Energie : Photovoltaik: weiter Zuwachs, aber auch Hürden bei Umsetzung
Wenn es um Photovoltaik (bei Großprojekten) geht, dann finden sich in Österreich so einige Vorreiter. Einer davon ist der Flughafen Wien Schwechat, der sich bald 60.000 m2 an PV-Fläche nähert und damit 40 Prozent der Energiekosten abdeckt. Hermann Ponweiser, Leiter Elektrische Energieversorgung bei Flughafen Wien AG, informiert, dass man hier einer der ersten waren, die Paneele auch neben den Start- und Landebahnen aufstellten. Aus diesem Grund sei man auch mit anderen Flughäfen in regem Austausch.
Fläche gibt es beim Airport genug, um Sonne zu tanken. Die Aufstellung sei allerdings nicht immer einfach und mit einigen Auflagen verbunden, wie Ponweiser im Rahmen des Roundtable-Gesprächs bei Austrian Standards berichtet: "Das Areal des Flughafens war eines der am meisten bombardierten während des 2. Weltkrieges. Im Untergrund befinden sich viele Kriegsrelikte, die aufgespürt werden müssen. Schließlich werden die Steher bis zu 2,5 Meter tief in den Boden gerammt." In Österreich gibt es einige Firmen, die sich darauf spezialisiert haben. Ponweiser erzählt im Gespräch mit SOLID, dass für die große Fläche des Flughafens ein eigenes Fahrzeug ("ähnlich einem Quad") mit einem Anhänger unterwegs gewesen sei. Der Vorteil ist, dass es viele Luftaufnahmen gibt, in welchen die Bombenabwürfe gezeigt werden.
Blendung und Radar
Doch neben der Herausforderung unten, gibt es auch noch jene oben bei der PV-Anlage am Flughafen. So ist Blendung ein großes Thema - weder Piloten noch Fluglotsen dürfen geblendet werden. Und dann gilt es noch, Rücksicht aufs Radar zu nehmen: "Wir haben die PV-Anlagen nicht optimal nach der Einstrahlung, sondern optimal nach dem Radar ausrichten müssen", verrät Hermann Ponweiser.
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"Bei den PV-Anlagen haben wir auf Kriegsrelikte im Boden, die Gefahr durch Blendung und die möglich Beeinträchtigung von Radar Rücksicht nehmen müssen."
Hermann Ponweiser, Leiter Elektrische Energieversorgung bei Flughafen Wien AG
Bauordnung sieht Pflicht für PV-Anlagen vor
Heiß her in punkto Sonnenenergie geht es auch bei der Stadt Wien. Bis 2040 will man klimaneutral sein. Da auch der Strombedarf unter anderem durch E-Mobilität oder Wärmepumpen steigt, wurde die Sonnenstrom-Initiative ins Leben gerufen. Bis 2030, also in sieben Jahren, sollen rund 816.000 Einwohner bzw. 350.000 Haushalte mit Sonnenstrom versorgt werden, das entspricht 800 MWp, das entspricht dem Zehnfachen des heutigen Niveaus.
Die Stadt Wien errichtet Photovoltaikanlagen auf öffentlichen und stadtnahen Gebäuden und Flächen. Gleichzeitig spielen Partnerschaften mit Betrieben und Bauträgern eine große Rolle ebenso wie die stetig wachsende Zahl privater Sonnenstromanlagen. „Ein Drittel ist auf stadteigenen Dächern und Flächen montiert, auch Energiegemeinschaften mit Privaten sind attraktiv. Für Wien ist Photovoltaik einerseits praktikabel und – auch dank Standards – sicher, effizient und leistungsstark. Wir sehen unseren Sonnenstromfokus als wichtigen Hebel. Gerade auch, weil wir hier dank Normen sehr gut auf die spezifischen technischen PV-Anforderungen vorbereitet sind. Wir sind also schon in der erfolgreichen Umsetzung angekommen.“, so Expertin Beatrix Rauscher, Gruppenleiterin des Kompetenzzentrums „Bahninfrastruktur, Regulative Bau, Ingenieurservices, Normen“ in der Stadtbaudirektion.
Gerade in Ausarbeitung ist auch die Novellierung der Wiener Bauordnung, die laut Rauscher im Herbst 2023 abgeschlossen werden soll. Darin enthalten auch die Verpflichtung von PV-Anlagen bei Neubauten (allerdings gäbe es hier Unterschiede ja nach Gebäudeart).
PV-Anlagen sollen in Wien auch in sogenannten Stadtentwicklungsgebieten wie dem Nordwestbahnhof oder Rothneusiedl errichtet werden, bis die endgültige Verdauung starte. Ebenso können landwirtschaftliche Flächen genutzt werden. Ausgenommen sind Schutzgebiete wie zum Beispiel Wald oder Wiesen.
Angesprochen auf das Thema Produktverfügbarkeit erzählt Beatrix Rauscher aus der Baupraxis: "Da es einen Engpass an Klemmen gab, hatten wir zwei Monate einen Stillstand."
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"Bis Herbst 2023 soll die Novellierung der Wiener Bauordnung beschlossen sein. Darin ist auch die Verpflichtung für PV-Anlagen bei Neubauten enthalten."
Beatrix Rauscher, Stadt Wien
PV-Anlage so groß wie 21 Tennisplätze auf Stadthalle Wien
Beeindruckend auch die Fläche der PV-Anlage am Dach der Wiener Stadthalle, einem Unternehmen der Wien Holding. Sie beträgt rund 5.500 m² oder umgerechnet 21 Tennisplätzen in 25 Meter Höhe. „Dieses Projekt ist ein wesentlicher Schritt für die Nachhaltigkeitsstrategie der Wiener Stadthalle. Unser Ziel ist es, durch das Zusammenspiel von Energiesparmaßnahmen sowie dem Ausbau weiterer Dachflächen in den nächsten fünf Jahren 100 % des am Standort verbrauchten Stroms vor Ort grün zu erzeugen“, erklärt Matthäus Zelenka, Geschäftsführer Wiener Stadthalle.
Doch auch hier gibt es Herausforderungen, wenn auch andere als beim Flughafen Wien: "Das Dach der Stadthalle ist ideal und auch rundherum haben wir anders als im sonst dichtverbautem Gebiet in Wien ausreichend Platz für die Aufstellung. Allerdings müssen wir bei der Aufbringung den Denkmalschutz und die Sicherheit berücksichtigen", so Zelenka. Die PV-Anlagen werden bei laufendem Betrieb aufgebracht.
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"Die PV-Anlage am Dach der Wiener Stadthalle wurde bei laufendem Betrieb und unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes aufgebracht."
Matthäus Zelenka, Geschäftsführer Wiener Stadthalle.
Mini-PV-Anlagen für Balkone Herausforderung für Normung
Eine besondere Herausforderung an die Normung stellen aktuell die so genannten „Balkonkraftwerke“ dar, das sind steckerfertige Mini-PV-Anlagen mit einer Maximalleistung von 800 Watt. Es gilt hier, einen geeigneten Weg zu finden, der die Installation dieser Anlagen vereinfacht und gleichzeitig deren Sicherheit garantiert.
Christian Gabriel, Geschäftsführer OVE Standardization, hebt die starke Bedeutung der Standardisierung in diesem Bereich hervor: „Als elektrotechnische Normungsorganisation ist es unsere Aufgabe, die Sicherheit und Funktionalität von elektrischen Produkten, Anlagen und Systemen sicherzustellen. Die Energiewende ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Wir arbeiten daher intensiv daran, innovativen Technologien zum Erfolg zu verhelfen, indem wir durch entsprechende Normen zu deren Sicherheit, Zuverlässigkeit und Systemkompatibilität beitragen.“
Mehrere passende Richtlinien für PV
Elektrotechnische Normen und Standards dienen der Sicherheit und Zuverlässigkeit von Produkten und Systemen, bei denen elektrische Energie im Spiel ist. Sie bilden die Basis für die gefahrlose Nutzung. Der sichere Umgang mit der Technologie bei der Errichtung dieser Anlagen ist u.a. Teil der OVE E 8101, der Errichtungsbestimmungen für elektrische Niederspannungsanlagen. Für die elektrotechnische Normung ist in Österreich per Gesetz der OVE, der Österreichische Verband für Elektrotechnik, zuständig. Zusätzlich gibt es mehrere OVE-Richtlinien, etwa zu den Themen Brandschutz, Blitz- und Überspannungsschutz, Netzanforderungen oder Blendung. Sie alle haben ein Ziel: Die Sicherheit und Funktionalität von Photovoltaik-Anlagen sicherzustellen.
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