Nachhaltigkeit | Analyse : EU-"Omnibus" - was ändert sich für Österreichs Bauwirtschaft?

Was steckt hinter Omnibus?

Die Omnibus-Richtlinie wurde ins Leben gerufen, um bestehende EU-Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung zu überarbeiten. In den letzten Jahren wurden mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und der EU-Taxonomie immer mehr Berichtspflichten eingeführt, die Unternehmen oft als übermäßig komplex empfanden. Die EU-Kommission will nun nachjustieren: Weniger Bürokratie, mehr Effizienz, lautet das Motto.

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Das Ziel: Vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sollen von einem geringeren Verwaltungsaufwand profitieren. Große Konzerne bleiben zwar weiterhin in der Pflicht, aber auch für sie könnten sich Vereinfachungen ergeben. Öffentliche Auftraggeber müssen sich nun überlegen, wie sie ihre Vergabekriterien anpassen – und ob Nachhaltigkeitsvorgaben in den Hintergrund rücken.

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Was ändert sich für Österreichs Bauwirtschaft?

Die Omnibus-Richtlinie könnte spürbare Auswirkungen auf öffentliche Ausschreibungen in Österreich haben. Bisher mussten Unternehmen umfangreiche Nachhaltigkeitsnachweise erbringen, um an Vergaben teilzunehmen. Das war vor allem für kleinere Betriebe eine Hürde. Mit Omnibus könnten diese Anforderungen gelockert werden – und das könnte zu einer Marktverschiebung führen.

Drei zentrale Veränderungen:

  • Erleichterter Zugang zu öffentlichen Aufträgen. 
    Besonders KMU könnten profitieren, weil sie weniger bürokratische Hürden nehmen müssen.
  • Weniger regulatorischer Aufwand für Unternehmen
    Nachhaltigkeitsberichte könnten schlanker ausfallen, und die Nachweispflichten gegenüber öffentlichen Auftraggebern würden geringer.
  • Möglicher Wettbewerbsnachteil für nachhaltige Anbieter
    Unternehmen, die bisher viel in Nachhaltigkeit investiert haben, könnten sich plötzlich im Nachteil sehen, wenn diese Kriterien nicht mehr so stark gewichtet werden.

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Wird Nachhaltigkeit jetzt weniger wichtig?

Baustoffhersteller wie Wienerberger oder Baumit, die in nachhaltige Materialien investiert haben, sehen die Entwicklungen mit gemischten Gefühlen. Sie befürchten, dass der Nachhaltigkeitsaspekt in der Bauwirtschaft an Bedeutung verlieren könnte, wenn die Berichtspflichten gelockert werden.

Die EU-Kommission betont zwar, dass Nachhaltigkeit weiterhin eine strategische Priorität bleibt. Doch wenn öffentliche Auftraggeber künftig weniger strenge Nachweise fordern, könnte das dazu führen, dass Unternehmen sich weniger anstrengen müssen – oder sich wieder stärker auf Kosten- und Effizienzfragen konzentrieren.

Wie setzt Deutschland Omnibus um?

Ein Blick nach Deutschland zeigt, dass auch dort die Omnibus-Richtlinie für Diskussionen sorgt. Grundsätzlich verfolgt man eine ähnliche Linie wie Österreich: Weniger Berichtspflichten, aber kein generelles Abschwächen der Nachhaltigkeitsstandards.

Unterschiede könnten sich aber in der nationalen Umsetzung zeigen. Während Deutschland oft auf freiwillige Zusatzanforderungen setzt, könnte Österreich eher eine pragmatische Linie verfolgen. Das bedeutet für österreichische Bauunternehmen, dass sie je nach Markt unterschiedlich gefordert sein könnten.

Chancen und Risiken für Bauunternehmen und Zulieferer

Chancen:

  • Große Baukonzerne sparen Zeit und Ressourcen, weil sie weniger komplexe Nachhaltigkeitsnachweise liefern müssen.
  • KMU können leichter an Ausschreibungen teilnehmen, da sie nicht mehr mit aufwendigen Berichten überfordert werden.
  • Zulieferbetriebe müssen weniger Dokumentationen für ihre Kunden bereitstellen, was ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken könnte.

Herausforderungen:

  • Unternehmen, die sich stark auf Nachhaltigkeit fokussiert haben, könnten Marktanteile verlieren, wenn ihre Investitionen nicht mehr so stark honoriert werden.
  • Öffentliche Auftraggeber müssen ihre Vergabekriterien überarbeiten, um einen fairen Wettbewerb zwischen nachhaltigen und weniger nachhaltigen Anbietern sicherzustellen.
     

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Welche Auswirkungen sind kurzfristig, welche langfristig zu erwarten?

Kurzfristig:

  • Reduzierter Verwaltungsaufwand für Bauunternehmen
  • Überarbeitung von Ausschreibungskriterien durch öffentliche Auftraggeber

Mittelfristig:

  • Anpassung nationaler Gesetze in Österreich
  • Veränderte Wettbewerbssituation: Nachhaltigkeit bleibt wichtig, aber Kosten- und Effizienzfragen könnten wieder mehr in den Vordergrund rücken.

Langfristig:

  • Möglicher Wandel in der Bauwirtschaft: Unternehmen müssen sich flexibel an neue Marktbedingungen anpassen.
  • Öffentliche Auftraggeber könnten alternative Wege finden, Nachhaltigkeit gezielt zu fördern, etwa über neue Vergabeinstrumente oder direkte finanzielle Anreize.

Was Bauunternehmen und Zulieferer jetzt tun sollten

  • Interne Prozesse prüfen: Welche Nachhaltigkeitsnachweise sind wirklich notwendig? Wo gibt es Vereinfachungspotenzial?
  • Trotzdem in Nachhaltigkeit investieren: Auch wenn die Berichtspflichten sinken – nachhaltiges Bauen bleibt ein zentrales Zukunftsthema.
  • Neue Vergabekriterien beobachten: Öffentliche Auftraggeber werden ihre Strategien anpassen. Unternehmen sollten darauf vorbereitet sein, neue Anforderungen schnell umzusetzen.
  • Mitarbeiter schulen: Die neuen Rahmenbedingungen erfordern ein Umdenken – und das muss im Unternehmen gut kommuniziert werden.