Leistbares Wohnen schafft durch einen stabilen Lebensraum auch sozialen Frieden, führt Christian Murhammer, Geschäftsführer des Österreichischen Fertighausverband (ÖFV), ins Feld.
SOLID: Wie definieren Sie leistbares Wohnen?
Christian Muhrhammer: Weil es sehr unterschiedliche Formen des Wohnens gibt, ist die eine Definition nahezu unmöglich. Für mich fokussiert leistbares Wohnen keinesfalls allein auf den sozialen Aspekt, also Wohnen für Menschen mit den niedrigsten Einkommen. Auch ist mir wichtig, dass keine Wohnform verteufelt oder gegen eine andere ausgespielt werden soll. Denn Wohnen nach eigenem Willen muss in einer freien Welt weitestgehend möglich sein – sofern eines gegeben ist: die „Leistbarkeit“, egal ob für Eigentum oder Miete. Mehr als die Hälfte des verfügbaren Einkommens darf Wohnen einfach nicht kosten. Denn für alle anderen grundlegenden Bedürfnisse muss ausreichend Geld übrigbleiben.
Leistbares Wohnen ist essenziell für soziale Gerechtigkeit und schafft durch einen stabilen, sicheren Lebensraum auch sozialen Frieden.
Welchen Beitrag leisten die Mitglieder des Österreichischen Fertighausverbands (ÖFV) zur Schaffung von leistbarem Wohnraum?
Muhrhammer: Unsere Mitglieder bieten seit der Gründung des Verbands 1979 eine mindestens einjährige Fixpreisgarantie an. So sind die Baufamilien wenigstens vor allfälligen Preissteigerungen geschützt. Das und die transparenten Angebote sowie die Zahlung nur nach Baufortschritt oder auch die rasche Bauzeit, die Doppelbelastungen durch Kosten für die alte und die neue Wohnung minimiert, schätzen die Kunden ebenso wie die finanzierenden Institute. Auf Wunsch wird bei der Finanzierungsberatung geholfen. Viele unserer Mitglieder unterstützten während der letzten Monate die Baukonjunkturmaßnahmen der Bundesländer durch zusätzliche Zinsgarantien oder vergleichbare Aktionen. Nicht zu vergessen, die hohe Effizienz bei der Herstellung der Häuser, da bei der Vorfertigung kaum Material verschwendet wird und entsorgt werden muss, was ebenso kostenschonend ist. Weiters reagieren die Verbandsmitglieder mit neuen, platz- und damit kostensparenden Haustypen sowie dem zunehmenden Fokus auf die Verdichtung durch beispielsweise das Anbieten von Zubauten und Aufstockungen von Bestandsgebäuden sowie von Doppel-/Mehrfamilienhäusern, welche per se die Schaffung von leistbarem Wohnraum fördern.
Auch sind wir für die Weiterverfolgung von Ansätzen wie dem „Gebäudetyp E“. Nutzer sollen die Wahl haben, ob sie bei der Ausführung Abstriche machen und dafür günstiger bauen wollen. Es braucht nur Regulatorien, die den Ausführenden das notwenige Maß an rechtlicher Sicherheit bieten. Interessant ist, dass nicht die Kunden, sondern Teile der Branche derartige Ansätze kategorisch ablehnen.
Unter dem Motto „Mit leistbarem Wohnraum zurück zu Wachstum und Wohlstand“ legte der ÖFV Ende 2024 Forderungen an die neue Bundesregierung vor. Was war der Anlass?
Muhrhammer: Der Anlass waren die Entwicklungen der letzten Jahre. Inflation, Zinssteigerung, Materialpreiserhöhungen, hohe Lohnabschlüsse und Energiekosten verteuerten das Bauen zusätzlich zu den „alten“ Faktoren. Darunter verstehe ich die immer mehr gestiegenen Anforderungen an die Ausführung, wie Schallschutz, die unzähligen ausufernden Vorschriften, beispielsweise die Zahl der zu errichtenden Autostellplätze, die ständig steigenden energetischen Vorgaben im Hinblick auf den Klimaschutz und so weiter. Und ja: Es wirken sich auch die gestiegenen Ansprüche der Nutzer auf die Kosten eines Hauses aus. So nahmen etwa die Quadratmeter pro Person kontinuierlich zu.
Darüber hinaus war sehr deutlich zu beobachten, dass durch alle diese Faktoren - verschärft durch die KIM-Verordnung - der Erwerb von Eigentum in Form von Eigentumswohnungen und Eigenheimen für viele kaum mehr möglich war. Dieses Erschweren von Eigentumsschaffung bewirkte eine erhöhte Nachfrage nach Mietobjekten. Doch auch von diesen wurde in den letzten Jahren zu wenig gebaut. Logische Folge: Höhere Nachfrage, geringeres Angebot. Die Mietpreise stiegen.
Was spricht darüber hinaus für Wohneigentum?
Muhrhammer: Es führt – ganz abgesehen von Leistbarkeit beim Erwerb – zu einer künftigen Leistbarkeit anderer Dinge. Wohneigentum ist die sicherste Altersvorsorge, die es gibt. Einen Gutteil unseres heutigen Wohlstands machen die Immobilien aus, die vor Jahrzehnten von Privatpersonen gebaut oder erworben wurden. Und auch wenn sich die Zeiten und die Einstellungen geändert haben mögen: Leistbares Wohneigentum darf künftigen Generationen nicht durch Faktoren genommen werden, die mehr oder weniger leicht zu ändern wären. Unzählige Studien belegen, dass der Wunsch nach Eigentum nach wie vor die Liste der erstrebten Wohnformen deutlich anführt. Bei der Wohneigentumsquote in Europa liegt Österreich ohnehin bereits auf den hintersten Plätzen. Das darf durch fehlende Leistbarkeit nicht noch verschärft werden.