Steuerrecht : Haftungsfallen für Auftraggeber - so vermeiden Sie sie!

Quellen- oder Abzugsteuern dienen dazu Steuersubstrat zu sichern und kommen bei den Einkünften von ausländischen Vergütungsempfängern oft dort zur Anwendung, wo ein besonders hohes Risiko besteht, dass die steuerlichen Verpflichtungen im Inland nicht wahrgenommen werden. Steuerschuldner bleibt zwar der ausländische Vergütungsempfänger, verpflichtet zum Steuerabzug ist hingegen der Vergütungsschuldner bzw Auftraggeber. Problematisch daran ist, dass im Falle des (irrtümlichen) Unterlassens des Steuerabzugs in der Regel der Vergütungsschuldner vom Finanzamt zur Haftung herangezogen wird.

Was unterliegt der Abzugsteuer?

Als Quellensteuer gelten in Österreich die Lohnsteuer, die Kapitalertragsteuer (zB Gewinnausschüttungen, Zinsen, Privatstiftungszuwendungen), die Abzugsteuer nach § 99 EStG und die Auftraggeberhaftung. Die Abzugsteuer nach § 99 EStG kommt nur dann zur Anwendung, wenn der Vergütungsempfänger beschränkt steuerpflichtig ist. Bei natürlichen Personen ist das der Fall, wenn im Inland weder Wohnsitz noch gewöhnlicher Aufenthalt vorliegen, bei juristischen Personen, wenn weder Geschäftsleitung noch Sitz in Österreich liegen. Erfasst davon sind die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit als Schriftsteller, Künstler, Architekt, Sportler, Artist oder Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen. Des Weiteren betroffen sind Einkünfte aus der Überlassung von Rechten (Lizenzgebühren), aus kaufmännischer oder technischer Beratung im Inland, Aufsichtsratsvergütungen, Einkünfte aus der Arbeitskräfteüberlassung zur inländischen Arbeitsausübung, Gewinnanteile stiller Gesellschafter, Einkünfte aus doppelstöckigen Personengesellschaften und Einkünfte aus Immobilienfonds. Von diesen Einkünften ist grundsätzlich eine Abzugsteuer in Höhe von 20% der Bruttovergütung (ohne Abzug von Aufwendungen) abzuziehen. Bei einzelnen Tatbeständen (zB stiller Gesellschafter) erhöht sich die Abzugsteuer auf 27,5%. Trägt der Abzugsverpflichtete die Steuer (zB weil er diese vom ausländischen Vertragspartner im Haftungsfall etwa nicht mehr erstattet bekommt), so erhöht sich die Steuer auf 25%. Die Steuer ist durch den Vergütungsschuldner einzubehalten und bis zum Fünfzehnten des Folgemonats an das Finanzamt abzuführen und zu melden.

Matthias Mitterlehner
Unser Experte Matthias Mitterlehner (ICON Wirtschaftstreuhand GmbH) - © ROBERT MAYBACH

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Ansässigkeitsbescheinigung als Voraussetzung für abkommenskonforme Entlastung

Besteht die Verpflichtung zum Einbehalt der Abzugsteuer, ist in einem nächsten Schritt zu prüfen, ob es ein Doppelbesteuerungsabkommen gibt, welches Österreich das Besteuerungsrecht entzieht. Hat Österreich kein oder nur ein eingeschränktes (zB nur im Ausmaß von 10%), so kann eine Entlastung von der Quellensteuer entweder im Rückerstattungsweg oder direkt im Zeitpunkt der Zahlung der Vergütung („an der Quelle“) erfolgen. Leider wird dabei oft übersehen, dass für die Entlastung an der Quelle umfangreiche Formalvoraussetzungen gelten, deren Nichtbeachtung wiederum mit dem Damoklesschwert der Haftung für den Abzugsverpflichteten bedroht sind. Die Details dazu finden sich in der DBA-Entlastungsverordnung. So ist eine Entlastung an der Quelle zB nicht zulässig, wenn bekannt ist oder sein müsste, dass die Einkünfte dem Vergütungsempfänger nicht zurechenbar sind.

Damit der Abzugsverpflichtete eine Entlastung an der Quelle vornehmen kann, muss der ausländische Vergütungsempfänger eine Ansässigkeitsbescheinigung vorlegen. Diese muss grundsätzlich auf den Formularvordrucken des österreichischen BMF erfolgen: ZS-QU1 für natürliche Personen und ZS-QU2 für juristische Personen. Die Ansässigkeitsbescheinigung muss beim Abzugsverpflichteten im Original vorliegen und sie muss innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten vor oder nach Entstehen der Abfuhrverpflichtung ausgestellt worden sein. Ist das Formular nicht vollständig ausgefüllt, fehlt die Unterschrift des Vergütungsempfängers und/oder die Ansässigkeitsbestätigung der ausländischen Finanzverwaltung auf dem Formular, so sind die Formvoraussetzungen für eine Entlastung an der Quelle nicht gegeben. Betragen die Vergütungen vom Schuldner an den Vergütungsempfänger im Kalenderjahr maximal EUR 10.000, so kann auf die Bestätigung durch die ausländische Finanzverwaltung am Formular verzichtet werden. Darüber hinaus gibt es Vereinbarungen mit Chile, Mexiko, Portugal, Spanien, Thailand, der Türkei und den USA, dass die Bestätigung der Ansässigkeit durch die jeweilige Finanzverwaltung auch in anderer Weise akzeptiert wird.

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Eine Entlastung von der österreichischen Abzugsteuer kann auch dann erreicht werden, wenn der Vergütungsempfänger über eine österreichische Betriebsstätte verfügt, der die Vergütung zurechenbar ist (zB inländischen Niederlassung, welche die fraglichen Leistungen erbringt). In diesem Fall kann mittels Registrierungsbescheinigung die Abzugsteuer dann vermieden werden, wenn es sich entweder um einen in der EU ansässigen Vergütungsempfänger handelt oder das DBA mit dem Ansässigkeitsstaat des Vergütungsempfänger eine sogenanntes Betriebsstättendiskriminierungsverbot enthält.

Jedes österreichische Unternehmen sollte sich über die Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Abzugsteuer bewusst sein. Eine Haftungsvorschreibung von Abzugsteuer kann zu einem teuren Unterfangen werden. Insbesondere wenn – wie oft im Fall von Arbeitskräfteüberlassungen – Abzugsteuer über einen längeren Zeitraum nicht einbehalten wurde, kann eine Haftungsvorschreibung zu bedrohlichen Liquiditätsengpässen führen.

Tipps und Tricks

  • „When in doubt“ – behalten Sie im Zweifel lieber Quellensteuern ein und verweisen Sie Ihren Auftragnehmer auf den Rückerstattungsweg.
  • Informieren Sie sich bei grenzüberschreitenden Zahlungen rechtzeitig über mögliche Abzugsverpflichtungen und potenzielle Vermeidungsmöglichkeiten.
  • Sorgen Sie für entsprechende interne Abläufe, damit abzugsteuerpflichtige Sachverhalte in Ihrem Unternehmen nicht übersehen werden (zB Schulung Einkaufs- und Buchhaltungsabteilung).
  • Fordern Sie eine Ansässigkeitsbestätigung vom Vergütungsempfänger an, wenn eine Entlastung gemäß einem DBA möglich ist.
  • Vertrauen Sie nicht darauf, dass Ihr ausländischer Vertragspartner die Ansässigkeitsbescheinigung nachreicht. Tut er dies nicht, haben Sie ein Haftungsrisiko.
  • Vorsicht vor Nettovereinbarungen in Verträgen, bei denen der Preis exklusive etwaiger Quellensteuern vereinbart wird. Die Quellensteuer wir so effektiv auf Sie übergewälzt.
  • Hüten Sie sich vor „Werkverträgen“, die sich bei wirtschaftlicher Betrachtung als Arbeitskräfteüberlassung darstellen. Es drohen die Vorschreibung von Abzugsteuer, Kommunalsteuer, Säumnisfolgen, Finanzstrafen und Strafen nach dem LSD-BG.
    Beachten Sie außerdem die Mitteilungsverpflichtung über bestimmte Auslandszahlungen (§ 109b EStG) sowie die Auftraggeberhaftung (§ 82 a EStG, § 67a ASVG).
  • Als österreichisches Unternehmen können Sie auch zum Abzugsverpflichteten einer ausländischen Abzugsteuer werden. Zahlreiche Staaten sehen sehr umfangreiche Quellensteuertatbestände etwa auf Dienstleistungen vor.