Österreich : Baukostenexplosion: Forderung nach Verteuerungsverbot
Nur die Bundesländer können dem wegen der Baukostenexplosion unter Druck stehenden geförderten Wohnbau etwas aus der Zwickmühle heraushelfen, hieß es heute bei einem Pressegespräch der ARGE Eigenheim in Wien. Die gemeinnützigen Bauträger bekommen immer seltener Fixpreiszusagen von Baufirmen, zugleich sind sie aber selbst vielfach Preiszusagen gegenüber Verbrauchern nach dem Konsumentenschutzgesetz eingegangen. Oberösterreich hat schon den Fördersatz um 270 Euro pro Quadratmeter erhöht, um rund ein Siebentel - andere Länder könnten folgen.
Neben dieser Anhebung in OÖ, über die Vizeobmann Herwig Pernsteiner vom Verband der gemeinnützigen Bauvereinigung (GBV) am Montag berichtete, hat auch Salzburg bereits eine Aufstockung vorgenommen. Das an sich dort momentan mit jährlich 121 Mio. Euro bemessene Fördervolumen wurde laut GBV-Aufsichtsrat ARGE-Eigenheim-Obmann Christian Struber für voriges Jahr und heuer um je 15 Mio. Euro aufgestockt. In allen Bundesländern würden Gespräche in diese Richtung laufen - auch in Wien; hier werde man hoffentlich demnächst etwas hören können, sagte GBV-Aufsichtsratsvorsitzender Michael Pech.
Die Baukosten für den Wohnhaus- und Siedlungsbau seien binnen 16 Monaten, von Dezember 2020 bis April 2022, um knapp 23 Prozent angestiegen. Dabei habe sich Material um 42,5 Prozent verteuert, so Pernsteiner. Wegen dieser Preissteigerungen müssten die in den Wohnbau-Förderbestimungen der Länder vorgesehenen höchstzulässigen Baukostensätze für neue Projekte erhöht werden, bei laufenden Projekten würden sich die Baukosten deutlich erhöhen. Gegensteuern solle die öffentliche Hand durch ein "Verteuerungsverbot" im Wohnbau, in dem die Kostenrelevanz von Ö-Normen und OIB-Richtlinien bei Gesetzesvorlegen zu prüfen sein sollte, um hier der Teuerungsspirale entgegenzuwirken, fordert die ARGE Eigenheim, die Plattform ÖVP-naher Gemeinnütziger im GBV, der am Dienstag seinen Jahresverbandstag abhält.
Für neue Projekte werde man seitens der Baufirmen keine Festpreise mehr erhalten, so GBV-AR-Chef Pech. Oft verständige man sich bei Auftragsvergaben auf 75 bis 80 Prozent Fixpreise und auf 25 oder 30 Prozent variable Teile. Könne man gegenüber den eigenen Kunden Preiszusagen nicht einhalten, hätten diese ein kostenfreies Rücktrittsrecht laut Konsumentenschutzgesetz (KSchG). Manches wirke sich jedoch bei den GBV erlösschmälernd aus, so Pernsteiner - denn nicht alles könne man weitergeben, berichtete er von "seiner" ISG Ried in OÖ, wo er im Vorstand ist. Da habe der Dachdecker, der beim Bau so ziemlich als letzter drankommt, nur mehr teurer Material ordern können.Fixpreise, die mit der Bauwirtschaft vereinbart seien, würden an sich gelten, betonte Pech - außer es handle sich um "höhere Gewalt". Bezüglich Corona gebe es schon höchstgerichtliche Entscheidungen, wonach es zu Situation kommen könne, wo beide Seiten neu miteinander sprechen bzw. verhandeln müssen. Zum Ukraine-Krieg mit den gestörten Lieferketten und den in die Höhe gekletterten Rohstoffpreisen, sei das aber noch nicht ausjudiziert.
Um die Wohnbaufinanzierung möglichst günstig zu halten, hätten viele gemeinnützige Bauvereinigungen Fixzinsvereinbarungen abgeschlossen, die teilweise bis 15 Jahre lang reichten, was ohnedies das Maximum sei, berichtete Pernsteiner. Durchgerechnet sei höchstens ein Drittel der Kosten über Banken, also über den Markt finanziert. Jedoch hätten sich allein seit Jänner dieses Jahres die 10-jährigen Finanzierungen um 100 Basispunkte (ein Prozent) verteuert.Pech zeigte sich überzeugt, dass die Preise auch wieder runtergehen werden, allerdings abgebremst durch die höheren Lohnabschlüsse, die da noch gar nicht eingepreist seien, so Pech in einer Pressekonferenz.
Aus der Bauwirtschaft höre man zudem, dass die Auslastung im kommenden Jahr wohl "dramatisch zurückgehen" werde. Der Auftragsstand sei hier schon geringer als früher und werde sich auch weiterhin auf einem niedrigeren Niveau befinden, meinte Pernsteiner. Es gebe bei den Gewerken auch schon gewisse Ängste, qualifizierte Arbeitskräfte zu verlieren, etwa an den Tourismus.
Trotz Coronakrise haben die 185 gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) voriges Jahr in Österreich überdurchschnittlich viele Wohnungen errichtet. Die Zahl von 16.500 neuen Einheiten lag über dem 10-jährigen Schnitt, aber unter dem Spitzenjahr 2020, dem zweitbesten seit 1945. Auch bei den in Bau stehenden GBV-Wohnungen bewegt man sich mit 32.000 über dem Schnitt. Der zehnjährige Schnitt der Fertigstellungen im Sektor macht 16.200 Wohnungen aus, bei den in Bau befindlichen 31.000. Vor einem Jahr waren 33.000 Wohnungen in Bau, vor zwei Jahren 36.000 - der Höhepunkt ist auch hier überschritten.