schon zu Corona-Zeiten geholfen hat."
Neue Vertragsformen könnten sowohl für Auftraggeber als auch für Auftragnehmer eine spannende Option sein: Open Book Systeme, wo Entstehungskosten offengelegt und gemeinsam mit den Auftraggebern beschafft werden. "Das hat den Vorteil, dass wir bei Teuerungen gemeinsam mit Auftragnehmer und Planer über neue Lösungen nachdenken", erklärt Wiesner.
Die Kosten für geistige Leistungen haben sich nicht verändert und werden interessanter, wenn Energie teurer wird.Wolfgang Wiesner, Abteilungsleiter Bauwirtschaft Porr
Wenn es um das Thema Energie und Betriebskosten geht, dann kennt sich Christoph Panhuber, General Manager Energie AG Renewable Power, Energie AG aus: "Die jetzigen Entwicklungen beeinflussen die Bauwirtschaft in doppelter Hinsicht – durch den Materialpreis gewisser Produkte mit energieintensiver Herstellung, aber auch in der Langzeitbetrachtung von Gebäuden. Betriebskosten haben eine völlig neue Dimension bekommen."
Der einzige Ausweg aus unserer Sicht sei, das Energiesystem zu reformieren und auf Erneuerbare zu setzen. "Wir müssen unabhängig werden, mit allem, was wir in Österreich erzeugen. Langfristig kann diese Umstellung funktionieren, die nächsten Monate oder sogar Jahre werden aber sicher herausfordernd", glaubt Panhuber.
Der Gaspreis hat mit seinen enormen Steigerungen auch massiv den Strompreis beeinflusst. Mit dieser Situation müssen wir jetzt leben, momentan erwartet niemand, dass diese schnell verschwindet.Christoph Panhuber, General Manager Energie AG Renewable Power, Energie AG