VÖZ-Kolloquium zu Nachhaltigkeit : Klimafit mit Zement und Beton
Rund 300 Teilnehme konnte die Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie (VÖZ) zum mittlerweile 45. Kolloquium begrüßen, das Anfang November im Julius-Raab-Saal der Wirtschaftskammer Österreich stattfand. Unter dem Veranstaltungsmotto „Forschung & Entwicklung für Zement und Beton“ wurden Klimaschutz, Dekarbonisierung und zukünftiges Bauen thematisiert.
„Zement und Beton sind nicht ersetzbar“, ist VÖZ-Geschäftsführer Sebastian Spaun überzeugt. „Die Frage ist, wie die Zemente der Zukunft aussehen werden, wie CO2-Minderung bei Ihrer Herstellung gelingen und Nachhaltigkeit im Betonbau umgesetzt werden kann.“
Klinker-Reduktion fürs Klima
Eine Antwort auf diese Fragen liegt für Horst-Michael Ludwig in Carbon-Capturing-Technologien. „Materialseitig wird es auch um die Absenkung des Klinkerfaktors im Zement gehen“, so der Direktor des Instituts für Baustoffkunde an der Bauhaus-Universität Weimar.
Als Kompositmaterial bieten sich kalzinierte Tone an. „Diese sind weltweit verfügbar und unterliegen keinen saisonalen oder konjunkturellen Schwankungen.“ Für völlig klinkerfreie Zemente bieten Systeme auf Basis von Magnesiumoxid vielversprechende Möglichkeiten.
Einen Überblick über klimafitte Zemente in der Praxis gab Cornelia Bauer. Die Leiterin der Zertifizierungsstelle VÖZ-Zert ist ausgebildete Chemieingenieurin. Auch sie sieht in der Senkung des Klinkeranteils einen Hebel zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks von Zement, konkret um etwa 25 Prozent.
Preiswürdiger Zement
Bauer: „In allen österreichischen Zementunternehmen wurden im Rahmen eines dreijährigen, FFG-geförderten Projektes großtechnische Mahlversuche durchgeführt, um die Herstellung des klimafitten Zements der Sorte CEM II/C zu optimieren.“
Erst im Oktober wurden VÖZ und Salzburg Wohnbau für die Entwicklung mit dem ACR-Innovationspreis 2024 ausgezeichnet. Vergeben wird dieser vom Forschungsnetzwerk Austrian Cooperative Research zusammen mit dem Wirtschaftsministerium.
Rohrdorfer möchte bis 2038 klimaneutralen Zement produzieren. Zur Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen wird zurzeit eine Pilotanlage gebaut, die in den Ofenprozess integriert ist.
„Ab Mitte 2025 werden wir damit rund 50 Tonnen getemperten Ton pro Tag erzeugen – energieeffizient und ohne zusätzliche Emissionsquelle“, berichtet Christopher Ehrenberg, der technische Leiter der Unternehmenssparte Zement. Prozessintegration ermöglicht die Nutzung von Abwärme und die Rückführung der Abgase in den Herstellungsprozess.
Beton aus dem 3D-Drucker
Weniger Beton und Stahl bedeuten auch weniger CO2. Wie’s gehen kann, schilderte Baumit-Manager Eduard Artner. „Dank 3D-Druck-Technologie können gewichtsreduzierte Decken mit gleicher Leistung um bis zu 45 Prozent leichter gebaut werden.“ Bei einem Projekt gemeinsam mit Salzburg Wohnbau wurden zudem architektonisch einzigartige Badezimmer direkt vor Ort gedruckt – einmalig in Österreich.
>> Lesen Sie hier unseren Bericht zum BauMInator.
Mit der Nachbehandlung von Beton befasst sich Smart-Minerals-Geschäftsführer Stefan Krispel in einem Forschungsprojekt. „Die Nachbehandlung trägt massiv zur Verlängerung der Lebensdauer von Bauwerken bei.“ Werden entsprechende Maßnahmen unterlassen verringert dies beispielsweise die Lebensdauer von Infrastrukturbauwerken um bis zu 70 Prozent.
Jetzt ist die Politik am Zug
Während in der heimischen Innenpolitik noch sondiert und verhandelt wird, beschäftigt sich die Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie bereits mit Maßnahmen, um den Wirtschafts- und Industriestandort Österreich zu sichern. Zentrale Anliegen, die in einem Positionspapier an die Politik formuliert wurden, betreffen leistbares Wohnen, die Verringerung der CO2-Emissionen und den notwendigen Infrastrukturausbau für die Energie- und Klimawende.
Die Forderungen:
• leistbares Bauen: Der soziale Wohnbau muss angekurbelt werden. Für den privaten Wohnbau braucht es bessere Rahmenbedingungen.
• regionale Industrie als wichtiger Baustein für die Daseinsvorsorge: Krisenbedingte Steuererleichtungen sind zu verlängern. Indirekte Stromkosten der Grundstoffindustrie sind zu kompensieren.
• Standortsicherung: Der Infrastrukturausbau hat das Potenzial zum Wachstumsmotor. Erforderlich ist eine Offensive bei der Sanierung und beim Netzausbau (Strom, Wärme, Wasserstoff, Bahn, nachhaltige Straßenbeläge). Auch braucht es eine konsequente Umsetzung der Carbon-Management-Strategie.