Steuerrecht : Steuerliche Erleichterungen bei Naturkatastrophen
Das Abgabenrecht sieht im Zusammenhang mit Katastrophen sowohl direkte Steuer- oder Abgabenbefreiungen als auch verfahrensrechtliche Erleichterungen durch Stundungen oder Fristverlängerungen vor. Das Bundesministerium für Finanzen hat in einer aktuellen Information einen umfassenden Überblick über die steuerlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe im Herbst 2024 gegeben (siehe BMF - IV/11 vom 16. September 2024). Ich erlaube mir, Ihnen in diesem Beitrag einen Auszug daraus sowie ergänzende Hinweise zu geben.
Arbeitnehmer im Katastropheneinsatz
Als langjähriges Mitglied einer Freiwilligen Feuerwehr möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass Arbeitnehmer, die ehrenamtliche Mitglieder einer Katastrophenhilfsorganisation, eines Rettungsdienstes oder einer Freiwilligen Feuerwehr sind, mit ihrem Arbeitgeber einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung vereinbaren können, wenn sie bei einem Großschadensereignis im Einsatz sind. Als Großschadensereignis gilt eine Schadenslage, bei der insgesamt mehr als 100 Personen über einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens 8 Stunden im Einsatz sind. Über den Umfang und die Lage der Dienstbefreiung ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erforderlich, die bereits im Voraus für künftige Einsätze getroffen werden kann.
Für die Dienstfreistellung kann der Arbeitgeber beim Amt der Landesregierung, in dessen Bundesland sich das Großschadensereignis ereignet hat, eine Entschädigung für den Aufwand der bezahlten Dienstfreistellung beantragen. Die Entschädigung beträgt pauschal 200 Euro pro Arbeitnehmer und Tag, sofern der Einsatz mindestens 8 Stunden gedauert hat. Dieser Anspruch besteht nicht für freiwillige Helfer, die nicht Mitglieder der oben genannten Organisationen sind.
Darüber hinaus kann für Personen, die ehrenamtlich für eine gemeinnützige Organisation im Bereich der Katastrophenhilfe tätig sind ein Freiwilligenpauschale iHv von bis zu 50 Euro pro Tag (maximal 3.000 Euro pro Jahr) von der jeweiligen Organisation steuerfrei ausbezahlt werden.
Zuwendungen an Katastrophengeschädigte
Der Arbeitgeber, aber auch der Betriebsrat, kann den von der Katastrophe betroffenen Arbeitnehmern abgabenfreie Geld- und Sachleistungen zukommen lassen, wenn diese zur unmittelbaren Beseitigung der Schäden verwendet werden. Die Hilfsbedürftigkeit der Opfer von Naturkatastrophen wird grundsätzlich unabhängig von der Einkommens- und Vermögenssituation der Betroffenen angenommen. Auch geldwerte Vorteile wie zinslose Arbeitgeberdarlehen sind ohne betragsmäßige Begrenzung steuerfrei.
Ebenso sind Leistungen aus dem Katastrophenfonds beim Empfänger steuerfrei. Spenden für begünstigte Zwecke (dazu zählen eben auch Katastrophenfälle) an eine begünstigte Einrichtung können als Betriebsausgabe oder Sonderausgabe geltend gemacht werden. Direkte Zuwendungen an Betroffene sind hingegen nicht abzugsfähig. Im Rahmen von Spenden aus dem Privatvermögen sind zudem nur Geldspenden, nicht aber Sachspenden abzugsfähig.
Letztere müssen von den Organisationen an das Finanzamt gemeldet werden und werden dann automatisch als Sonderausgaben bei der Steuerveranlagung berücksichtigt.
Entlastungen bei den Geschädigten
Neben der Steuerbefreiung für Sach- und Geldzuwendungen an den Zuwendungsempfänger können auch bestimmte Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden als außergewöhnliche Belastung (ohne Selbstbehalt) geltend gemacht werden, soweit sie zwangsläufig entstanden sind. Dabei handelt es sich in der Regel um die Kosten der Beseitigung der unmittelbaren Katastrophenfolgen, teilweise um die Kosten der Reparatur und Sanierung von durch die Katastrophe beschädigten, aber noch benutzbaren Wirtschaftsgütern und teilweise um die Kosten der Ersatzbeschaffung von durch die Katastrophe zerstörten Vermögensgegenständen. Aufwendungen zur Vorsorge gegen künftige Katastrophen sind nicht abzugsfähig. Sowohl bei der Reparatur als auch bei der Ersatzbeschaffung von Gegenständen ist zu beachten, dass nur solche Gegenstände steuerlich absetzbar sind, die für die normale Lebensführung notwendig sind. Nicht dazu gehören zB die Kosten für die Sanierung eines Schwimmbades oder Sportgeräte. Wird zur Finanzierung der vorgenannten Aufwendungen ein Darlehen aufgenommen, so sind die auf diese Aufwendungen entfallenden Darlehenstilgungen einschließlich Zinsen als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig.
Um solche außergewöhnlichen Belastungen steuerlich geltend machen zu können, ist es nach Auskunft des Finanzministeriums erforderlich, dass die Niederschriften der Gemeindekommissionen über die Schadensfeststellung dem zuständigen Finanzamt vorgelegt werden. Sollten ausnahmsweise keine oder keine vollständigen Niederschriften angefertigt worden sein, ist eine „Selbsterklärung“ abzugeben. Die zu berücksichtigenden Kosten sind zusätzlich durch Rechnungen zu belegen.
Das Finanzministerium ist sich bewusst, dass es im Zusammenhang mit Naturkatastrophen zu Schwierigkeiten bei der Einhaltung der Abgabefristen kommen kann. Aus diesem Grund können von den Geschädigten Anträge auf Fristverlängerung zur Abgabe einer Abgabenerklärung sowie Anträge auf Verlängerung einer Rechtsmittelfrist gestellt werden. Um Liquiditätsengpässen der Betroffenen entgegenzuwirken, können Anträge auf Stundung oder Ratenzahlung, Anträge auf Absehen von der Geltendmachung von Terminverlusten, sowie Anträge auf Herabsetzung oder Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen oder Verspätungszuschlägen gestellt werden. Auch die Einkommensteuervorauszahlung kann bis zum 31. Oktober (sonst nur bis zum 30. September) angepasst oder herabgesetzt werden.
Tipps und Tricks
* Wenn ein Arbeitnehmer eine bezahlte Freistellung für einen Katastropheneinsatz im Rahmen einer Blaulichtorganisation wünscht, lassen Sie sich von dieser Organisation eine entsprechende Bestätigung ausstellen. Beantragen Sie einen Ersatz für diese Entgeltfortzahlung von bis zu 200 Euro pro Tag und Arbeitnehmer.
* Werden Zuwendungen an katastrophengeschädigte Arbeitnehmer ausbezahlt, sollten Belege oder sonstige Nachweise über die Schadensbeseitigung zu den Personalakten genommen werden.
* Spenden an Hilfsorganisationen sind in der Regel als Betriebsausgaben oder Sonderausgaben abzugsfähig. Geben Sie der Organisation Ihre Daten bekannt.
* Prüfen Sie als Geschädigter die Zweckmäßigkeit von Fristverlängerungen und Zahlungserleichterungen beim Finanzamt und machen Sie außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend.