Steuerrecht : Weit weg und auch wieder nicht

India rupee money banknote close-up

Österreichische Bauunternehmen und Dienstleister lösen oft unbewusst eine beschränkte Steuerpflicht in Indien aus. Häufig fällt dieser Umstand erst dann auf, wenn der Auftraggeber, den um die indische Quellensteuer reduzierten Rechnungsbetrag überweist.

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Vielfach lösen österreichische Bauunternehmen und Dienstleister unbewusst eine beschränkte Steuerpflicht in Indien aus. Häufig fällt dieser Umstand erst dann auf, wenn der Auftraggeber, den um die indische Quellensteuer reduzierten Rechnungsbetrag überweist. Da Quellensteuern stets von der Bruttovergütung berechnet werden und im Fall von Indien 20 % oder mehr betragen, kann aus einem gewinnträchtigen rasch ein Verlustprojekt werden. Besonders bitter ist dieser Umstand, wenn die Quellensteuer eigentlich anteilig oder gänzlich vermeidbar gewesen wäre.

Wann wird eine in Österreich ansässige Person in Indien beschränkt steuerpflichtig?

Maßgebend für die beschränkte Steuerpflicht für in Österreich ansässige Unternehmen ist einerseits der indische Income Tax Act (ITA) und andererseits das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Indien zur Vermeidung der (DBA). Neben der indischen Business Connection (ein Tatbestand ähnlich der Betriebsstätte, allerdings breiter gefasst) führt Section 9 ITA weitere beschränkt steuerpflichtige Einkünfte (Income deemed to accrue or arise in India) an. Für nicht in Indien ansässige Dienstleister ist vor allem Section 9 (1) (vii) ITA von Bedeutung.
Demnach unterliegen Vergütungen für technische Dienstleistungen einer beschränkten Steuerpflicht in Indien, wenn die Vergütungen vom indischen Staat, einer in Indien ansässigen Person oder einer indischen Business Connection einer nicht ansässigen Person bezahlt werden.

Der Ausdruck „Vergütungen für technische Dienstleistungen“ wird dabei wie folgt definiert:
„fees for technical services" means any consideration (including any lump sum consideration) for the rendering of any managerial, technical or consultancy services (including the provision of services of technical or other personnel) …”. Bauleistungen können von der indischen Quellensteuer ebenfalls betroffen sein.

Während die Nettoeinkünfte aus einer indischen Business Connection der indischen Körperschaftsteuer für nicht ansässige Unternehmen unterliegen (aktuell ca 40 %), sieht Section 115A (1) (b) ITA seit kurzem eine Quellensteuer iHv 20 % auf die Bruttovergütung vor. Bis Ende März 2023 betrug die Quellensteuer auf technische Dienstleistungen und Lizenzgebühren nämlich lediglich 10%.

Quellensteuerreduktion durch das DBA

Wie oben angeführt sind zusätzlich zum ITA die Bestimmungen im DBA maßgebend. Neben den üblichen Betriebsstättentatbeständen in Art 5 DBA, sieht Art 12 DBA ein Quellenbesteuerungsrecht für aus Indien stammende Vergütungen für technische Dienstleistungen vor. Dienstleistungsvergütungen stammen aus Indien, wenn die Vergütung
(1) vom indischen Staat,
(2) von einer in Indien ansässigen Person oder
(3) einer indischen Betriebsstätte einer nicht in Indien ansässigen Person getragen wird.

Die Quellensteuer ist allerdings auf 10 % beschränkt. Durch die Erhöhung der indischen Quellensteuer seit April 2023 ist es nun folglich jedenfalls relevant, sich ausführlich mit den innerstaatlichen Vorgaben zur abkommenskonformen Quellensteuerreduktion auseinandersetzen. Denn insoweit die tatsächlich abgezogene indische Quellensteuer die gem DBA zulässigen 10% übersteigt, ist eine Verwertung in Österreich jedenfalls ausgeschlossen.

!!Achtung!!

Selbst, wenn sämtliche Dienstleistungen physisch in Österreich erbracht werden (z.B. Planungsleistungen, Engineering), besteht eine – abkommensrechtlich gedeckte – beschränkte Steuerpflicht in Indien, wenn die Vergütungen von einer in Indien ansässigen Person, einer indischen Betriebsstätte oder dem indischen Staat getragen werden.
Im Gegensatz zum Großteil der andern österreichischen DBA, ist eine physische Präsenz im Fall von Indien folglich nicht Voraussetzung für ein ausländisches Besteuerungsrecht!

Voraussetzungen für eine abkommenskonforme Besteuerung

Wird in Verbindung mit den erbrachten Dienstleistungen keine indische Betriebsstätte iSd DBA begründet, sind seit 1. April 2023 folgende Schritte für eine abkommenskonforme Besteuerung notwendig:

1. Beantragung einer indischen Steuernummer (Permanent Account Number = PAN)
2. Beantragung der DBA-Anwendung (= Reduktion der Quellensteuer von 20% auf 10%) mittels Formular 10F und einer österreichischen Ansässigkeitsbescheinigung (Formular ZS-AE)
3. Kontrolle der ordnungsgemäßen Abfuhr der indischen Quellensteuer seitens des Kunden (max 10 % und gegen die PAN)
4. Einreichung einer indischen Steuererklärung

Ab 30. September 2023 wird die indische PAN jedenfalls bereits für Schritt (2) benötigt. Bis dahin gibt es für nicht in Indien ansässige Personen die Möglichkeit, Formular 10F ohne PAN vorzubereiten. Für die Schritte (3) und (4) wird die PAN jedenfalls benötigt.

Wurde zum Zeitpunkt der Zahlung die DBA-Anwendung in Indien nicht ordnungsgemäß beantragt, wird der indische Kunde in der Regel 20 % Quellensteuer abführen. Die Beantragung der DBA-Anwendung ist zwar nachträglich im Rahmen der indischen Steuererklärung möglich und die indische Finanzbehörde bestätigt den Rückerstattungsbetrag in der Regel.
Die Abwicklung der Rückerstattung auf ein ausländisches Bankkonto ist allerdings aufwändig und nicht immer erfolgreich. Hat der Auftraggeber die Quellensteuer zudem nicht der PAN zugeordnet, kann die Rückerstattung aufgrund der mangelnden Zuordenbarkeit zum Zahlungsempfänger scheitern. Die Einhaltung der oben angeführten Schritte ist daher zweckdienlich

Verwertung der indischen Quellensteuer in Österreich

Ausländische Ertragsteuern stellen in Österreich steuerlich nicht absetzbare Betriebsausgaben dar. Allerdings sieht Art 22 (2) lit b DBA vor, dass Österreich die Doppelbesteuerung auf Dienstleistungseinkünfte iSd Art 12 DBA mittels Steueranrechnung vermeidet. Die Steueranrechnung im Falle von aus Indien stammenden Dienstleistungsvergütungen ist dabei dreifach gedeckelt:

10 % der Bruttodienstleistungsvergütung (= maximal zulässige Quellensteuer gemäß DBA)
Nach österreichischem Recht ermittelte Steuern auf den Gewinn (Nettoeinkünfte) aus der Dienstleistung (= Anrechnungshöchstbetrag)
Österreichische Steuer auf den gesamten Gewinn des entsprechenden Veranlagungszeitraumes

Aufgrund dieser Deckelungen kann die indische Quellensteuer in Österreich vielfach nicht gänzlich verwertet werden. Die Bestimmungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung garantieren nicht, dass durch die Besteuerung im Ausland kein steuerlicher Nachteil entsteht. Zusätzlich ist anzumerken, dass abkommenswidrig erhobene Quellensteuern in Österreich keinesfalls verwertet werden können.

Tipps und Tricks

* Bei Dienstleistungen an indische Auftraggeber, sollten die steuerlichen Auswirkungen rechtzeitig vorab im Detail abgeklärt und notwendige Registrierungen vorgenommen werden.

* Genaues Monitoring ermöglicht eine ressourcensparende Abwicklung der indischen Compliance Tätigkeiten.

* Zusätzlich zur Quellensteuer fallen Zuschläge an, welche die innerstaatliche Gesamtbelastung in Indien aktuell auf bis zu 21,84% erhöhen.

* Kümmern Sie sich rechtzeitig um die Beantragung einer indischen Steuernummer (PAN) und kommunizieren Sie diese an den indischenAuftraggeber.

* Selbst bei einem abkommenskonformen indischen Quellensteuerabzug, kann die Quellensteuer in der Regel nicht voll in Österreich verwertet werden. Ein Vortrag von Quellensteuerüberhängen in Folgejahre ist nicht vorgesehen.

* Da die indische Quellensteuer zumindest teilweise einen Kostenfaktor darstellt, wird empfohlen, die indische Quellensteuer vertraglich auf den Kunden zu überwälzen (= Steuer muss vom Kunden getragen werden).

* Berücksichtigen Sie das steuerliche Risiko und die möglichen Verfahrenskosten bei der Angebotskalkulation, wenn eine Steuerüberwälzung nicht möglich ist.

* Die Begründung einer indischen Betriebsstätte ist mit weiteren Compliance Aufgaben verknüpft. In diesem Fall droht zudem in Indien eine Liefergewinnbesteuerung.