Digitalisierung und Künstliche Intelligenz im Bauwesen : Kraisbau startet als Leitprojekt für die Bauwende

“Für eine zirkuläre Baubranche brauchen wir viele unterschiedliche Spezialist:innen, die gemeinsam an einem Strang ziehen. Kraisbau ist dieser Strang, mit dem wir in den nächsten drei Jahren wichtige Grundlagen und Standards für die Bauwende schaffen werden", fasst Anna-Vera Deinhammer das nun gestartete BMK-Leitprojekt KRAISBAU zusammen.
In mehreren Arbeitsgruppen widmen sich die Konsortiumsmitglieder den verschiedenen Aspekten des zirkulären Bauens und entwickeln Strategien, um das in KRAISBAU gebündelte Know-How für die gesamte Branche zugänglich zu machen - mit Factsheets, Roadmaps und Schulungen.
“Wir brauchen neue Strategien, um bestehende Gebäude nachhaltiger und länger zu nutzen. Gebäude sollten auch nicht länger abgerissen, sondern vielmehr demontiert werden, damit wertvolle und teure Bauteile direkt zur Wiederverwendung gelangen", sagt Helene Pattermann, Circularity Innovation Lead des Climate Lab.
Basierend auf dem neuen Circular Economy Action Plan von 2020 der europäische Union [2] hat das österreichische Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (kurz: BMK, www.bmk.gv.at) 2022 eine nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie [1] erarbeitet, welche am 7. Dezember 2022 vom Ministerrat beschlossen wurde.
Diese Strategie umfasst unter anderem einen Förder - Schwerpunkt für Forschung, Technologie und Innovation (FTI) im Bereich der Kreislaufwirtschaft, um die notwendigen systemischen Änderungen des Wirtschaftssystemes von einem weitgehend linearen Ansatz zur echten Kreislaufwirtschaft zu unterstützen.
Kreislaufwirtschaft statt linearem Wirtschaftssystem
Von zaghaften Recycling Bemühungen abgesehen ist das heutige Wirtschaftssystem derzeit stark linear geprägt. Rohstoffe werden gewonnen, zu Produkten verarbeitet, diese genutzt und am Ende entsorgt. Zwangsläufig ein für unseren Lebensraum extrem schädlicher Prozess der inzwischen beinahe doppelt so viele Ressourcen pro Jahr erfordert als der Planet Erde dauerhaft tragen kann (93 Mrd. Tonnen [7] pro Jahr) und den Großteil davon als Umweltgifte in der Luft, an Land und im Wasser (Stichwort Plastik) hinterlässt.
Das war nicht immer so. Unsere Eltern wussten noch sehr genau, wie man aus „alten Teilen“ die Wertstoffe herausholt und daraus neues zimmern kann, unsere Großeltern kannten gar nichts anderes.
Die extreme Verteuerung des Faktors „Arbeit“ im Vergleich zu den anderen Produktionsmitteln haben die Wegwerfgesellschaft befeuert, der allen CO2-Steuern zum Trotz immer noch fast völlig fehlende Preis für Müll tut ein Übriges. Ein offensichtlich nicht dauerhaft tragbarer Weg.
Das Bauwesen ist nicht nur lebenswichtig, sondern leider auch einer der größten Verbraucher von Ressourcen und der größten Produzenten von Abfall. Teils relativ harmlos (Aushub, mineralischer Bauschutt) und leicht verwertbar, teils hochgradig gesundheitsschädlich (Asbest) und vielfach – besonders bei moderneren Bauweisen – extrem schwer zu trennen.
KrAIsbau und die Förderlinien des BMK
Der Relevanz des Themas folgend hat das BMK einige umfangreiche Förderschwerpunkte [3] gesetzt, welche nacheinander zur Anwendung kommen und die FTI-Strategie des BMK in die Praxis umsetzen. Der Förderschwerpunkt „Kreislaufführung von Baustoffen und Gebäudeteilen mit KI-Unterstützung 2022“ [4] wurde kürzlich dem umfangreichen (37 Partner inklusive 7 Hochschulen und Forschungseinrichtungen) Konsortium „KRAISBAU“ als Leitprojekt zugesprochen.
Das Projekt feierte am 15. April in der Wiener Location des Climate Lab sein internes Kick Off Meeting – wie bei einem Umweltschutzprojekt nicht anders vorstellbar natürlich mit virtueller Möglichkeit zur Teilnahme.
Die wesentlichen Ziele dieses FFG-Leitprojektes
Dr. Anna-Vera Deinhammer erläutert sie :
„Das FFG-Leitprojekt KrAIsbau hat das Ziel, die Kreislaufwirtschaft in der österreichischen Bauindustrie systematisch zu fördern und die zugrundeliegenden Prinzipien entlang des gesamten Lebenszykluses von Gebäuden von der Errichtung bis zur Demontage und zum Umgang mit Bauteilen und Stoffströmen zu implementieren. Von Anfang an werden Experten und Stakeholder in den Prozess eingebunden, um gemeinsam die Rahmenbedingungen zu analysieren, Wissen aus früheren Projekten der Konsortialpartner zu aggregieren und Anpassungsempfehlungen zu erarbeiten. KrAIsbau setzt dabei auf volle Transparenz und eine “Entwicklung im Schaufenster”.
Grundlage für KrAIsbau ist die Kreislaufwirtschaftsstrategie des Bundes. Der Übergang zur Kreislaufwirtschaft soll mit Hilfe von gesellschaftlichen sowie technischen Innovationen gelingen. Dazu gehört auch die Implementierung von KI-gestützten Werkzeugen, auf die in dem FFG-Leitprojekt ein besonderer Fokus gelegt wird. Diese und weitere technologische Innovationen sollen anhand von realen Gebäuden in mehreren Bundesländern entwickelt und an Demonstrationsprojekten getestet werden. Ziel ist, die Analyse und Dokumentation von Gebäuden zu vereinfachen und soweit wie möglich zu automatisieren, Gebäudecharakteristika mittels Satellitendaten zu erkennen und Vorschläge für die Sanierung von Gebäuden oder die Wiederverwendungvon Bauelementen zu liefern.
KrAIsbau fördert auch die Nutzung von Sekundär-Bauprodukten und unterstützt die Schaffung biologischer Kreisläufe während der Nutzungsphase der Gebäude. Zusätzlich wird die Öffentlichkeit durch Informationsbereitstellung und Community-Building aktiv eingebunden. Nur durch diese abgestimmten Maßnahmen ist eine echte Transformation zur Kreislaufwirtschaft in der Baubranche möglich. KrAIsbau ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.“

Ihr Demoprojekt in KrAIsbau
Ein wichtiger Part dazu sind Demo-Projekte anhand derer der Einsatz der digitalen Technologien und sonstigen Entwicklungen von KRAISBAU in der Praxis erprobt wird. Diese gebäudebezogenen Demoprojekte finden in ganz Österreich statt und sind im Umfang so dimensioniert dass derzeit noch Bewerbungen Ihres Projektes für die Teilnahme angenommen werden können. Nähere Infos finden Sie in Kürze auf der entstehenden Projektwebsite [5]
Weitere Förderlinien für kreislauforientierte Wirtschaftsaktivitäten
Abschließend darf noch auf den umfangreichen, vor wenigen Jahren gemeinsam von ÖGUT mit dem Projektpartner Alchemia Nova für das BMK entwickelten Förderkompass [6] für Kreislaufwirtschaftsprojekte hingewiesen werden.
Kreislaufwirtschaft möglich machen
Vermeidbar ist Kreislaufwirtschaft infolge des Green Deal der EU und zum Schutz unseres Lebensraumes keinesfalls. Leider spießt es sich im Bauwesen an vielen Details. Förderungen zur Umsetzung und der allgemein zugängliche Kompetenzaufbau im FFG Leitprojekt „KrAIsbau“ können den Weg dorthin jedoch erheblich erleichtern.