Neue Arbeitsmodelle in der Bauwirtschaft : Praxisbeispiel 4-Tage-Woche: Erfahrungsbericht mit Umfrage

Monika Leithäusl

Monika Leithäusl ist eine der treibenden Kräfte hinter der Einführung der 4-Tage-Woche in ihrer Baufirma. Hier berichtet sie von ihren Erfahrungen.

- © Wirlphoto

Erst Vision und Skepsis

Im Herbst 2021 entstand, basierend auf größtenteils positiven Erfahrungswerten von anderen Ländern, in welchen die 4-T age-Woche bereits in einigen Branchen praktiziert wurde, die Idee, dieses Arbeitszeitmodell auch in unserem Unternehmen umzusetzen.

Unsere ursprüngliche Motivation für diese Idee war es, in erster Linie ein Mehr an geblockter Freizeit für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen – quasi die Work-Life-Balance unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verbessern.

>> HIER geht es zum ersten Bericht über die Einführung im März 2022

Als wir diese Idee Anfang Dezember 2021 unseren Führungskräften präsentierten, machte sich zuerst natürlich große Skepsis breit. „Geht in unserer Branche nicht...“ und „Wem ist denn das eingefallen...“ waren damals die ersten Reaktionen.

Starke Auswirkungen zeigten sich beim Thema Personalsuche mit deutlich mehr Bewerbungen und Einstellungen.

Tatendrang und Umsetzung

Aber bereits sehr rasch danach wich die Skepsis dem Tatendrang und es wurde an einer konkreten Umsetzungsmöglichkeit gearbeitet. Eigentümer, Geschäftsführung, Bereichsleiter, Betriebsräte und die Vertreter/innen der Gewerkschaft Bau-Holz haben gleichermaßen an einer notwendigen und fair gestalteten Betriebsvereinbarung mitgearbeitet, welche im ersten Schritt für einen Beobachtungszeitraum von einem Jahr vereinbart wurde.

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Ab 1.3.2022 wurde aus der anfänglich utopisch klingenden Vision Realität. Die 4-Tage-Woche wurde flächendeckend in allen Unternehmensbereichen umgesetzt.
Der Fokus war dabei immer auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerichtet und darum gab es 2022, zum Zwecke eines laufenden Erfahrungsaustausches, drei weitere Besprechungstermine mit Betriebsräten und der Gewerkschaft Bau-Holz, welche überwiegend positive Ergebnisse hervorbrachten.
Diese breite und positive Zustimmung wurde auch mittels zweier anonym durchgeführten betriebsinternen Umfragen (Durchführungszeitraum Mai und November 2022) von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestätigt.

Die 4-Tage-Woche hat auch einen Umwelt-Aspekt: die Anzahl der am Freitag gefahrenen Kilometer ging signifikant zurück.

Zwei interne Umfragen - die Ergebnisse

Zwei Monate nach Einführung der 4-Tage-Woche hat im März 2022 die erste Mitarbeiterumfrage stattgefunden. Insgesamt haben 218 der damals 422 beschäftigten Mitarbeitenden an der ersten anonymen Umfrage teilgenommen, was insgesamt 51,66% der gesamten Belegschaft ausmachte.
194 Personen (89%) nahmen die 4-Tage-Woche als positiv wahr und nur 24 Personen (11%) empfanden die Umstellung als negativ. Zudem zeichnete sich ab, dass nun 163 Personen (74,7%) „viel mehr“ bzw. „mehr“ Zeit für ihre Familien, Freunde und Hobbys haben.
Die Altersstruktur zeigte, dass 21,6% der an der Umfrage teilnehmenden Mitarbeitenden zwischen 19 – 29 Jahren, 39,9% zwischen 30 – 45 Jahren und 31,7% zwischen 46 – 60 Jahren alt waren. Es war somit eine positive Wahrnehmung über alle Altersgruppen hinweg erkennbar.
Ein Feld für offene Kommentare zeigte ebenfalls, dass mehr positive als negative Anmerkungen abgegeben wurden. Hier einige verfasste Kommentare:

  • „Finde die 4 Tage Woche besser als zuvor gedacht“ – Angestellte/r
  • „Geringere Fahrzeiten, mehr Kurzurlaube möglich“ – Angestellte/r
  • „Für mich als Pendler ist es nur von Vorteil.“ – Arbeiter/in
  • „Es ist einfach wunderbar mehr Zeit für die Familie zu haben und auch zur körperlichen
    Regeneration.“ – Arbeiter/in

© Leithäusl
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Im November 2022 wurde eine zweite Umfrage durchgeführt. Insgesamt haben 255 Mitarbeitende (60,57%) der damals 421 tätigen Personen an der zweiten Umfrage teilgenommen, was ein Plus von 8,91% im Vergleich zur ersten Umfrage ergab.

Davon gaben 206 Personen (80,8%) an, dass sie nicht mehr in eine traditionelle 5-Tage-Woche umsteigen wollen.
Ein großes Plus von 7,7% gegenüber der ersten Umfrage für „viel mehr“ bzw. „mehr“ Zeit für Familie, Freunde und Hobbys ergab sich nun für 82,4% der Mitarbeiter/innen.

Die Altersstruktur ergab im Vergleich zur ersten Erhebung ähnliche Zahlen. 18% waren zwischen 19 – 29 Jahre alt, 40,8% zwischen 30 – 45 Jahre und 34,5% der Mitarbeitenden waren zwischen 46 – 60 Jahren.

Auch in der zweiten Umfrage konnten Mitarbeitende ein offenes Feld nutzen, um Kommentare und Anmerkungen abzugeben. Auch hier wurden, wie auch in der ersten Umfrage, vorwiegend positive Kommentare abgegeben. Hier einige verfasste Kommentare:

  • „Eigentlich hätten wir schon vor Jahren auf diese Idee kommen können“ – Angestellte/r
  • „Bitte die 4-Tageswoche lassen“ – Angestellte/r
  • „Sollte so bleiben, weil man viel mehr Freizeit hat!!!“ – Arbeiter/in
  • „So weiter wir sind zufrieden“ – Arbeiter/in

© Leithäusl
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Resümee

Wir haben die 4-Tage-Woche eingeführt, um eine bessere Work-Life-Balance für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen. Auch wenn die kollektivvertragliche Normalarbeitszeit von 39h/Woche gleichbleibt, ist die Erholungsphase mit 3 Tagen am Stück länger.

Zwei von uns mit mehrmonatigem Abstand durchgeführte Umfragen zeigen klar, dass der Großteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viel mehr bzw. mehr Zeit für Familie, Freunde und Hobbys hat. Und über 80% der Belegschaft wollen nach 8 Monaten 4-Tage-Woche keine 5-Tage-Woche mehr. Aufgrund dieser positiven Entwicklung wird die 4-Tage-Woche nach einer einjährigen Testphase ab dem 01.03.2023 endgültig in das Unternehmen integriert und permanent eingeführt.