Bauen in Europa : Gemeinsame Sprache bei Nachhaltigkeit

Basierend auf der Lebenszyklusbetrachtung von Gebäuden stellt LEVEL(S) eine Bewertungsmethodik der Nachhaltigkeit von Büro- und Wohngebäuden zur Anwendung von der ersten Entwurfsplanung bis zum voraussichtlichen Ende der Lebensdauer eines Gebäudes bereit.
Bei LEVEL(S) handelt es sich nicht um ein Zertifizierungssystem, sondern um einen Bewertungsrahmen, der anhand einer relativ überschaubaren Anzahl von Indikatoren und mit Hilfe ausführlicher Unterlagen1 und Softwaretools2 eine Bewertung von Gesundheit und Komfort, Lebenszykluskosten und etwaige künftige Leistungsrisiken ermöglichen soll.
Damit reiht sich LEVEL(S) nahtlos in die Bemühungen der Europäischen Union ein, durch Vergleichbarkeit umwelt- und ressourcenwirksame Innovation im Produkt- und Konstruktionssektor zu fördern.
Derzeit ist die Bewertung nach LEVEL(S) noch freiwillig, doch wird in verschiedenen Dokumenten bereits darauf verwiesen. Die Entwürfe der kommenden OIB 7 referenzieren LEVEL(S), und in verschiedenen Zertifizierungssystemen sowie der taxonomiekonformen Nachhaltigkeitsberichterstattung ist die Bewertung nach LEVEL(S) ein geeignetes und zugelassenes Verfahren.
Zielsetzungen
Der Rahmen von LEVEL(S) umfasst sechs übergeordnete Ziele, welche zu den politisch vorgegebenen Zielen der europäischen Union beitragen und sich mit wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekten von Gebäuden befassen:
- Treibhausgasemissionen entlang des Gebäudelebenszyklus.
- Ressourceneffiziente und kreislauforientierte Materiallebenszyklen.
- Effiziente Nutzung der Wasserressourcen.
- Gesunde und komfortable Räume.
- Anpassung an den Klimawandel und Klimaresilienz.
- Optimierung der Lebenszykluskosten und -werte.
Interessanterweise ist die Übereinstimmung mit den ebenfalls sechs Umweltzielen der Taxonomieverordnung nicht vollständig gegeben, was unter anderem auch mit den von LEVEL(S) für das Bauwesen betrachteten Bereichen zusammenhängt:
- Ressourcennutzung und Umweltleistung
- Gesundheit und Wohlbefinden
- Kosten, Werte und Risiken
Entgegen der rein auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Betrachtungsweise der Taxonomieverordnung werden in LEVEL(S) also auch wirtschaftliche Faktoren und das Wohlbefinden der Benutzerinnen und Benutzer in Betracht gezogen.
Hauptakteure von LEVEL(S)
LEVEL(S) spricht zur Umsetzung mehrere Hauptakteure an, welche auch unterschiedliche Vorteile aus der Verwendung von LEVEL(S) ziehen sollen.
- Projektplanungsteam
die übersichtliche Struktur unterstützt in jeder Projektphase bei der durchführung der Leistungsbewertung und ermöglicht damit eine nachvollziehbare Darstellung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Planungsphase zur Entscheidungsfindung
- Bauherren und Investoren
können die priorisierten Leistungsaspekte für Planungsanforderungen nutzen und Transparenz in der Berichterstattung sowie der Projektleistungsbewertung sicherstellen. Die bereitgestellten Tools unterstützen die Ermittlung von Möglichkeiten zur Verlängerung der Lebensdauer, Erhöhung des Nutzungskomforts und Reduktion langfristiger Risiken.
- Politische Entscheidungsträger und öffentliche Beschaffung
können die vergleichbar bewertbaren Leistungsaspekte als Grundlage für Anforderungen und Maßnahmen zur Erreichung der Umweltziele nutzen. Die aufwands-, kosten- und risikospezifischen Leistungsaspekte helfen die unmittelbaren laufenden Kosten im öffentlichen Bereich zu senken
Niveaus in LEVEL(S)
Welches der namensgebenden „Levels“ (englisch für Ebenen oder hier: „Niveau“) angewendet werden soll, wird vom Projektteam entsprechend der Phase im Lebenszyklus des Gebäudes ausgewählt:
- Level 1 Konzeptionelle Planung:
Qualitative Bewertungen in der Frühphase und Berichterstattung über die Konzepte. - Level 2 Detaillierte Planung und Konstruktion
Vergleich zwischen verschiedenen Konstruktionsoptionen und Überwachung der Konstruktion. - Level 3 As built und in Betrieb
Überwachung der Aktivitäten sowohl auf der Baustelle als auch des fertigen Gebäudes. Verstehen der tatsächlichen Gebäudeleistung, um zukünftige Projekte zu verbessern.
Datenpunkte zur Ressourcennutzung
LEVEL(S) stellt eine Reihe definierter Datenpunkte bereit und ermöglicht die Analyse der Umweltleistung von Gebäuden und die Erarbeitung von Verbesserungsvorschlägen über Konstruktionsmerkmale, Materialeigenschaften sowie Identifikation von Hotspots der Umweltauswirkungen über den gesamten Lebenszyklus. Neben dem Energie- und Wassereinsatz werden Datenpunkte über Gebäudekomponenten und -Materialien definiert. Ebenso betrachtet LEVEL(S) den Entwurf und die Struktur des Gebäudes die Instandhaltung und auch Datenpunkte über den Laufenden Betrieb und nutzungsbedingte Faktoren im Innenraum wie Materialemissionen, Luftqualität und thermische Bedingungen bis hin zur Akustik und Beleuchtungsbedingungen.
Indikatoren
Um eine vergleichbare Lebenszyklusbetrachtung über alle sechs Makroziele zu ermöglichen, setzt LEVEL(S) auf eine überschaubare Anzahl von 16 Kernindikatoren, welche überwiegend über vereinheitlichte Maßeinheiten dargestellt werden können. Nur wenige zusammengesetzte Indikatoren wie das Erderwärmungspotenzial entlang des Lebenszyklus oder qualitative Bewertungen wie die Beleuchtung und der Sehkomfort erfordern eine aufwendigere Betrachtung. Zusätzlich werden die mit einem Gebäude verbundenen Umweltauswirkungen mit einer vollständigen Lebenszyklusanalyse (LCA) ergänzt.
LEVEL(S) schult das Nachhaltigkeitsdenken
In der Dokumentation von LEVEL(S) wird großer Wert auf die Nutzung des Bewertungsrahmens zur Sensibilisierung für Nachhaltigkeitsaspekte gelegt. Die nachvollziehbaren Ergebnisse sollen zu Ideen zur Verbesserung der Umweltleistung führen. Dies nicht nur bei neuen Projekten, sondern auch in der Bewertung des Bestandes und möglicher Sanierungs- oder Umbaumaßnahmen.
Hier werden dieselben Lebenszyklusphasen genutzt wie in der Lebenszyklusanalyse allgemein üblich: Herstellung von Bauprodukten, Errichtung des Gebäudes, Nutzung und laufender Betrieb, Rückbau und Wiederverwendung.
Der Bewertungsrahmen führt zu einem vollständigen Bild der Umweltauswirkung verschiedener Maßnahmen und stellt damit der extrinsischen Motivation durch verpflichtende Berichterstattung eine intrinsische Komponente zur Seite.