Steuerrecht : Arbeiten im Ausland, versichert in Österreich

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Bauprojekte in anderen europäischen Staaten stellen für österreichische Unternehmen regelmäßig eine Herausforderung dar. Insbesondere die Entsendung von Mitarbeitern löst eine Vielzahl von steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen in Österreich, aber auch im jeweiligen Projektstaat aus. 
Ein wesentlicher Prozess ist dabei die Beantragung von sogenannten A1-Bescheinigungen für jene Arbeitnehmer, die auch während der Entsendung weiterhin in Österreich sozialversichert bleiben sollen. Der vorliegende Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die wichtigsten Funktionen dieser Bescheinigung. 

Nachweis der Sozialversicherungspflicht in Österreich

Arbeitnehmern, die in anderen EU-Ländern eingesetzt werden, ist es im Regelfall wichtig, auch während der Dauer ihrer Auslandstätigkeit weiterhin im österreichischen Sozialversicherungssystem zu verbleiben. Dies ermöglicht die sogenannte Entsenderegel in Art 12 der EWG VO 883/2004. Dauert die Entsendung nicht länger als 24 Monate und wird im Rahmen der Entsendung auch kein anderer Arbeitnehmer abgelöst, so verbleibt die Sozialversicherungszuständigkeit bei Entsendungen in EU-, EWR-Staaten oder nach UK weiterhin in Österreich. 

Der Arbeitgeber hat alle Sozialversicherungsbeiträge weiterhin an die Gesundheitskasse abzuführen, der Arbeitnehmer kann seine Leistungsansprüche weiterhin gegenüber den jeweils zuständigen österreichischen Sozialversicherungsbehörden geltend machen. Im Vorfeld einer Entsendung sollte daher der Arbeitgeber für den betreffenden Mitarbeiter die Bescheinigung A1 beantragen. 

Sie dient als eindeutiger Nachweis dafür, dass Österreich weiterhin für die Sozialversicherung zuständig ist. Sowohl die Beantragung als auch die Ausstellung der A1-Bescheinigung erfolgen in Österreich mittlerweile vollelektronisch via elektronischem Datenaustausch mit den österreichischen Sozialversicherungsträgern (ELDA). Dies hat den Vorteil, dass der Arbeitgeber im Regelfall binnen weniger Stunden die A1-Bescheinigung erhält und dies selbst an Wochenenden oder Feiertagen. Sollte übersehen werden, die Bescheinigung rechtzeitig vor Beginn der Entsendung zu beantragen, wird diese in der Praxis auch rückwirkend ausgestellt.  

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Vermeidung von Doppelversicherung und Strafen im EU-Einsatzland

Insbesondere im Baubereich nimmt die Intensität von Prüfungshandlungen durch die zuständigen Organe im Einsatzland direkt auf der Baustelle stetig zu. Die Prüforgane erwarten dabei im Regelfall, dass die dort tätigen Arbeitnehmer auf Anforderung ihre A1-Bescheinigungen vorlegen können. Die A1-Bescheinigung erfüllt in diesem Zusammenhang einen zweifachen Schutzzweck.  

Zum einen schützt es sowohl den Arbeitnehmer als auch den österreichischen Arbeitgeber vor der Vorschreibung von Sozialversicherungsbeiträgen durch den Einsatzstaat. Das EU-Sozialversicherungsrecht ist vom Prinzip der Einmalversicherung geprägt, dh. nur jeweils ein einziger Mitgliedstaat darf die erzielten Einkünfte mit Sozialversicherungsbeiträgen belegen. 
Die A1-Bescheinigung dient als eindeutiger Nachweis darüber, dass dieses Recht ausschließlich Österreich zukommt. Die sogenannte „Bindungswirkung“ von A1-Bescheinigungen verhindert dabei, dass sich die Behörden oder Gerichte des Einsatzlandes über das Bestehen dieser Bescheinigung hinwegsetzen können. Nur dann, wenn Hinweise darauf bestehen, dass die A1-Bescheinigung in Österreich in „betrügerischer“ Art und Weise (durch Vorspiegelung falscher Tatsachen) erlangt wurde, besteht für den Einsatzstaat die Möglichkeit, ein Widerrufsverfahren zu initiieren. Umgekehrt kann die österreichische Gesundheitskasse jederzeit die von ihr ausgestellte A1-Bescheinigung widerrufen, sofern sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für eine Entsendung nicht mehr vorliegen. 

 Zum anderen schützt es österreichische Arbeitgeber und deren Organe vor Verwaltungsstrafen. Viele Einsatzländer sehen – insbesondere zur Vermeidung von Lohn- und Sozialdumping - vor, dass ausländische Mitarbeiter im Falle einer Prüfung bestimmte Unterlagen vorlegen müssen. Die A1-Bescheinigung ist dabei zumeist Teil dieses „Unterlagensets“. Ein Verstoß dagegen zieht oft empfindliche Geldstrafen nach sich. Die Erfüllung dieser Bereithaltungspflicht stellt oftmals auch eine prozessuale Herausforderung dar. Dabei ist beispielsweise zu klären, welche Person vor Ort bei Anforderung die A1-Bescheinigung vorlegen kann und in welcher Form (Papier vs. in elektronischer Form etc.). 

Vereinheitlichung des Nachweisverfahrens

Die A1-Bescheinigung ist darüber hinaus ein Musterbeispiel für eine gelungene Harmonisierung von Verwaltungsakten innerhalb der EU. Egal in welchem Mitgliedstaat die A1-Bescheinigung beantragt wird, sie wird immer im selben Format ausgestellt. Dadurch erfüllt sie auch eine wichtige Vereinheitlichungsfunktion im Nachweisverfahren zur Sozialversicherungszuständigkeit. 

Fazit

Die konsequente Einholung von A1-Bescheinigungen bei Mitarbeiterentsendungen in andere EU-Staaten mag auf den ersten Blick nur als „lästige“ Formalität wirken. Sie erfüllt allerdings mit dem eindeutigen Nachweis der Sozialversicherungspflicht in Österreich, der Vermeidung von Doppelversicherung und Verwaltungsstrafen im EU-Einsatzland und der Vereinheitlichung des Nachweisverfahrens ganz wichtige Funktionen zur Erleichterung der Mitarbeitermobilität innerhalb des EU-Binnenmarkts.