Digitalisierung : Umfassende Informationsplattform zum Green Deal
Zur Umsetzung des Green Deal hat die europäische Kommission eine umfangreiche Reihe von Verordnungen und Richtlinien erarbeitet und im Trilog-Verfahren zur Gesetzeskraft gebracht. Während die Verordnungen unmittelbar zu national gültigem Recht werden, ist für europäische Richtlinien eine Umsetzung in den nationalen Rechtsrahmen erforderlich und innerhalb vorgeschriebener Zeitspannen durchzuführen.
Etwa ein Dutzend europäische Verordnungen, ähnlich viele europäische Richtlinien und eine Reihe von Gesetzen wurden erarbeitet, um die Strategien der europäischen Kommission umzusetzen.
Und derartige Strategien gibt es eine ganze Menge, vom Aktionsplan Kreislaufwirtschaft bis zum europäischen Klimapakt bis zum digitalen Gebäudelogbuch. Alle unter dem Dach des „green deal“ der wiederum an die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen angelehnt ist.
Ergänzend erarbeiten auch die österreichische Bundesregierung, die Normungsinstitutionen, die Landesregierungen und staatsnahe Institutionen wie das Österreichische Institut für Bautechnik Gesetze, Verordnungen und Richtlinien die einzuhalten sind.
Klima und Umwelt schützen, Ressourcen schonen, Abhängigkeiten reduzieren…
… und dabei noch die Menschenrechte im Blick behalten, ohne die kleinen und mittleren Unternehmen in allzu große wirtschaftliche Bedrängnis zu bringen, sieht nach einem kaum auflösbaren gordischen Knoten aus.
Legislative Dokumente der EU bestehen stets aus drei Abschnitten. Einem umfangreichen erklärenden Teil der Erwägungsgründe und Absichten folgen die eigentlichen Kapitel und Artikel der jeweiligen Verordnung oder Richtlinie. Den Abschluss macht ein Anhang mit weiteren Detailinformationen und einem Tabellenteil falls erforderlich.
Der erste Abschnitt der Erwägungsgründe ist meist sehr lesenswert, da die Absichten hier in einer klaren und auch ohne Jura-Studium verständlichen Sprache detailliert dargelegt werden.
Über alle Dokumente hinweg besteht der rote Faden der Absichten darin
* Umwelt zu schützen und wieder herzustellen. Dazu werden nicht nur Maßnahmen zur Reduktion der Umwelt- und Klimabeeinträchtigung aus der aktiven wirtschaftlichen Tätigkeit eingefordert, sondern auch Maßnahmen um bereits entstandene Umweltbeeinträchtigungen wieder zur sanieren. Stichwort Biodiversität und Renaturierung.
* Ressourcen zu schonen, indem von der linearen Wirtschaftsform der letzten sieben Jahrzehnte wieder zu einer Kreislaufwirtschaft umgestellt werden soll. Langlebigkeit und Reparierbarkeit der Produkte sollen verbessert, und die laufende Wiederverwendung aller Wertstoffe sichergestellt werden.
* Abhängigkeiten zu reduzieren. Dies ist in direktem Zusammenhang zur Ressourcenschonung zu sehen. Europa verfügt nur über sehr begrenzte eigene Rohstoffquellen. Die Abhängigkeit von anderen Regionen und die daraus resultierende wirtschaftliche und politische Erpressbarkeit (Ölkrise, Gaskrise, Abhängigkeit von chinesischen Akkuzellen in der Automobilfertigung etc.) soll deutlich verringert werden indem Altprodukte als Wertstoffspeicher gesehen werden und nicht als Müll.
* Menschenrechte zu schützen. Dieser Aspekt der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen wird durch die europäische Gesetzgebung ebenfalls adressiert – siehe Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
* Wettbewerb zu stärken und KMU zu schützen. Das Bekenntnis der Europäischen Union zum Wettbewerb als Basis für Innovation und Wohlstand wird vollinhaltlich mitgetragen. Die EU berücksichtigt hierbei auch konkret die Herausforderungen denen sich ressourcenschwache kleinere Unternehmen aufgrund der Verpflichtungen aus dem „green deal“ gegenübersehen und versucht diesen die Härte zu nehmen.
Kohärenz der Umweltziele über tausende Seiten
Die Umwelt- und Nachhaltigkeitsziele der europäischen Kommission sind also sehr engagiert und umfassen weitgehend alle Wirtschaftsbereiche. Aufgrund der tiefen Vernetzung der Wirtschaftssektoren und Wertschöpfungsketten weit über die Grenzen der europäischen Union hinaus hat die Gesetzgebung die verschiedenen gegenseitigen Abhängigkeiten und Verflechtungen zu berücksichtigen.
Man denke an das Bauwesen – es gibt kaum einen Produktsektor welcher im Bauwesen nicht in Verwendung ist. Maßnahmen die einen dieser Produktsektoren betreffen, wirken sich also unmittelbar auch auf das Bauwesen aus. Dies ist in anderen Wirtschaftsbereichen vielfach ähnlich.
Die Gesetzgebung versucht hier mit umfangreichen Harmonisierungsmaßnahmen der sektoral geltenden Vorschriften Erleichterungen zu schaffen. Ein Beispiel ist der Digitale Produktpass. Egal ob als „Battery Pass“ in der Batterieverordnung, als Teil der Dokumentationspflichten nach neuer europäischer Bauproduktenverordnung oder als Verpflichtung aus der Textilverordnung – der DPP hat auf technischer Ebene immer dieselbe Form und kann in jedem Wirtschaftssektor ident umgesetzt werden.
Bei näherer Beschäftigung mit den Verordnungen stellt man viele Übereinstimmungen fest, welche die Umsetzbarkeit erleichtern.
Kostenlose Informationsplattform
Weil es aber nur mit erheblichem Rechercheaufwand möglich ist über allen dieser Themen die Übersicht zu behalten, hat sich ein Innsbrucker Team im Rahmen des FFG Leitprojektes „KRAISBAU“ der Thematik angenommen und nach umfangreicher Recherche eine kostenfreie Informationsplattform eingerichtet.
Die Informationsplattform wurde so recherchiert und gestaltet, dass ein rascher und übersichtlicher Zugang zu den wesentlichen Grundlagen der mit bis zu 313 Seiten teilweise sehr umfangreichen Rechtsdokumente möglich ist.
Die Dokumente werden in einen inhaltlichen Kontext zueinander gesetzt und zuerst in ihrer allgemeinen Zielsetzung dargestellt. Weiters findet man die Zuständigkeiten, notwendigen Maßnahmen und einzuhaltenden Fristen der jeweiligen Rechtsmaterie. In weiterer Folge kann zunehmend detaillierte Information abgerufen werden, bis hin zu den Originaldokumenten.
Eine leistungsfähige Volltextsuche erleichtert zusätzlich das Auffinden der gewünschten Informationen.
Die Plattform stellt nicht nur den Rechtsrahmen, sondern auch die dahinterstehenden Initiativen übersichtlich dar.
Ein eigener Bereich über relevante Umweltzeichen und Zertifizierungssysteme für Bauwerke runden das Themenspektrum ab.