Unabhängig von der geschilderten grundsätzlichen Problematik von "Design-to-Cost"-Regelungen stellt sich im (formalisierten) Vergabeverfahren eine zusätzliche Frage. Dürfen "Design-to-Cost"-Aspekte überhaupt als qualitatives Zuschlagskriterium herangezogen werden?
Hintergrund dieser Frage ist, dass öffentliche Auftraggeber (und Sektorenauftraggeber) in der Art und Ausgestaltung der Zuschlagskriterien in Vergabeverfahren nicht völlig frei sind. Es sind vielmehr verschiedene Grundsätze zu beachten, die schon das Bundesvergabegesetz vorgibt. Dazu gehört etwa, dass Zuschlagskriterien grundsätzlich auftragsbezogen sein müssen (also zB das konkret eingesetzte Personal, ein Konzept für das konkrete Projekt und natürlich den Preis betreffen müssen). Eignungskriterien müssen dagegen unternehmensbezogen sein (und dürfen damit zB die Jahresumsätze, die Personalausstattung oder die Anzahl der Lehrlinge eines Unternehmens betreffen). Wir haben zu den Abgrenzungen und grundlegenden Anforderungen in diesem Zusammenhang an dieser Stelle bereits berichtet.
Daneben hat auch die Judikatur – auf nationaler wie auch europäischer Ebene – im Laufe der Zeit präzisiert, was Zuschlagskriterien "dürfen" und was nicht. Auf das Verhältnis von Preis- und Qualitätskriterien bezogen hat die Judikatur etwa klargestellt, dass Aspekte, die monetarisiert werden können, die also unmittelbar den vom Auftraggeber zu bezahlenden Preis betreffen, im Rahmen der Preisbewertung zu berücksichtigen sind (also auch monetarisiert werden müssen). Sie kommen demnach nicht als Qualitätskriterium in Frage. Damit wird auch verhindert, dass die gebotene Berücksichtigung von Qualitätskriterien, die gerade bei Bauausschreibungen lange Zeit eher steifmütterlich behandelt wurde, nicht dadurch unterlaufen wird, dass im Rahmen der Qualitätsbewertung erst recht wieder Preisaspekte bewertet werden.
Die Zulässigkeit einer Bewertung der Qualität (Glaubwürdigkeit, Nachvollziehbarkeit, Detaillierungsgrad etc) einer Kostenermittlung erscheint vor dem Hintergrund dieser Judikatur zumindest fraglich.
Eine "Design-to-Cost"-Qualitätsbewertung, die auf eine rein qualitative Bewertung von versprochenen (preislich ausgewiesenen) Einsparungspotenzialen bzw Kosteneinsparungen (also deren Höhe) hinausläuft, widerspricht dagegen uE klar dieser Judikatur (wonach alles objektiv zu bewerten ist, was objektiv bewertet werden kann bzw wonach alles was monetarisiert werden kann, auch im Rahmen der Preisbewertung zu berücksichtigen ist).
Die Zugehörigkeit von Einsparungspotenzialen zum Preis bzw der Preisbewertung (und nicht der Qualitätsbewertung) folgt auch aus folgender Überlegung:
Im Rahmen der Qualitätsbewertung bewertete Aspekte müssen vertraglich für verbindlich erklärt werden. Dies würde auch gelten, wenn ein Auftraggeber von Bietern vorgeschlagene Einsparungspotenziale bewertet. Andernfalls könnten Bieter "phantasievoll" große Einsparungspotenziale ausweisen, ohne diese tatsächlich verwirklichen zu müssen. Wenn aber die Einsparungspotenziale vertraglich verbindlich werden (allenfalls auch pönalisiert), handelt es sich letztlich wiederum um bloße Preiselemente.
Wie jedes unzulässige Zuschlagskriterium kann auch eine unzulässige qualitative Bewertung von Preisbestandteilen die gesamte Ausschreibung mit Rechtswidrigkeit belasten. Eine erfolgreiche Bekämpfung von Zuschlagskriterien in einer Ausschreibung ist nämlich in der Regel nicht sanierbar und führt somit ggf zur Nichtigerklärung der gesamten Ausschreibung. Eine Anfechtung einer solchen "Design-to-Cost"-Ausschreibung, die auf eine bloße qualitative Bewertung von Preisen bzw Preisbestandteilen hinausläuft, ist also uU durchaus aussichtsreich und mit Blick auf die problematische vertragliche Wirkung derartiger Systeme in manchen Fällen wohl auch strategisch sinnvoll. Wenn eine Ausschreibung erst bestandfest ist, also die Anfechtungsfrist abgelaufen, sind die Festlegungen in der Regel nämlich nicht mehr angreifbar.