Baupreise : Teuerung macht auch vor Baustellen nicht Halt

Teilnehmer Baupreise Podiumsdiskussion

Baumeister Martin Humer, Architektin Olivia Schimek-Hickisch, Martin Schörkhuber, Baumeister Horst Irsiegler und Robert Grieshofer diskutierten über die Auswirkungen der Krisen auf die Preissteigerungen am Bau.

- © Fachgruppe Bauwesen der Gerichtssachverständigen OÖ/Sbg.

Teuerungen wohin man schaut. Nicht nur im Alltag, sondern quer durch alle Branchen. Wie dramatisch die Situation ist, zeigt sich laut Martin Schörkhuber, Fachgruppenobmann der Gerichts-Sachverständigen OÖ/Salzburg Bauwesen, anhand des Baupreisindexes: War die Preissteigerung von 2015 bis 2020, also innerhalb von fünf Jahren, bei 16 Prozent, so lag sie 2021 schon bei 12 Prozent in nur einem Jahr. Für heuer wird geschätzt überhaupt mit bis zu 25 Prozent gerechnet. Um seltene Baumaterialien wie Chips für Klimageräte ist ein wahrer Boom ausgebrochen, sie werden bis zum 10-fachen Wert ihres Preises versteigert.

In einem Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“ verweist Guntram Wolff, Direktor Brüsseler Thinktank Bruegel, darauf, dass, wenn die Energiepreise normal verlaufen wären und es keinen Ukrainekrieg geben würde, die Inflation deutlich niedrig wäre. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) musste ihre Prognosen bezüglich Teuerungsrate mehrfach korrigieren. Neben dem Krieg spiele auch der Zusammenbruch der globalen Lieferketten immer noch eine große Rolle.

Horst Irsiegler, Geschäftsführer der WAG Wohnungsanlagen GmbH/EBS Wohnungsgesellschaft mbH Linz/KALLCO Beteiligungs GmbH, spricht davon, dass vor allem Sanierungen eine Herausforderung seien: „Heuer stehen wir bei den Sanierungen vor der Herausforderung, einerseits Energie sparen zu müssen, auf der anderen Seite galoppieren die Preise davon. Wir betrachten daher jedes einzelne Objekt ganz genau und warten teilweise ab.“

Architektin Olivia Schimek-Hickisch glaubt, dass die Zukunft im Vergleich zur Pandemie schwieriger zu beurteilen ist: „Marktprägende Faktoren wie Energie, Verfügbarkeit und andere sind keine temporäre Erscheinung. Alles, was den Preis zusammensetzt, ist langfristig angefacht.“ Vielfach werde laut ihr davon ausgegangen, dass der Crash bereits diesen Sommer kommt, weil der Markt sich durch viele Projektstopps ausdünnt, die Unternehmen Aufträge benötigen und die Baustoffindustrie durch geringere Abnahme zu Preisnachlässen gezwungen ist. Dem gegenüber steht ein zweites Szenario vom Crash im Frühling 2023. „Wir raten unseren Auftraggebern, nicht zuzuwarten, weil die Faktoren nicht auf Entspannung deuten“, so Schimek-Hickisch.

Verfügbarkeit von Gas könnte zu Crash führen

Baumeister Martin Humer, stellvertretender Landesinnungsmeister Baugewerbe, sieht den Crash dann kommen, wenn es ein Gasproblem gibt: „Eine große Unsicherheit ist der Gasverbrauch, speziell im Neubaubereich benötigen Zement und Ziegel sehr große Gasmengen. Käme es zu erheblichen Einschränkungen oder gar einem Lieferstopp, dann ist ein Crash möglich. Bleibt die Gasversorgung konstant, denke ich, dass wir uns auf hohem Niveau bei den Materialpreisen seitwärts bewegen.“ Daran, dass die Preise im nächsten Jahr günstiger werden, glaubt er nicht.

Robert Grieshofer, Geschäftsführer der C. Bergmann KG, erwartet zumindest keine großen Preissteigerungen mehr und auch die Verfügbarkeit der Materialien habe sich bereits deutlich verbessert. Doch sowohl Corona als auch der Ukrainekrieg hätten den Markt verändert: „Die Rohstoffpreise sind deutlich gestiegen und anstatt Baumaterialien zu verkaufen, haben wir diese organisiert, um Kunden die Fortsetzung ihrer Bauprojekte zu ermöglichen. Die Situation hatte sich gerade etwas beruhigt, dann ist leider der Krieg dazugekommen. Jetzt sind ganz neue Produktgruppen von Preissteigerungen betroffen, oftmals im Wochentakt, und es kommt zu Lieferabrissen aus dem russischen/ukrainischen Raum.“

Die Situation hatte sich gerade etwas beruhigt, dann ist leider der Krieg dazugekommen.
Robert Grieshofer, Geschäftsführer der C. Bergmann KG

Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit

Eine Lösung, um der Materialknappheit und den Preissteigerungen zu begegnen, hat Architektin Olivia Schimek-Hickisch parat: „Mein Wunsch und Lösungsansatz für die Zukunft: eine nachhaltige Bauwirtschaft. Der Trend wird sicher dorthin gehen, der Markt sich in diese Richtung orientieren. Wir werden alle aus diesem Schock lernen und gemeinsam an Maßnahmen arbeiten."

Grünes Bauen ist auch seitens Baumeister Horst Irsiegler ein Appell: „Wir gehen hier neue Wege und möchten bei unseren Neubauten flächendeckend umsetzen, dass die benötigte thermische Energie mehr oder weniger selbst produziert wird.“ Ebenfalls als Thema sieht er die Kreislaufwirtschaft – weniger Neubauten, stattdessen Erhaltungswürdiges erhalten und weiterentwickeln.