Derzeit suchen die Investoren primär lebensmittelgeankerte Fachmarktzentren und Supermärkte, weiß Markus Arnold, CEO und Alleineigentümer Arnold Immobilien.
SOLID: Wie gestaltet sich der österreichische Einzelhandelsimmobilienmarkt derzeit?
MARKUS ARNOLD: Auf den ersten Blick besser, als man aufgrund der aktuellen Marktlage in der Immobilienbranche vermuten möchte. Denn das Investitionsvolumen in österreichische Einzelhandelsimmobilien verzeichnete in den ersten drei Quartalen im Vergleich zum Vorjahr einen Zuwachs von etwa acht Prozent. Dieses positive Ergebnis kommt vor allem durch zwei signifikante Großtransaktionen und mehrere kleinere im Segment der Nahversorgungsimmobilien zustande.
SOLID: Und bei genauerer Analyse?
ARNOLD: Dann sieht man, dass die Nachfrage stark variiert; abhängig von Typ und Sektor der jeweiligen Einzelhandelsimmobilie. Derzeit liegt der Schwerpunkt der Investoren auf lebensmittelgeankerten Fachmarktzentren und Supermärkten. Das gegenwärtige Marktumfeld und die erhöhten Finanzierungskosten führen allerdings auch bei Einzelhandelsimmobilien zu steigenden Renditeniveaus. Insbesondere die Erwartungen auf Käuferseite nach höheren Renditen verstärkten sich in den letzten Monaten. Daher betrug die Spitzenrendite für Fachmarktzentren am Ende des ersten Halbjahres etwa 5,4 Prozent, was einen Anstieg von etwa einem Prozentpunkt gegenüber dem Vorjahr entspricht. Für Geschäftshäuser auf der Wiener Mariahilfer Straße beispielsweise wird eine Spitzenrendite von etwa 4,3 Prozent erwartet.
SOLID: Welche Investoren schauen sich aus welchen Gründen auf dem Markt um?
ARNOLD: Generell sind das vor allem private Investoren mit genügend Eigenkapital. Diese sind meist auf der Suche nach höheren Renditen, als aktuell in der Assetklasse Wohnen zu erzielen sind. Aber auch institutionelle Investoren sind weiterhin aktiv. Bei Letzteren überwiegen Investitionsüberlegungen im Bereich der ESG-konformen Nahversorgerimmobilien.
SOLID: Wie lassen sich die Interessen der Investoren mit jenen von Entwicklern, Betreibern sowie Filialisten unter einen Hut bringen?
ARNOLD: Der bereits vor Covid-19 durch den Aufschwung im Onlinehandel initiierte Renditeanstieg bei Einzelhandelsimmobilien verstärkte sich weiter. Dadurch liegen aktuell die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern von Einzelhandelsimmobilien weniger weit auseinander als in anderen Assetklassen. Hier wurden die Preiskorrekturen erst mit dem Zinsanstieg 2022 eingeleitet.
SOLID: Welchen Stellenwert hat ESG bei den einzelnen Objekten für die Investoren?
ARNOLD: Das Thema ESG nimmt für Investoren mittlerweile einen erheblichen Stellenwert ein, da Immobilien in der Regel als langfristige Anlagen betrachtet und Investitionskosten für die gesamte Haltedauer kalkuliert werden. Die stetig strenger werdenden Vorschriften in Bezug auf Energieeffizienz und Heizsysteme werden immer spezifischer und führen somit beim Erwerb einer nicht ESG-konformen Immobilie zu Preisabschlägen. Dazu kommt, dass durch den starken Anstieg der Energiepreise im vergangenen Jahr die Bedeutung von ESG-konformen Immobilien auch für Einzelhandelsnutzer und Mieter steigt.