Kommunikation und Kultur am Bau : Wie redest du eigentlich mit mir?

Stefan Ufertinger

Stefan Ufertinger ist Trainer für Kooperation und respektvolle Kommunikation auf der Baustelle. Mit über 15 Jahren Großprojekterfahrung weiß er, woran Bauprojekte scheitern. Er ist Geschäftsführer der Site Communications GmbH und Leiter Contract Management der AFRY Austria GmbH.

- © Jana Mack

Der innere Dialog

Diese Form des Respekts heißt Selbstachtung. Sie stellt zugleich das 4. Lernfeld des Respekt-Konzeptes dar. Entsteht hier eine Asymmetrie, ist die Folge auch eine Asymmetrie in den Beziehungen. Je geringer das Selbstbewusstsein, desto größer die Asymmetrie.

Den meisten Menschen ist nicht bewusst, wie sie mit sich selbst sprechen. Unsere Gedanken führen einen Dauerdialog in unserem Kopf. Wir sprechen ständig mit uns selbst. Die Neurowissenschaft sagt, dass diese Gedanken ohne unser Zutun von unserem Gehirn auf Basis unserer Erfahrungen im Leben erzeugt werden. Wir Menschen haben eine einzigartige Fähigkeit: Wir können diese Gedanken beobachten und sogar damit interagieren.

Dazu ist es notwendig, sich dieser Gedanken erst einmal bewusst zu werden. Vielfach laufen sie nämlich im Verborgenen ab und verursachen negative Emotionen. Scheinbar ohne Grund sind wir plötzlich übellaunig. Oft liegt das an unseren unbewussten Gedanken. Diese verurteilen unser jüngstes Verhalten aufs Übelste.

Egal, ob man sich in der Baubesprechung aufgrund zu wenig Vorbereitung blamiert hat, oder eine Aufgabe nicht ordentlich erledigt hat. Der Denker ist sofort zur Stelle und diskreditiert den ganzen Menschen. „Was bist du nur für ein Trottel?“, „Kannst du eigentlich gar nichts richtig machen?“, oder „Dich kann man auch zu gar nichts gebrauchen!“ sind dann gängige Beschimpfungen.

Wir gehen meist härter mit uns ins Gericht, als wir das mit einer Mitarbeiterin, oder einer Freundin jemals tun würden. Sobald wir hier achtsam werden und diese Gedanken ins Bewusstsein bringen, können wir damit auch arbeiten.

Selbstmitgefühl als Schlüssel zu mehr Respekt

Diese negative Sichtweise und die damit verbundene Verurteilung kommt aus dem eigenen Selbstwert. Je weniger davon, desto ausgeprägter ist die Schimpftirade. Diesen Mechanismus gilt es zu durchbrechen. Dazu sind folgende Schritte notwendig:

* Erkennen

* Unterbrechen

* Hinterfragen

* Selbstmitgefühl

Wie bereits erwähnt, ist es erforderlich, die Verurteilung in den Gedanken zunächst einmal zu erkennen. Man könnte damit beginnen, nach unliebsamen Erlebnissen in sich hineinzuhorchen: Was denke ich gerade? Wie rede ich mit mir selbst? Wie urteile ich über mein Verhalten?

Hat man erst einmal erkannt, dass man vernichtend mit sich selbst spricht, ist es wichtig, diesen Prozess zu unterbrechen. Ein klares innerliches „Stopp“ hilft hier oft Wunder. Damit kann man die Gedankenspirale unterbrechen und hat Raum, um in ein Selbstgespräch zu kommen.

In diesem Selbstgespräch geht man mit dem Denker in einen Dialog und hinterfragt dessen Ansichten. Man könnte ihm Fragen wie folgt stellen:

* War das Verhalten wirklich schlimm?

* Wie würde ich reagieren, wenn diesen Fehler ein Freund, eine Freundin gemacht hätte?

* Passiert dieser Fehler auch anderen?

* Sind die Folgen meines Verhaltens wirklich gravierend?

* Wie sehen andere mein Verhalten?

Mit den Antworten auf diese Fragen sollte sich das Verhalten relativieren. Damit ist Mitgefühl mit sich selbst möglich. Und sich somit selbst als Menschen zu betrachten, dem auch einmal ein Fehler erlaubt ist. Damit schafft man es, aus der Verurteilung in eine liebevolle Akzeptanz zu gelangen.

So geht man respektvoll mit sich selbst um

Respekt kommt vom lateinischen „respicere“, was so viel heißt wie „zurücksehen“. Damit ist es eng verwandt mit den Begriffen „Rücksicht“ und „berücksichtigen“. Respekt heißt also, alle Seiten seiner Persönlichkeit zu berücksichtigen. Genau darin liegt oftmals das Problem. Die negativen Seiten an uns sehen wir klar und deutlich, was wir gut machen und können dagegen nicht.

Das liegt an unserem eingebauten „Negativitätsfehler“. Was sich vom „Soll“ abhebt wird stärker wahrgenommen. Deswegen sehen wir unsere eigenen Fehler klar. Was wir dagegen gut machen, wird als selbstverständlich wahrgenommen. Da es uns keine Mühe kostet und leicht von der Hand geht, ist es keiner Würdigung wert.

Respektvoll mit sich selbst sein heißt also auch, das zu würdigen, was man gut kann. René Borbonus dazu: „Wer sich selbst würdigt, verhält sich würdevoll; wer sich würdevoll verhält, lässt auch anderen seine Würde.“ Demnach ist es sinnvoll, sich mehr mit den Dingen zu beschäftigen, welche gut laufen. Mit den Fähigkeiten, die uns auszeichnen. Eine wunderbare Möglichkeit dazu ist das so genannte Erfolgstagebuch. Darin werden die Erfolge des Tages in einem Journal notiert.

Würdigt man also seine ganze Persönlichkeit und geht in einen zielführenden Dialog mit sich selbst, geht man den Weg hin zu mehr Selbstachtung. Schritt für Schritt bringt man mehr Respekt sich selbst gegenüber und demzufolge auch seinem Umfeld.