Wie fügen sich die Übernahmen der letzten Jahre in die übergeordnete Wachstumsstrategie von Wienerberger ein? Sind für die kommenden Jahre weitere Akquisitionen geplant – und wenn ja, in welchen Märkten oder Segmenten?
Scheuch: Die wertschaffende Wachstumsstrategie von Wienerberger verfolgt gezielte Akquisitionen, um unser Portfolio an innovativen, nachhaltigen Lösungen laufend auszubauen und unsere Präsenz in ausgewählten Märkten zu stärken. Das erlaubt uns auch, agil auf Änderungen der Nachfrage zu reagieren, etwa wenn sich – wie letztes Jahr – einzelne Regionen rascher von globalen wirtschaftlichen Herausforderungen erholen als andere. Beispielsweise stieg die Nachfrage nach Wohnungsneubau in Osteuropa schneller als in anderen Regionen, dank unserer starken Position dort konnten wir davon profitieren.
Neben der vollständigen Übernahme von Terreal gab es 2024 auch strategische Akquisitionen wie beispielsweise im Bereich unserer Lösungsmarke Pipelife, wo Systemlösungen für Infrastruktur im Wasser- und Energiemanagement gebündelt sind –bereits heute macht Pipelife schon weit über 30 Prozent des Umsatzes aus und ist damit der größte Bereich des Konzerns. Mit der Übernahme der finnischen Slatek OY und der norwegischen Tekken AS verstärkte Wienerberger im letzten Jahr seine Präsenz für intelligentes Wassermanagement und Lösungen für die Wasserinfrastruktur im nordischen Markt.
Welche Rolle spielen regulatorische Vorgaben und ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) bei der M&A-Strategie von wienerberger? Gibt es spezielle Herausforderungen durch europäische Vorschriften wie die in Entwicklung begriffene Omnibus-Richtlinie?
Scheuch: Nachhaltigkeit war schon immer in der DNA von Wienerberger und integraler Bestandteil unserer Unternehmensstrategie. Daher bekennen wir uns zu den Zielen des Green New Deal. Mit unseren innovativen Lösungen – unter anderem in den Bereichen Dekarbonisierung und Kreislaufwirtschaft – treiben wir die grüne Transformation des gesamten Bausektors voran. Dazu gehört etwa die Eröffnung des weltweit größten elektrischen Industrieofens in unserem Werk in Uttendorf, mit dem wir die grünste Ziegelproduktion Europas betreiben. Mit dieser und weiterer Innovationen erfüllen wir unsere Nachhaltigkeitsziele, die wir alle drei Jahre erneuern. Dieser Zugang ist selbstverständlich auch Teil unserer wertschaffenden Wachstumsstrategie, die ESG-Kriterien als wichtige Faktoren für Investitionsentscheidungen berücksichtigt.
Gemeinsame Regeln auf europäischer Ebene sind dabei hilfreich, denn sie schaffen einheitliche Rahmenbedingungen für den Binnenmarkt. Natürlich müssen sie so ausgestaltet sein, dass Unternehmen jeglicher Größe sie befolgen können.
Mit Blick auf die kommenden fünf bis zehn Jahre: Wo sieht sich Wienerberger langfristig im globalen Baustoffmarkt? Welche Rolle spielen Innovation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit in dieser Vision?
Scheuch: Heute ist Wienerberger in einer hervorragenden Position für weiteres nachhaltiges Wachstum. Ausgehend von einem ausgebauten Portfolio durch strategische Akquisitionen werden wir unsere Stellung als führender Anbieter von innovativen, ökologischen Lösungen für die gesamte Gebäudehülle in den Bereichen Neubau und Renovierung weiter ausbauen.
Dabei setzen wir in Zukunft noch stärker auf Innovationsraft. Bereits heute stammen 33 % des Umsatzes aus innovativen Produkten, mit dem Ziel, diesen Anteil bis 2026 auf 35 % zu erhöhen. Ein wichtiger Schritt war die Gründung von Wioniq im Februar 2025, das vier innovative Unternehmen – Inter Act, I-Real, Wideco und Slatek – vereint und eine neue Plattform für intelligente Wasser- und Energiemanagementlösungen schafft, die erhebliches Wachstumspotenzial bietet.
Dank diesem und weiterer strategischer Schritte werden wir weiterhin daran arbeiten, die digitale und ökologische Transformation des Bausektors voranzutreiben, mehr nachhaltigen und leistbaren Wohnraum zu ermöglichen und so die Lebensqualität heutiger und kommender Generationen weiter zu verbessern.