Kreislaufwirtschaft am Bau : Erster geschlossener Gips-Kreislauf in Österreich

Foto: v.l.n.r.: Josef Pein, COO Porr; Ralf Mittermayr, CEO Saubermacher; Peter Giffinger, CEO Austria Saint‐Gobainn

V.l.n.r.: Josef Pein, COO Porr; Ralf Mittermayr, CEO Saubermacher; Peter Giffinger, CEO Austria Saint‐Gobain

- © Saubermacher

Ob beispielsweise für den Brandschutz, Schallschutz oder architektonisch gestalterische Freiheiten - Leichtbauweise mit Gipskartonplatten bietet einige Vorteile, die im Bauwesen nicht wegzudenken sind. Aktuell landet in Österreich aber ein Großteil des Verschnitt‐ und Rückbaumaterials von Gipskartonplatten auf Deponien und wird nicht resp. unzureichend recycelt. Dabei wäre Gips per se zu 100% recyclebar und es könnten sogar bis zu 40% des Recycling-Gipses in neuen Gipskartonplatten verwertet werden.

Kreislaufwirtschaft geht anders - so gaben das Bauunternehmen Porr, der Trockenbauspezialist Saint‐Gobain und das Entsorgungsunternehmen Saubermacher bekannt, ihre Kräfte zu Bündeln und mit einer neuen Gips‐Recyclinganlage in Stockerau (AT) dem Verschnitt‐ und Rückbaumaterial von Gipskartonplatten hinsichtlich einer Kreislaufwirtschaft in Österreich neue Wege zu weisen.

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Neue Anlage greift Deponieverbot für Gipskartonplatten ab 01.01.2026 auf

Mit dem Projekt wird nicht bloß eine Ressourcenschonung des Rohstoffes Gips eingelöst, es wird auch ein begrenztes Deponievolumen mitgedacht. Spielt man das mit 01.01.2026 in Kraft tretende bundesweite Deponieverbot für Gipskartonplatten in die Betrachtung hinein, so wirkt das geplante Gips‐zu‐Gips‐Recyclingwerk proaktiv und als notwendiger Schritt, um einen weiteren Meilenstein in der österreichischen Kreislaufwirtschaft erreichen zu können.

Die neue Anlage solle schließlich über eine Jahreskapazität von rund 60.000 Tonnen verfügen und sei damit in der Lage, den Bedarf im Osten von Österreich abzudecken, wie es gestern(3.10.23) in einer Pressekonferenz (PK) von Porr, Saint‐Gobain und Saubermacher hieß. In Summe bedürfe es für die Realisierung einem Investitionsvolumen von 7 Mio. Euro - aufgeteilt auf die Gips‐zu‐Gips Recyclinganlage und die Logistiklösung.

Wie man ebenfalls bekannt gab, sei die Inbetriebnahme am Saint‐Gobain‐Standort in Stockerau für Mitte 2025 geplant. Wenngleich es noch nicht zu einem Spatenstich der geplanten Anlage gekommen ist, weil das Projekt noch eine obligatorische behördliche Prüfung durchläuft, ist die dafür notwendige Gesellschaft, die Gips‐zu‐Gips Recycling GmbH, an der die Projektpartner jeweils zu einem Drittel beteiligt sind, bereits gegründet. In der Politik findet das Vorhaben jedenfalls jetzt schon Anklang, so wurde das präsentierte Leuchtturmprojekt von Bundesministerin Leonore Gewessler mit einem Videostatement begrüßt und auf seine Wichtigkeit hingewiesen:

Gips‐zu‐Gips Recycling GmbH nimmt Vorreiterrolle in Österreich ein

Als natürlich vorkommender Rohstoff ist Gips nicht endlos verfügbar. Im Bergbau gewonnen, oder bei chemischen Prozessen und bei der Rauchgasentschwefelung von Kohlekraftwerken (REA‐Gips) als Nebenprodukt anfallend, knüpft sich seine Gewinnung mindestens zu einem Teil an den Betrieb nicht umweltfreundlicher Kohlekraftwerke. Weil solche im Rahmen des Green Deals der Europäischen Kommission bis 2035 aber abgeschaltet werden sollen, gewinnt schließlich die regionale Rohstoffversorgung noch mehr an Stellenwert.

Der Masterplan „Rohstoffe 2030“ der österreichischen Bundesregierung widmet sich der sicheren Versorgung. Auch die europäische Rohstoffstrategie forciert heimische Quellen und eben Recycling. Um einen Engpass beim Rohstoff Gips zu verhindern, soll daher verstärkt auf Wiederverwertung als ergänzende Quelle gesetzt werden.* Die gegründete Gips‐zu‐Gips Recycling GmbH, an der die Porr, Saint‐Gobain und Saubermacher jeweils ein Drittel der Anteile halten, wird in Österreich dafür eine Vorreiterrolle einnehmen.

* Damit schafft sich neben dem am 01.01.2026 in Kraft tretenden Deponieverbot ein weiterer Treiber für einen Markt für Recycling von Gips.

Sektorenübergreifende Partnerschaft macht es möglich

Für das geplante Gips‐zu‐Gips‐Recycling greifen die drei Unternehmen ineinander. Dabei sind die Porr und Saubermacher bereits jetzt schon als starke Player am Rückbau‐ und Entsorgungsmarkt tätig. Die Porr recycelt jährlich etwa 2 Mio. Tonnen Baurestmasse und nimmt damit eine führende Rollen in der österreichischen Baubranche ein. Der Großteil davon ersetzt auf eigenen Baustellen und Anlagen die Primärrohstoffe. Der Recyclingspezialist Saubermacher bietet unter anderem neue digitale Logistiklösungen, um die Gipsabfälle der Baustellen transparent und nachvollziehbar zur Aufbereitungsanlage zu bringen.

Nach der Aufbereitung im neuen Werk soll der Recycling‐Gips (RC‐Gips) CO2‐schonend per Bahn nach Bad Aussee (Stmk.) transportiert werden, wo der Trockenbauspezialist Saint‐Gobain aus dem Rezyklat mit bis zu 40 Prozent Recyclinggips wieder neue Gipskartonplatten (Rigips Platten) herstellt. Im Rahmen der gestrigen PK hieß es seitens der Porr an dieser Stelle auch, die Lokation der neuen Recyclinganlage in Stockerau hätte gleich mehrere Vorteile: Unter anderem sei das meiste Bauvolumen in Österreich im Osten zu sehen und die Anbindung an die Bahninfrastruktur sei am geplanten Standort bestens gegeben, um den Transport in die Steiermark effizient abwickeln zu können.

Nur eine sektorenübergreifende Partnerschaft wie diese macht nachhaltiges und wirtschaftliches Recycling möglich.
Porr, Saint‐Gobain und Saubermacher

, so die drei Unternehmen unisono.
Außerdem sei die Wirtschaftlichkeit des Projekts der Schlüssel zum Erfolg, denn aktuell könne Verschnitt‐ und Rückbaumaterial von Gipskartonplatten noch äußerst kostengünstig deponiert werden. Das hätte dazu geführt, dass bisher nahezu 100 Prozent des Abbruchmaterials auf den Deponien gelandet seien.

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Sortenreine Trennung auf den Baustellen ist essenziell

Will Recyclingmaterial in einen neuen Baustoff münden, müssen im Recyclingprozess gewisse Qualitätskriterien erfüllt werden. So gab Peter Giffinger, CEO Austria bei Saint‐Gobain, in der PK zu bedenken:

Gips ist endlos wiederverwertbar, aber damit Recyclinggips wieder in die Produktion von neuen Platten einfließen kann, müssen spezielle Qualitätskriterien erfüllt werden.
Peter Giffinger

Die fachgerechte Vorsortierung auf den Baustellen wird daher wesentlich.

Wir betreten mit der sortenreinen Trennung auf den Baustellen in Österreich Neuland. Unter anderem erheben wir bei der PORR gerade, welcher Grad der Zerkleinerung optimal ist, um eine gute Verarbeitung des Abbruchmaterials in der neuen Anlage zu ermöglichen.
Josef Pein

, so Porr COO Josef Pein.
Aber nicht nur die Qualität des Materials werde wesentlich - Ralf Mittermayr, CEO bei Saubermacher, stellte klar:

Erfolgreiches Recycling ist nicht nur von der Qualität des Materials abhängig, sondern auch stark von der Menge.
Ralf Mittermayr

Nur wenn genügend Material angeliefert wird, rechnet sich demnach der Aufwand.

Saubermacher zählt neben der Porr zu den größten Baustellenentsorgern Österreichs. Das Unternehmen hat über eigene Abfallentsorgungszentren und z.B. die digitale Sammelplattform wastebox direkten Zugang zu den Abfallverursachern, wodurch eine getrennte Erfassung der Gipsabfälle geschult und somit besser umgesetzt werden kann.

Forderung des Entwurfes einer Recycling‐Gips‐Verordnung

Eine entscheidende Rolle für eine „echte Kreislaufwirtschaft“ spielen die rechtlichen Rahmenbedingungen. Die drei Projektpartner haben dabei ein klares Ziel vor Augen: die Erfüllung der unionsrechtlichen Zielvorgaben in Bezug auf ein hochwertiges Recycling.

Somit geht es beim vorliegenden Gesetzestext nicht nur darum, ab 1. Jänner 2026 den Weg zur Deponie zu verhindern, vielmehr soll die kreislaufwirtschaftliche Verwertung von Gipskartonplatten gefördert werden. So auch der Grund, dass Porr, Saint‐Gobain und Saubermacher den Entwurf einer Recycling‐Gips‐Verordnung befürworten, die die Kreislaufführung von Gips forcieren und zugleich eine hohe Qualität von Recyclinggips gewährleisten will.