Deutschland : Baugenehmigungen für Wohnungen sinken weiter
Die Zahl der Baugenehmigungen sank im Mai 2023 Vergleich zum Vorjahresmonat um 25,9 Prozent auf 23.500 Wohnungen, wie das Statistische Bundesamt nun mitteilte. Damit sinkt die Zahl seit einem Jahr kontinuierlich.
Im April hatte es mit 31,9 Prozent den stärksten Rückgang seit mehr als 17 Jahren gegeben, im März war das Minus mit 29,6 Prozent ähnlich hoch ausgefallen.
"Zum Rückgang der Bauvorhaben dürften weiterhin vor allem die steigenden Baukosten und die zunehmend ungünstigeren Finanzierungsbedingungen beigetragen haben", erklärten die Statistiker den Abwärtstrend. Nach acht Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) in Folge auf aktuell 4,00 Prozent haben sich Baukredite spürbar verteuert.
Von Januar bis Mai wurden insgesamt 113.400 Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt, 27 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Zahlen umfassen sowohl Genehmigungen für Wohnungen in neuen Gebäuden als auch für neue Wohnungen in bestehenden Gebäuden.
Das Ifo-Institut geht davon aus, dass die Zahl der fertiggestellten Wohnungen bis 2025 kontinuierlich auf nur noch 200.000 sinken wird. Das wäre nur die Hälfte dessen, was die Bundesregierung als Jahresziel ausgegeben hat. Das ifo-Institut macht dafür nicht nur die gestiegenen Kreditkosten verantwortlich. "Gleichzeitig hat die Bundesregierung die Neubauförderung drastisch gekürzt und die Standards für Neubauten Anfang 2023 noch einmal verschärft", sagte Ifo-Bauexperte Ludwig Dorffmeister.
Hohe Materialpreise am Bau
Wegen hoher Materialpreise und steigender Zinsen werden in Deutschland ungewöhnlich viele Wohnungsbauprojekte gestrichen. Der Anteil der betroffenen Bauunternehmen lag im Januar bei 13,6 Prozent nach 15,9 Prozent im Dezember, wie das Ifo-Institut am Freitag zu seiner Umfrage mitteilte. "Die Stornierungen gehen zwar etwas zurück, das Niveau ist aber immer noch außergewöhnlich hoch", sagte Ifo-Forscher Felix Leiss dazu.
"Für die Unternehmen sind das dunkle Wolken am Horizont: Noch wird das Geschäft von den hohen Auftragsbeständen gestützt, aber mit Blick auf die weitere Entwicklung im Wohnungsbau machen sich Sorgen breit", sagte Leiss.
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Die Geschäftserwartungen gaben daher erneut nach und rutschten auf den tiefsten Stand seit Beginn der Erhebung im Jahr 1991: Das entsprechende Barometer sank um 1,5 Punkte auf minus 63,1 Zähler. "Die Erwartungen sind am Boden, die Unternehmen rechnen mit einer deutlichen Abkühlung", so Leiss. Trotz des schwachen Neugeschäfts planen die Unternehmen aber weitere Preiserhöhungen. Ihre Preisabsichten gaben nur leicht nach: Das Barometer sank von 37,4 auf immer noch sehr hohe 34,6 Punkte.
Die Deutsche Bundesbank rechnet für dieses Jahr mit einem schwachen privaten Wohnungsbau. "Das ist so etwas wie der perfekte Sturm", sagte Bundesbank-Chefvolkswirt Jens Ulbrich. Der private Wohnungsbau bleibe in diesem Jahr die Schwachstelle der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Ulbrich verwies unter anderem auf steigende Zinsen, sinkende verfügbare Einkommen, höhere Inflation und hohe Energiepreise.
Die Immobilienweisen rechnen inzwischen sogar mit einem Rückgang des Wohnungsneubaus bis 2024. In ihrem Frühjahrsgutachten verweisen die Experten auf steigende Finanzierungskosten durch steigende Zinsen und hohe Preissteigerungen bei Baumaterialien.
Weniger Baugenehmigungen
Die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser sank in den ersten fünf Monaten überdurchschnittlich um 35,1 Prozent auf 22.600.
Bei Zweifamilienhäusern war der Rückgang mit 53,5 Prozent auf 6.500 noch deutlicher.
"Auch bei der zahlenmäßig wichtigsten Gebäudeart, den Mehrfamilienhäusern, ging die Zahl der genehmigten Wohnungen deutlich zurück", betonten die Statistiker. Hier gab es ein Minus von 26,5 Prozent auf 61.200.